niedergelassene Ärztinnen und ärzte Ærzte Steiermark || 10|2023 45 Der ganz normale Praxiswahnsinn praktisch täglich Von Ulrike Stelzl Sankt Bürokratius: der Schutzheilige der Hausärzte Mir ist kürzlich ein Fehler unterlaufen. Ich habe ein Ansuchen um Verlängerung der Physiotherapie an die BVA gefaxt. Nur Minuten später kam ein Antwortfax, in dem ich heftig ermahnt wurde, dies zu unterlassen. Zumal man mir schon einmal mitgeteilt hätte, dass Verlängerungen frei seien. Das Ganze kam auch noch per Mail. Ich nutzte die Gelegenheit, um mich zu vergewissern, dass ich auch unendlich viele Serien aufschreiben könnte. Also merken: ÖGK und BVA: Physio, CT, MR – fast alles frei. SVS fast alles und KFA alles bewilligungspflichtig. Und wehe, ich vergesse einen Blick auf die Versicherung des Patienten zu werfen. Denn dann kann es passieren, dass ich einen schlecht kontrollierten Diabetiker mit Hypertonie und hohem Cholesterin, der über zunehmende Atemnot und nächtliche Stenocardien klagt, zum Coronar-CT schicke. Ein Versuch der Nachbewilligung prallt an der SVS ab: Ich würde sicher verstehen, dass die SVS nur notwendige und indizierte Untersuchungen genehmigen würde. Was die KFA angeht, so kann ich mir als Allgemeinmedizinerin die Bewilligungsanfrage gleich sparen: Selbst ein Knie-MR zur Vorlage beim Orthopäden oder ein Schädel-MR zur Vorlage beim Neurologen wird mir verwehrt. Da muss der Patient zuerst einen Termin beim Facharzt haben, der dann mault, dass der Hausarzt eine Pflaume ist und keine Vorbefunde erhoben hat, und dann noch mal drei Monate warten aufs MR – und dann wieder auf den 2. Facharzt-Termin. Ich versuche, mich einfach nicht mehr darüber zu ärgern. Weder über die Verlängerung der Leidenswege für die Patienten, noch über die Geringschätzung der Versicherungsbürokraten gegenüber meinem Kompetenzen und Fähigkeiten. Melanome und Naevi werden auf der Derma entfernt. Die Befundbesprechung erfolgt allerdings dann beim Hausarzt. Dieser aber muss die Histologie schriftlich per Fax anfordern. Kann die nicht einfach so mit dem Rest vom Arztbrief mitkommen? Wir haben uns um tausende Euro die Infrastruktur anschaffen müssen, um Bewilligungen, Krankmeldungen und Rezepte einfach zu erledigen, ohne dass die Patienten einen Finger rühren müssen. Das ist durchaus ok. Es verbessert die Behandlungsqualität und spart Zeit. Aber dass wir jeden Tag neue Faxnummern notieren müssen, neue Zettel ausfüllen, neue Anträge stellen, Terminvereinbarungen für die Patienten übernehmen, ja sogar Honorarnoten für Privatleistungen der Kliniken eintreiben, geht doch mehrere Schritte zu weit. Lasst uns endlich raus aus dem Büro, damit wir uns in der Ordination wieder unserer Arbeit widmen können! Als Ärztinnen und Ärzte. Der medizinischen Versorgung unserer Patienten! Dr. Ulrike Stelzl ist niedergelassene Ärztin für Allgemeinmedizin. Mehr von ihr gibt es im Buch „Hallo Doc! 2 Der ganz normale Praxiswahnsinn“ (erhältlich bei Amazon) Fotos: Stelzl, Schiffer » Therapie Aktiv – Diabetes im Griff: Strukturierte Langzeitbetreuung mit System! « Betreuungsprogramm für Personen mit Diabetes mellitus Typ 2 Nähere Infos erhalten Sie unter +43 5 0766-151390 oder online unter www.therapie-aktiv.at. nversorgung „Impfen braucht fundierte ärztliche Ausbildung, um sicher sein zu können“, sagt der Obmann der niedergelassenen Ärzt:innen, Vizepräsident Dietmar Bayer.
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