cover Foto: Alexander Schwarzl 10 Ærzte Steiermark || 05|202 „Digitalisierungsmotor“ Der Präsident des wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Akademie der Ärzte, Peter Niedermoser, zu den Veränderungen in der Fortbildung. Wie hat die Corona-Zeit die ärztliche Fortbildung verändert? Die Covid-19-Pandemie hat die ärztliche Bildungslandschaft massiv und nachhaltig verändert. Lockdowns haben Präsenzfortbildung anfangs unmöglich gemacht, aber es war gerade in dieser Zeit notwendig, neues Wissen über diese Krankheit und ihre Auswirkungen zu erlangen. Covid-19 wurde so quasi zu einem Digitalisierungsmotor in der Ärztefortbildung und bewirkte, dass sich die Aktivitäten hin zu OnlineFortbi ldungen verschoben. Obwohl Online-Fortbildung in Österreich schon davor eine lange Tradition hatte, kam durch die Pandemie eine vollkommen neue Dynamik in dieses Thema. Online ist offenbar wichtiger geworden. Welche Rolle spielen „echte“ Fortbildungsveranstaltungen im Jahr 2023 noch? Es stimmt, Online-Formate sind bedeutungsvoller als vor der Pandemie und sie werden einen hohen Stellenwert behalten. Dennoch liefert aktuell Präsenzfortbildung wieder den größten Anteil an gesammelten Punkten und ich sehe nicht, dass sich das ändern wird: Ärztinnen und Ärzte schätzen den persönlichen Austausch mit Expertinnen und Experten, Kolleginnen und Kollegen und anderen Gesundheitsberufen und bei vielen Themen bietet aktive Teilnahme auch einen Qualitätsvorteil. Daher wird Präsenz aus meiner Sicht immer hohe Bedeutung haben! Aber die Zahlen zur Online-Fortbildung sind in den letzten Jahren sehr eindrucksvoll: Gab es vor der Pandemie rund 100 Webinare in Österreich pro Jahr, sind wir mittlerweile bei konstant über 4.000 Webinaren, die in Österreich jährlich DFPapprobiert stattfinden. Alle reden derzeit von künstlicher Intelligenz. Hat die auch Einfluss auf die ärztliche Fortbildung? KI-gestützte Systeme werden in der Medizin eingesetzt und das wirkt sich auf den Bi ldungsbereich aus: In Deutschland gibt es z. B. Möglichkeiten bei der Vorbereitung zur Arztprüfung von KI unterstützt zu werden. Aber auch wir haben ein erstes Projekt in diese Richtung: Die Akademie der Ärzte setzt derzeit in einem Pilotprojekt die Ausbildungsinhalte HNO und Dermatologie für Allgemeinmediziner so um, dass man durch eine gezielte KIUnterstützung schnellere Lernerfolge erzielen kann. Ein weiteres Projekt zum Thema Klima und Medizin ist hier in Vorbereitung. Ich sehe das ähnlich wie bei den OnlineFormaten, aber es wird hier sicherlich noch dauern. KIunterstützte Fortbildung wird eine sinnvolle Ergänzung im breiten Spektrum der Fortbildungslandschaft werden und darauf sind wir vorbereitet. Die Anforderungen an das ärztliche Wissen steigen ständig. Wird sich die berühmte Halbwertszeit ärztlichen Wissens weiter verkürzen? Diese Zeitspanne ist in der Medizin im Vergleich zu anderen Bereichen sicherlich wesentlich dynamischer. Wichtig ist, dass die gesetzlichen Vorgaben zur kontinuierlichen Fortbildung eine gute Basis für den notwendigen Wissenserwerb darstellen und ich weiß aufgrund unserer Daten, dass Ärztinnen und Ärzte diese Anforderungen sehr ernst nehmen und ihr Wissen am Puls der Zeit halten. Es gibt zwei Phänomene: Spezialwissen wird immer notwendiger. Gleichzeitig gibt es den zunehmenden Wunsch nach der Gesamtsicht auf den Menschen. Was kann Fortbildung dazu beitragen, die beiden Phänomene unter einen Hut zu bringen? In Fortbildung sind beide Themen abgebildet – sowohl hochspezialisierte Fachfortbildung als auch die breite Gesamtsicht, die Sie ansprechen. Mir ist wichtig, dass wir es den einzelnen Ärztinnen und Ärzte überlassen, hier entsprechend ihrer individuellen Fortbildungsbedürfnisse die Schwerpunkte selbst zu wählen. Daher bieten die recht lichen Rahmenbedingungen, das Diplom-Fortbildungs-Programm der Österreichischen Ärztekammer, genau diese Möglichkeit sich eigenverantwort l ich jenen Kompetenzen zu widmen, die das eigene Fach oder spezielle Themen der Tätigkeit erfordern. Ärztinnen und Ärzte bilden sich besonders intensiv fort – mehr als andere Berufsgruppen. Gibt es dafür genug Wertschätzung? In erster Linie ist es unser Selbstverständnis für die Patientinnen und Patienten gut fortgebildet zu sein, da spielt die Wertschätzung von außen keine große Rolle. Es stimmt aber, dass wir hier aus meiner Sicht einen außerordentlich Peter Niedermoser, Präsident des wissenschaftlichen Beirats der Österreichischen Akademie der Ärzte und der Oberösterreichischen Ärztekammer „Ein Fortbildungsdiplom für Gesundheitsökonomen, Gesundheitsmanager und auch Vorstände der ÖGK et al. würde keine schlechte Idee sein, wobei ich das nicht negativ meine.“
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