52 Ærzte Steiermark || 07_08|2023 niedergelassene Ärztinnen und ärzte Masern sind sehr ansteckend. Auch für Healthcareworker. Ohne Impfung erkranken 95 von 100 Menschen. Bei 10 von 100 MasernFällen ist mit schweren Folgeerkrankungen zu rechnen. Die Masern-Impfung schützt. Verlässlich. Bitte denken Sie an Ihren Impfschutz – und an den Ihrer MitarbeiterInnen! Gratis für Menschen jeden Alters! Fotolia Der ganz normale Praxiswahnsinn praktisch täglich Von Ulrike Stelzl Das gehört doch mal angeschaut! Vor mir sitzt eine junge Dame zur Gesundenuntersuchung. Einmal im Jahr machen wir diesen Check, reden über gesundheitliche Probleme, überprüfen den Impfpass und schreiben gegebenenfalls Überweisungen zu weiteren Abklärungen. Einmal im Jahr bekomme ich von der Kasse bezahlt, dass ich mir Zeit für die Patienten nehme. Und was ich besonders daran schätze, ist, dass ich dabei gesundheitliche Probleme im Anfangsstadium oder sogar noch bevor wirkliche Probleme entstehen, entdecken kann. Mithelfen darf, dass die Leute erst gar nicht krank werden oder zumindest Langzeitfolgen verhindern oder hinauszögern kann. Jedenfalls zurück zu der jungen Frau, die mir gegenüber sitzt. Sie ist zart gebaut und schlank. Ihren Rücken trägt sie mittlerweile als Buckel wie die Hexe Kniesebein. Kompensatorisch dafür muss sie das Kinn nach vorne oben strecken und einen maximalen Knick in der unteren Halswirbelsäule ausführen. Rückenmuskeln sehe ich auf die Schnelle mal keine. Irgendwas muss zwischen den Knochen und der zarten Haut zwar liegen, aber viel kann es nicht sein. Die Schulterblätter liegen auch nicht am Thorax an. Ich sage dazu dann immer etwas plakativ und wenig charmant „Hühnerflügerl“. Meinen Notizen der vergangenen Jahre entnehme ich, dass mir dieses Problem auch schon früher nicht entgangen war. Ich hatte schon mehrmals Physiotherapie, medizinische Trainingstherapie, Fitnessstudio etc. vorgeschlagen. Ich habe sie auch sicherheitshalber zu einem Röntgen der gesamten Wirbelsäule geschickt. Nur für den Fall, dass sie wirklich irgendwelche Keilwirbel hätte. Also beginne ich von Neuem mit Eindringlichkeit, sie auf die Notwendigkeit etwas zu unternehmen hinzuweisen. Die Gute ist nicht mal dreißig. Wenn das so weitergeht, kann sie in zehn Jahren nicht mehr aufrecht stehen. Ja, es sei ihr auch schon aufgefallen, dass ihre Haltung schlecht sei. Außerdem bekäme sie in der letzten Zeit immer mehr Verspannungen und Nackenschmerzen. Und dann kommt: „Ich glaube, das gehört einmal angeschaut.“ Jetzt ist es mir zu viel: „Ich schaue Sie gerade an, ich habe Sie schon x Mal angeschaut. Wie oft soll ich Sie denn noch anschauen? Und glauben Sie, dass wenn ein Orthopäde oder wer auch immer Sie noch anschaut, davon irgendetwas besser wird? Es ist genug geschaut! Wir müssen endlich was tun!“ „Genauer gesagt: Sie müssen endlich was tun!“ Sie verlässt die Ordi mit einer Überweisung zu einem Freund, der Sportphysiotherapeut ist, und mit einem Gutschein für medizinische Trainingstherapie. Im Hinausgehen murmelt sie: „Vielleicht sollte man das aber doch einmal anschauen?“ Dr. Ulrike Stelzl ist niedergelassene Ärztin für Allgemeinmedizin. Mehr von ihr gibt es im Buch „Hallo Doc! 2 Der ganz normale Praxiswahnsinn“ (erhältlich bei Amazon) Foto: Furgler
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