AERZTE Steiermark | Juni 2023

Studie 30 Ærzte Steiermark || 06|2023 Migration und Gesundheit – eine komplexe Beziehung Migrationserfahrung und Gesundheit sind eng verknüpft, das Muster ist allerdings multidimensional. Im Journal of Health Monitoring gibt ein Autorenkollektiv Einblick in die Bemühungen um diskriminierungsfreie Erfassung von Gesundheitsdaten von Menschen mit Migrationsgeschichte. Superspreader-Ereignisse, bei denen einzelne Personen das SARS-CoV-2-Virus an eine Vielzahl von Menschen abgegeben haben, wurden penibel analysiert. Häufig traten diese Ereignisse in Flüchtl i n g s u n - terkünften auf, aber auch bei Leiharbeitern in der deutschen F lei sch i ndustrie. In vielen Biographien der Inf izierten waren Migrationserfahrungen zu finden – aber (worin) bestand ein kausaler Zusammenhang? Spielte die Herkunft überhaupt eine Rolle oder vorwiegend der niedrige soziale Status im Zielland? Selbst unterschiedliche Impfquoten je nach Herkunftsland (der Vorfahren) können ebenso kulturelle Ursachen haben wie soziale, aber auch am mangelnden Zugang zu seriösen Gesundheitsinformationen in der Erstsprache liegen. Public-Health-Forschung, die sich migrat ionsbezogenen Fragestellungen widmet, steht vor der Herausforderung, Daten über Migrationsgeschichten so zu erheben, dass sie valide Auskünfte geben, ohne zu diskriminieren. Im Journal of Health Monitoring des deutschen Robert Koch-Institutes gab ein Autorenteam um Katja Kajikhina Einblick in die Bemühungen um eine ethisch wie wissenschaftlich einwandfreie Datenerfassung und -darstellung. Mindest- und Zusatzindikatoren Kajikhina et al. empfehlen, neben Indikatoren der Herkunft wie Aufenthaltsstatus, Migrations- oder Fluchtgeschichte auch Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen sowie die soziale Lage (Einkommens- und Wohnsituation) zu erfassen. Als zu dokument ierende Mindest indi katoren nennen sie Geburtsland, Gebur t s länder der Eltern, Staatsangehörigkeit(en), Jahr der Einreise, Aufenthaltsstatus und Kenntnisse der deutschen Sprache. Zudem von Interesse seien Migrationsmotive, selbstberichtete Diskriminierung, erlebte soziale Unterstützung und das subjektive Zugehörigkeitsgefühl zur Gesellschaft im Zielland. Dazu raten sie, die sozioökonomische Position, den subjektiven Sozialstatus einschließlich der sozialen Mobilität (zwischen Herkunfts- und Aufenthaltsland), die Arbeitsbedingungen und die Wohnsituation zu erheben. Denn gesundheit l iche Risiken und Ungleichheit beim Zugang zur Gesundheitsversorgung ließen sich nicht allein mit der Tatsache der Migration erklären. Basis für Handlungsempfehlungen Das Ziel der Publikation, die Teil des Projektes IMIRA II (Einbeziehung von Menschen mit Migrationshintergrund in das RKI-Gesundheitsmonitoring) ist, besteht darin, „Möglichkeiten und Notwendigkeiten einer reflektierten, verantwortungsvol len und diskriminierungssensiblen Forschung auszuloten“ und „eine Grundlage für die zielgerichtete Ableitung von Handlungsempfehlungen für eine diversit ä t s g e - r e c h t e G e - s u n d - h e i t s - ve r s org u n g u n d -politik“ zu bieten. Link zur Publikation: https://edoc.rki.de/ handle/176904/10853 Fotos: Adobe Stock

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