Meldepflicht oder Verschwiegenheitspflicht? Die Pflicht zur ärztlichen Verschwiegenheit entspringt dem Behandlungsvertrag, welcher den rechtlichen Rahmen für das Behandlungsverhältnis zwischen Patient und behandelndem Arzt bildet. RA Mag. Raimund Hofmann Neben dem Behandlungsvertrag existiert eine Vielzahl an sowohl öffentlich-rechtlichen als auch zivilrechtlichen Normen, die allesamt denselben Schutz der Verschwiegenheit gewährleisten sollen. So wird sich der Patient dem Arzt nur dann vorbehaltslos öffnen und diesem damit die für die Behandlung essentiellen Informationen anvertrauen, wenn er sich sicher sein kann, dass der Arzt dieses Wissen geheim hält. Damit schützt die ärztliche Schweigepflicht auch die Gesundheit des Patienten, da sich Patienten, die befürchten, dass derart geheime Tatsachen offenbart werden, nicht in die Behandlung begeben werden und somit ihre und möglicherweise auch die Gesundheit anderer gefährden. Meldepflichten Es besteht jedoch eine Vielzahl an gesetzlichen Regelungen, die eine Durchbrechung dieser Verschwiegenheitspflicht vorsehen. So besagt z. B. § 121 Abs 5 StGB, dass Ärztinnen und Ärzte, die entgegen ihrer Verschwiegenheitspflicht Aussagen tätigen, nicht zu bestrafen sind, wenn die Offenbarung oder Verwertung nach Inhalt und Form durch ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse gerechtfertigt ist. Diese Rechtfertigungsregelung entspricht im Wesentlichen § 54 Abs. 2 Ärztegesetz, der besagt, dass eine Verschwiegenheitspflicht nicht besteht, wenn nach gesetzlichen Vorschriften eine Meldung des Arztes über den Gesundheitszustand bestimmter Personen vorgeschrieben ist, Mitteilungen oder Befunde des Arztes an den Sozialversicherungsträger und die Krankenversorgeranstalt oder sonstigen Kostenträger erforderlich sind und auch die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt zum Schutz höherwertiger Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege oder der Rechtspflege unbedingt erforderlich ist. Güterabwägung Hierbei ist also von der Ärztin oder dem Arzt eine Güterabwägung zwischen Patienteninteressen und Schutz von anderen Interessen vorzunehmen. Im Zweifel hat das Grundrecht auf Privatsphäre des Patienten jedoch Vorrang vor öffentlichen Interessen. Zusammenfassend liegt die ärztliche Verschwiegenheitspflicht sohin im Spannungsfeld mit gesetzlichen Meldepflichten und ist in der Praxis oftmals eine schwierige Interessenabwägung von Rechtsgütern erforderlich, die eine verständige Ärztin bzw. ein verständiger Arzt auch nicht leichtfertig vornehmen sollte, um persönliche Rechtsnachteile zu vermeiden. Fehlverhalten Wird nämlich die Verschwiegenheitspflicht gebrochen und liegt gleichzeitig keine Meldepflicht vor, so liegt ein berufsrechtliches Fehlverhalten vor. Sofern dies beim Patienten zu einem Schaden führt, wäre dies ein haftungsbegründender Sachverhalt. Insofern zahlt es sich aus, egal welche Behörde oder Person Auskunft zu einem Patienten begehrt, besser zwei Mal darüber nachzudenken, ob Patientendaten herausgegeben werden dürfen. Mag. Raimund Hofmann, Rechtsanwalt Bischofplatz 3 8010 Graz Tel: +43 316 341833 Fax: +43 316 341833-18 E-Mail: office@hklaw.at Web: www.hklaw.at recht Foto: KK Ærzte Steiermark || 11|2024 37 „Was ich bei der Behandlung sehe oder höre oder auch außerhalb der Behandlung im Leben der Menschen, werde ich, soweit man es nicht ausplaudern darf, verschweigen und solches als ein Geheimnis betrachten.“ Eid des Hippokrates, ca. 400 v. Chr. „Wird nämlich die Verschwiegenheitspflicht gebrochen und liegt gleichzeitig keine Meldepflicht vor, so liegt ein berufsrechtliches Fehlverhalten vor.“ Raimund Hofmann
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