Ärztin im besonderen dienst Foto: beigestellt Seriöses Wissen sammeln Der wilde Garten hat in ihrem Leben den Wunsch keimen lassen, eine seriöse Ausbildung in Kräuterkunde zu absolvieren. Auch hier war der Zufall ein verlässlicher Wegweiser: Bei ihrer Internetrecherche stieß sie auf den Volkshei lkundlichen Kräuterkurs nach Ignaz Schlifni des Vereins „Freunde naturgemäßer Lebensweise“. Der Kurs fand mittwochs statt, bis zur Ordinationseröffnung Rabensteins freier Tag. Die Ausbildung zur FNL-Kräuterexper t in umfasst mindestens 200 Unterrichtseinheiten und rund 300 Heimstunden und nach deren Absolvierung kann man eine Prüfung ablegen. Sandra Rabenstein möchte im August antreten. Von botanischen Grundkenntnissen über die Bestimmung und Hei lwirkung von mindestens 400 Kräutern muss sie dazu auch über das Wissen verfügen, wie man die Kräuter korrekt sammelt, trocknet oder zu Seife, Salben und Tinkturen verarbeitet. Vom Frühling bis in den Herbst findet der Kurs im Freien statt, im Winter schon auch einmal in einer Schulküche – um die Kräuter zu verwerten. Besonders gerne bereitet Rabenstein verschiedene Oxymele zu, also Varianten des tradit ionel len, wieder in Mode gekommenen Sauerhonigs. Da hat es sich gut gefügt, dass ihr Vater sich in der Pension den Traum der Naturbelassene Oase pflegen Der Wunsch nach einem großen Garten schlummerte über die Jahre hinweg tief in ihr. „Ich bin schon als Kind lieber auf Bäume geklettert als mit Puppen zu spielen.“ Vor fünf Jahren nahm ihr Leben eine unerwartete Wende, als mit ihrem Partner auch ein weitläufiger naturbelassener Garten, eine Oase in Semriach, in ihr Leben einzog. Nicht nur Sandra Rabenstein darf sich dort ungehindert entfalten, auch die wilden Blumen und Kräuter, die neben den Gemüsebeeten wachsen, dürfen hier ungemäht groß werden. Neben der favorisierten Schafgarbe gedeihen auch andere typische „Frauenkräuter“ – ohne dass der Garten gewusst hat, dass er einmal in die Hände einer Frauenheilkundlerin fallen würde: Rotklee, Frauenmantel, Taubnessel, Gänsefingerkraut und Stinkender Storchschnabel. Kräuter, die nicht von selbst aufgehen, setzt Rabenstein einfach dazu. Natürlich unter Berücksichtigung ihrer bevorzugten Lebensbedingungen: den Frauenmantel an das feuchte Ufer des Biotops, das Hirtentäschel an trockenere Stellen. „In der Gynäkologie gibt es viele Einsatzgebiete für heilende Kräuter, die noch vor einer klassischen ärztlichen Intervention eingesetzt werden können“, erklärt Rabenstein. „Mir war es aber auch immer wichtig, über eine fundierte schulmedizinische Ausbildung zu verfügen.“ eigenen Bio-Imkerei erfüllt hat. Neben demHonig für das Oxymel bezieht die Tochter auch das Wachs für Cremes gleich von der Familie. In der Familie und im Freundeskreis bleiben auch ihre Produkte, an eine wirtschaftliche Verwertung denkt sie nicht. Lebensfreude als Tee trinken Woraus würde Sandra Rabenstein einen Tee für mehr Lebensfreude zubereiten? „Auf jeden Fall gehört Ringelblume dazu, weil sie die Sonne speichert. Entspannender Hopfen, stärkende Brennnessel, Rosenblüten – und Minze für den Geschmack.“ Sie selbst kultiviert die mildere Apfelminze; manchmal baut sie auch einfach an, was ihr beim Pflanzentausch mit Gleichgesinnten in die Hände fällt, wie ein Stück Beinwell-Wurzel. Trotz der gemeinsamen Naturverbundenheit sind die angehenden Kräuterexpert:innen sehr verschieden: Rabensteins Kurs leitet ein IT-Experte („Sehr strukturiert!“), die Tei lnehmenden sind Student:innen ebenso wie Pensionist:innen und Berufstätige aller Branchen. „Für uns alle ist der Aufenthalt im Wald eine Wohltat“, so Rabenstein. Neben Wi ldkräutern sind nämlich auch die heimischen Baumarten Teil des Curriculums. „Mir war zuvor nicht bewusst, dass man beispielsweise die jungen Blätter der Linde roh essen kann oder die Spitzen der Hopfenranke gleich wie Spargel zubereiten …“ Ærzte Steiermark || 05|2023 15 Kräuter, die nicht im eigenen Garten gedeihen, sammelt Sandra Rabenstein an den verschiedensten Orten, wo sie auf Ausflügen gerade hinkommt. „Um eine Vielfalt an Nährstoffen aufzunehmen, sollte man nicht nur die Erzeugnisse aus einem einzigen Garten essen. Andere Böden enthalten wieder andere Mineralien – und es lohnt sich auch, in verschiedenen Seehöhen zu ernten.“ Wie gut, dass zu ihrer Kräuter-Ausbildung auch eine zweitägige Exkursion auf die Tauplitz gehört hat. Kopf und Bauch ausbalancieren Und während die Saison für Rabensteins zweitliebste Heilpflanze, den Holler, gerade beginnt, blickt sie bereits auf einen produktiven Frühling zurück: Selbst zubereitetes Schafgarben-Oxymel, Beinwel l-Salbe, WeidenrindenTinktur und Vogelmierensalbe stehen schon fertig in der Hausapotheke. Während im Glas der Hollerblütenessig reift, reift auch ein großer Plan in Sandra Rabenstein: „Ich würde gerne irgendwann einmal aus der alten Tischlerei, die im Garten in Semriach steht, einen Kunst- und Kulturhof machen, wo zwischen den Kräutern und Kunstobjekten aus Ton eine Band spielt oder eine Lesung stattfindet. Für mich wäre das als Ergänzung zu meiner Arbeit die optimale Balance zwischen Kopf und Bauch.“ Wie gesagt: Nichts fürchtet sie mehr als den Stillstand.
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