AERZTE Steiermark | 04 2024

Bereich Ærzte Steiermark || 04|2024 7 Ärztinnen und Ärzte stehen immer unter Verdacht. Sie seien mächtig, zu mächtig, heißt es oft. Aber das stimmt nicht. Sie sind „nur“ kompetent. Sie wissen, wovon sie reden. Und sie reden nicht von Dingen, bei denen es ihnen an Expertise fehlt. So gesehen sind sie schon mächtig. Mächtig darin, sich nicht zu verzetteln, sondern sich auf die Gesundheit zu fokussieren. Individuell, genauso aber auch strukturell. Ärztinnen und Ärzte sind die Fachleute für die Gesundheit ihrer Patient:innen. Das beweisen sie jeden Tag in ihrer ärztlichen Arbeit – in Praxen und Krankenhäusern. Es gibt glücklicherweise auch Anerkennung: So ist es zu erklären, dass innerhalb kürzester Zeit hunderte Kindergärten und Kindertagesstätten die Ärztekammer-Broschüre „Wohin mit welcher Krankheit?“ bestellt haben. Um so die Eltern darüber informieren zu können, in welchen Fällen sie selbst handeln können, in welchen Haus- oder Kinderärztin bzw. -arzt die richtige Anlaufstelle ist und in welchen es sinnvoll ist, zügig eine Notfallambulanz aufzusuchen. Zügig, aber nicht kopflos. Denn manche Eltern vergessen in Panik angesichts eines kranken Kindes sogar auf Fundamentales, wie etwa die Temperatur zu messen, bevor sie sich auf den Weg machen, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das nennt man Patient:innenlenkung. Ohne Druck, aber mit Überzeugung. Dahinter steht viel ärztliches Wissen und Können. Es hilft den Eltern, es hilft den Ärztinnen und Ärzten sowie den anderen oft genug überforderten Angehörigen weiterer Gesundheitsberufe. Es hilft letztlich der gesamten Gesellschaft. Dr. Michael Sacherer ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Wir haben ein Wirklichkeitsproblem: Da wird über Primärversorgungseinheiten gejubelt, ohne dazuzusagen, dass jede Ärztin, jeder Arzt (soweit selbstständig) dort nur möglich ist, wenn in der gleichen Planungsregion eine Planstelle wegfällt. Also bedeutet eine PVE mit drei Ärzt:innen drei Einzelpraxen weniger. Oder: Ein Bürgermeister schimpft öffentlich darüber, dass sich keine Ärztin, kein Arzt für seine Gemeinde findet. Und sagt nicht dazu, dass Limite, Degressionen und andere Einschränkungen Ärzt:innen davon abhalten, eine Kassenstelle anzustreben. Oder: Ein Arzt will über das 70. Lebensjahr hinaus seine Patient:innen kassenärztlich versorgen. Die Patient:innen wollen auch versorgt werden. Aber es gibt Regeln, die das verhindern. Nur drei Beispiele, die der Politik die Augen öffnen sollten. Die Menschen – Patient:innen und Ärzt:innen – mit Formalismen abzuspeisen, verärgert diese. Es geht ihnen um Inhalte. Zu hoffen, dass die Menschen dumm sind, funktioniert nicht. Sie sind es nicht. Sie geben nur zunehmend die Hoffnung auf, dass sie ernstgenommen werden. Daraus entsteht die Politikverdrossenheit, die angeblich keine:r will. Und wer nicht politikverdrossen ist, wendet sich den ideologischen Rändern zu – nicht aus Überzeugung, sondern um die sogenannte Mitte aufzurütteln. Die lässt sich aber nicht aufrütteln, jedenfalls nicht im notwendigen Umfang. Stattdessen macht sie im alten Trott weiter, in der Hoffnung, dass ihr niemand auf die Schliche kommt. In Wahrheit durchschauen die Menschen das. Sie bringen nur nicht die Energie zum Widerstand auf. Das ist gefährlich. So geht der Austausch von Ideen verloren. So geht die Bereitschaft zur Mitwirkung verloren. Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Bayer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Dietmar Bayer Im altem Trott bleiben, ist gefährlich Standortbestimmung Michael Sacherer Gut für die Einzelnen, gut für die gesamte Gesellschaft d batte Fotos: Schiffer. Beigestellt, Grafik: Konrad Lindner

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