AERZTE Steiermark | 9/2024

Ærzte Steiermark || 09|2024 37 Sedierung im Rahmen einer Zwangsbehandlung Der aktuelle CIRSmedical-Fall des Monats ereignete sich an einem Wochentag auf der Psychiatriestation eines Krankenhauses. Das Ereignis betraf einen Patienten in der Altersgruppe 31–40 Jahre und wurde von einem Arzt/einer Ärztin mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung gemeldet. Es kam zu einem möglichen Personenschaden. Der Patient wird nachts von Polizei und Rettung als „tobende Psychose“ angekündigt. Im Spital folgt eine Vierpunktfixierung und eine Blutabnahme, Anamnese ist keine möglich. Die AllgemeinanästhesieÄrztin (AÄ) informiert die Oberärztin (OÄ) telefonisch, die meldet, sie würde später zur Versorgung des Patienten dazukommen, es könne schon begonnen werden. Der Patient erhält 8 mg Lorezapam. Er wurde bereits vorher 6-mal aufgenommen und musste sediert werden, wobei es vermeintlich zu keinen Problemen gekommen ist. Nach der Administrierung liest AÄ nach, dass der Patient bei einer vorigen Sedierung einen Atemstillstand erlitten habe. Die Sättigung des Patienten sinkt inzwischen auf ca. 85 %, er zeigt sich bloß ansediert. Plötzlich fällt sie schlagartig ab auf bis zu 65 %. Die Pflegeperson setzt einen Schmerzreiz, der Patient wird wiederholt zur Atmung aufgefordert, daraufhin atmet er wieder ein und die Sättigung stabilisiert sich bei rd. 85 %. Erst 20 bis 30 Minuten nach dem Anruf trifft die OÄ ein, der Patient erhält Sauerstoff und sättigt über 90 %. Die OÄ gibt an, hier hätte Anexate zur Antagonisierung vorbereitet sein sollen. So aber hat der Patient (laut Monitor) eine Minderoxygenerierung erfahren. Eigener Ratschlag: Die fehlende Unterstützung der AÄ durch die OÄ führt dazu, dass erstere den Vorfall mit dem Atemstillstand nicht weiß. Die OÄ ist erst spät eingetroffen. Die CIRSmedical-Expert:innen dazu: Durch einen Blick in die vergangene Krankenakte lassen sich auch bei vorliegender Akutizität des Krankheitsbildes schwere Komplikationen vermeiden. Ärztliches Handeln kann nur delegiert werden, wenn sich die delegierende Person gewiss ist, dass ihr dienstzugeteilte Personen dieses kompetent ausführen können. Bei einer Akutversorgung ist festzuhalten, dass das entsprechende Antidot vorbereitet werden muss. CIRSmedical.at fall des monats service Der Tipp von der Expertin Neue Sozialleistung für angestellte Ärztinnen – „Sonderwochengeld“ Ärztinnen, die sich zum Beginn des Mutterschutzes für ein weiteres Kind in Elternkarenz befinden, jedoch kein Kinderbetreuungsgeld mehr beziehen, hatten bisher keinen Anspruch auf ein Wochengeld. Das Sonderwochengeld schließt nun diese Lücke. Zusätzlich besteht Anspruch auf das Sonderwochengeld, wenn Frauen nach der Karenz für kurze Zeit wieder arbeiten gehen und der Mutterschutz für das weitere Kind binnen drei Monaten nach Ende der Karenz eintritt oder sie nach der Geburt eines älteren Kindes in die Arbeit zurückkommen, Arbeitszeit reduzieren und der Mutterschutz für das weitere Kind vor dem zweiten Geburtstag eintritt. In diesen Fällen wird ein „Günstigkeitsvergleich“ durchgeführt, der zu einem höheren Wochengeld führen kann. Die neue Regelung gilt sowohl für alle aktuell eintretenden Fälle als auch rückwirkend für Frauen, deren Mutterschutz ab 01.09.2022 oder später begonnen hat. Wichtig: Der Antrag auf Sonderwochengeld muss aktiv bis längstens 30.06.2025 beim zuständigen Sozialversicherungsträger gestellt werden. Das Sonderwochengeld entspricht der Höhe des individuellen erhöhten Krankengeldes, dies sind 60 % des letzten Arbeitsverdienstes vor der Karenz. Liegt dieser Zeitraum in einem vergangenen Kalenderjahr, so wird der Verdienst valorisiert. Bei Fragen steht Ihnen die Rechtsabteilung und Kurie der angestellten Ärzte der Ärztekammer Steiermark gerne unter 0316-8044-45 und -47 zur Verfügung. Mag. Isabell Polanec Rechts-, Beschwerde- und Disziplinarsachen Für weiterführende Details: https://www.aekstmk.or.at/669 Foto: Schiffer

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