Ærzte Steiermark || 06|2023 19 Fotos: beigestellt Ausstellung „Meine Grundhypothese ist, dass die spezifische Abstraktion, die dem Stricken als Darstellungsform innewohnt, den Ekelreflex verhindert, der normalerweise bei anderen Darstellungsformen auftritt“, erklärt Katharina Sabernig ihren Zugang zur Gestrickten Anatomie. „In gestrickter Form dargestellt, erscheint die Anatomie harmlos, vertraut und nicht bedrohlich.“ Zudem ermöglicht sie auf ethisch unbedenkliche Weise, also ohne Einsatz von „Humanmaterial“, zu zeigen, was sich im Körperinneren abspielt – und wo möglicherweise eine OP ansetzt. Sabernigs Eigenanspruch besteht darin, mit Nadel und Wolle nicht nur korrekte anatomische Darstellungen zu liefern, sondern dies auch so Den viszeralen Ekel umgarnt Während realistische Darstellungen aus dem Körperinneren oft spontan einen „viszeralen Ekel“ auslösen, ist das bei Katharina Sabernigs ebenso detailgetreuen gestrickten Objekten nicht der Fall. Ausgestellt wurden sie anlässlich der Eröffnung des neuen MUG-Campus. detailgetreu, dass medizinische Expert:innen die eingestrickten Feinheiten auch sofort wahrnehmen. Gestrickter Krankheitsverlauf Im Jahr 2015 hat die Ärztin und Anthropologin – Sabernig ist unter anderem Präsidentin der Österreichischen Ethnomedizinischen Gesel lschaft – begonnen, die Topographie der inneren Organe mit Wolle und Nadeln umzusetzen. Seitdem strickt und häkelt sie Anatomie, aber auch Pathologie, wie beispielsweise verschiedene Tumorstadien, die sich mit der Zeit durch mehrere Gewebestrukturen hindurch ausbreiten. Bereits zuvor hatte sie sich mit bildlichen anatomischen Darstellungen, zunächst in der tibetischen Medizin und anschließend in der europäischen, auseinandergesetzt. Einen besonderen Input gab ihr die COVID-Pandemie: In ihrer Objektgalerie befinden sich nicht nur Darstellungen befallener Organsysteme sowohl im respiratorischen als auch im gastrointestinalen Bereich, sondern auch eine gestrickte Version der Spikeprotein-RNA von SARSCoV-2 (mit Delta-Mutationen in Pink und den ersten bekannten Omikron-Mutat ionen in Blau) oder die Darstellung eines Zytokinsturms. In Wien und im Web Wer die Ausstel lung am MUG-Campus (und im Jahr zuvor im studio der Neuen Galerie Graz des Universalmuseums Joanneum) versäumt hat, in deren Rahmen auch der Film „Immunologische Verstrickungen“ lief, Sabernigs gestrickte Anatomie jedoch kennenlernen möchte, kann einerseits vom 14. Juni bis 14. Juli „Threads of Life: Textiles in Medicine and the Arts“ im Angewandte Interdisciplinary Lab in Wien besuchen – oder online auf die meisten Exponate zugreifen unter www.knittedanatomy.at. Die Ausstellung ist Teil eines vom Österreichischen Wissenschaftsfonds geförderten Projektes (AR 705-G), das an der Universität für angewandte Kunst Wien realisiert wird. Entwicklung von Myomen
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