Ærzte Steiermark || 10|2023 37 Patient mit Schädelverletzung heimgeschickt Der aktuelle Fall des Monats ereignete sich nachts an einem Wochentag in der Notaufnahme einer Unfallchirurgie. Betroffen war ein Patient zwischen 71 und 80 Jahren, der einen schweren Schaden erlitt. Der Vorfall wurde von einem/r Ärzt:in mit mehr als fünf Jahren Berufserfahrung gemeldet. In der Nacht wurde ein stark alkoholisierter Patient mit rezenter Rissquetschwunde auf einer chirurgischen Notfallambulanz erstversorgt. Es wurde ein Schädelröntgen durchgeführt, die Wunde versorgt und der Patient anschießend zurücktransportiert. 24 Stunden später wurde er mit multiplen subduralen und intrazerebralen Blutungen an einer Neurologie wieder aufgenommen. Aufgrund seines alkoholisierten Zustands war zum Zeitpunkt des Erstkontakts keine vollständige Anamnese möglich, auch keine neurologische Untersuchung. Da der Patient zu seiner Lebensgefährtin rücktransportiert wurde, fiel dieser am Folgetag die Wesensveränderung beim Betroffenen auf, woraufhin sie einen erneuten Transport ins Spital veranlasste. Eigener Ratschlag: Der/die meldende Ärzt:in betont, der Patient hätte unbedingt einem CCT zugeführt und stationär aufgenommen werden müssen, weil aufgrund des Alkoholkonsums keine neurologische Untersuchung möglich gewesen sei. Er/sie erklärt sich den sofortigen Rücktransport mit der Alkoholisierung und mit dem unhygienischen Zustand des stuhl- und urinverschmutzten Patienten; deshalb sei dem Patienten nicht die notwendige Versorgung geboten worden. Die CIRSmedical-Expert:innen dazu: Neurologisch auffällige Patient:innen mit Schädelverletzung (oder stark alkoholisierte) seien obligat einer weiteren Abklärung zuzuführen, betont der/die Expert:in der Gesundheit Burgenland aus dem Bereich der Unfallchirurgie. Ein Schädel-CT sei der „Minimalanspruch“, die Entscheidung über die stationäre Aufnahme falle danach. Sei eine Abklärung technisch nicht möglich, müsse der/ die Patient:in aufgenommen oder zumindest observiert werden. In Notfallambulanzen brauche es „Gate Keeper“. Der/die Expert:in der GÖG fordert ebenfalls eine engmaschige Überwachung von Patient:innen mit getrübtem Bewusstsein und Schädelverletzung. Das Krankenhaus habe dazu eine Richtlinie herauszugeben. Der Fall müsse im betroffenen Spital umfassend analysiert werden, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden. CIRSmedical.at fall des monats service Der Tipp von den Expertinnen Mögliche Tätigkeiten von Wohnsitzärzt:innen Wohnsitzärzt:innen sind Ärzt:innen gemäß § 47 Ärztegesetz, die weder eine Ordinationsstätte betreiben noch angestellt (sohin ohne Dienstort) sind. Bei diesen Ärzt:innen wird als Anknüpfungspunkt für die Kammerzugehörigkeit der Wohnsitz herangezogen. Die Tätigkeiten umfassen unter anderem die Erstellung von Aktengutachten, Praxisvertretungen, Tätigkeiten als Konsiliarärztin/-arzt, arbeitsmedizinische und schulärztliche Tätigkeiten ohne Anstellungsverhältnis, Not- und Bereitschaftsdienste etc. Wohnsitzärzt:innen dürfen keine diagnostischen oder therapeutischen Tätigkeiten ausüben, für die sie nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft eine Ordinationsstätte benötigen. Sobald die Tätigkeit eine Untersuchung der Patientinnen und Patienten erfordert (z. B. Vor- und Nachuntersuchung durch Konsiliar:ärztinnen), ist eine Ordinationsstätte notwendig und damit keine Tätigkeit als Wohnsitzärztin/ -arzt mehr möglich. Von Univ.-Prof. DDr. Christian Kopetzki (vgl. Kopetzki, Dürfen Wohnsitzärzte Rezepte ausstellen? RdM 2023/27, 121) wurde ausgeführt, dass die Ausstellung von Rezepten prinzipiell auch für Wohnsitzärzt:innen möglich ist, da das Rezeptpflichtgesetz keine Einschränkung auf bestimmte Ärzt:innen vornimmt. Auch das Berufsrecht verbietet Wohnsitzärzt:innen die Ausstellung von Rezepten nicht – die „Verordnung von Heilmitteln“ steht als Element der Berufsberechtigung innerhalb der Fachgrenzen allen Ärzt:innen offen. Da es Wohnsitzärzt:innen nicht gestattet ist, diagnostische oder therapeutische Tätigkeiten auszuüben, für die sie nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft eine Ordinationsstätte benötigen, wird deren Anwendungsbereich i.Z.m. der Ausstellung von Rezepten natürlich eingeschränkt sein. Der Berufssitz, welcher auf einem Rezept von der Ärztin bzw. dem Arzt, anzuführen ist, ist in diesem Fall der Wohnsitz. Für Fragen zu diesem Thema steht Ihnen die Rechtsabteilung der ÄK Steiermark gerne unter 0316-804431 und -45 zur Verfügung. Dr. Angelika Falb, LL.M., Mag. Isabell Polanec Rechtsabteilung der Ärztekammer für Steiermark Fotos: Schiffer A. Falb I. Polanec
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