Bereich legt ohne Einwilligung Details über den Gesundheitszustand eines Patienten offen, kann der Tatbestand der Verletzung des Berufsgeheimnisses gemäß § 121 Strafgesetzbuch (StGB) erfüllt sein. Behandlungs- und Aufklärungsfehler Auch Behandlungs- und Aufklärungsfehler sind in praxi haftungsträchtige Bereiche: Wurde der Patient im Zuge einer ärztlichen Behandlung nicht ausreichend aufgeklärt, fehlt eine Einwilligung in die Behandlung oder unterläuft dem behandelnden Arzt ein Behandlungsfehler, ist neben der zivilrechtlichen auch eine strafrechtliche Haftung denkbar. Einschlägige Tatbestände nach dem Strafgesetzbuch sind neben einer (qualif izierten) fahrlässigen Körperverletzung beispielsweise auch die eigenmächtige Heilbehandlung gemäß § 110 StGB, welche ein Strafmaß von bis zu 6 Monaten vorsieht. Bei § 110 StGB handelt es sich um ein Privatanklagedelikt, das nur verfolgt wird, wenn der Patient es von sich aus zur Anzeige bringt, was in Praxis durchaus regelmäßig vorkommt. § 121 StGB war bis 31.8.2023 noch ein Privatanklagedelikt, wird aber aufgrund einer Gesetzänderung mit 1.9.2023 zu einem Ermächtigungsdelikt, daher kann die Strafverfolgung künftig bereits direkt durch die Staatsanwaltschaft mit der Ermächtigung des Verletzten erfolgen. Der Tatbestand des § 110 StGB ist auch dann erfüllt, wenn die Behandlung lege artis durchgeführt wird. Relevant ist hierbei die fehlende Einwilligung, außer es handelt sich bspw. um Gefahr in Verzug und der Patient ist nicht ansprechbar. Ermittlungsverfahren als Chance Sollte es zu einer Anzeige gegen den betroffenen Arzt und somit zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kommen, ist es ratsam, die Beiziehung einer rechtskundigen Person in Anspruch zu nehmen. Da das Ermittlungsverfahren jene Phase ist, in der die Polizei unter Anleitung der Staatsanwaltschaft relevante Informationen zusammenträgt und Entscheidungen trifft, die Auswirkungen auf den Ausgang des Verfahrens haben können, ist es sinnvoll, bereits in dieser Phase anwaltlichen Rat oder eine rechtliche Hilfestellung bei der Ärztekammer einzuholen. Am Ende des Ermittlungsverfahrens entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob die gesammelten Beweise für eine Anklage ausreichen und es in weiterer Folge zu einer Hauptverhandlung vor dem Strafgericht kommt, oder ob ein Rücktritt von der Verfolgung respektive die Einstellung des Verfahrens erfolgt. Die Einhaltung der Dokumentationspflicht nach § 51 Ärztegesetz und die Zurverfügungstellung der relevanten Unterlagen (...) sind für die Aufarbeitung des Sachverhalts das Um und Auf. Theresia Leitinger „Wo ist bloß die Schnittstelle zwischen Strafrecht und Medizin, wenn ich doch beruflich eigentlich alles richtig mache?“, wird sich wohl so manche:r denken. Und dennoch, oft geht es schneller, als man denkt, und man erhält einen Brief eines Anwalts, der Polizei oder des Gerichts. Heutzutage hat fast jede:r eine Rechtsschutzversicherung und es wird viel mehr hinterfragt, als dies früher der Fall war. Nicht nur im Bereich Gewährleistung bei Gebrauchsgegenständen ist die Produktrücksendementalität allgegenwärtig. Auch im Bereich von Dienstleistungen und Behandlungen wird heutzutage deutlich mehr hinterfragt, gefordert und geklagt als früher. Es gibt spezialisierte Anwälte für vermeintliche Behandlungsfehler und auch Patientenanwaltschaften kümmern sich um mögliche Ansprüche und Beschwerden. Es langen aktuell rund 10 Patientenbeschwerden pro Woche in der Ärztekammer zu verschiedensten Themen ein. Das Verständnis für angemessene Wartezeiten sinkt. Das Vertrauen in ärztlicherseits verordnete sinnvolle Therapievorschläge kommt zunehmend abhanden. Die Einsicht, dass nur kurze ärztliche Behandlungseinheiten möglich sind, fehlt immer öfter. Daher ist es für alle Ärzte wichtig, bei rechtlichen Themen vorbereitet und sensibel zu sein. Ein Patient wird lauter im Wartezimmer? Ein Patient verlässt das Wartezimmer verärgert, weil er nicht gleich drankommt? Die Ordinationsangestellten sollten geschult sein und einen Aktenvermerk machen! Die Polizei kommt in die Ordination und ersucht um Herausgabe einer Patientenakte? Eine Abklärung über den eigenen Anwalt oder die ÄK sollte Standard sein! Es tritt eine Komplikation bei einer Behandlung auf? Eine besonders gute Dokumentation sollte erstellt werden. Gesetzesänderungen wie die nunmehrige Strafverschärfung zum Straftatbestand „Verletzung von Berufsgeheimnissen“ offenbart ein nicht unbedingt hohes Vertrauen des Gesetzgebers in die von Berufsgeheimnissen umfassten Berufsstände. Eine derartige Strafverschärfung haben sich diese Berufsstände meiner Meinung nach nicht verdient, zumal die dafür vom Gesetzgeber genannten Gründe wenig plausibel sind. Lassen Sie sich bei rechtlichen Themen jedenfalls nicht drängen und zu vorschnellen Handlungen verleiten. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für den Sachverhalt. Wählen Sie am besten im Voraus einen Anwalt Ihres Vertrauens. Und nehmen Sie bitte unser Beratungsangebot in der Ärztekammer an, wählen Sie 0316-8044-0 und lassen Sie sich beraten. Stefan Kaltenbeck Dr. Stefan Kaltenbeck, Bakk., ist stellvertretender Kammeramtsdirektor der Ärztekammer für Steiermark. Stefan Kaltenbeck Schneller beim Strafrecht als man denkt RECHT Fotos: Larentzakis, Furgler Ærzte Steiermark || 07_08|2023 25
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