Cover Theodor Billroth (1829–1894) war kein einfacher Mensch. Aus einer deutschen Pastoren- und Theologenfamilie stammend, verband ihn dennoch viel mit Österreich: In Wien übernahm er 1868 die 2. chirurgische Lehrkanzel (II. Chirurgische UniversitätsKlinik), deren Vorstand er bis zu seinem Tod blieb. Der Namensgeber der Grazer Billrothgasse (in unmittelbarer Nähe des Universitätsklinikums) war aber nicht nur einer der berühmtesten deutschsprachigen Chirurgen, er war auch bekennender Antisemit, ein persönlicher Freund des Komponisten Johannes Brahms und ebnete als Mitglied des „Herrenhauses“ (= Oberhaus) des Reichsrates den Ärztekammern in den Ländern der Monarchie den Weg: In einer wortgewaltigen Rede begründete er dort deren Notwendigkeit. Die schloss er mit den Worten „dass ich die Errichtung von Ärztekammern nicht nur im Interesse des Staates, sondern auch im Interesse des ärztlichen Standes für hochwichtig halte“. Zuvor sagte er einiges, das auch gut 133 Jahre später nichts an Bedeutung verloren hat: „Die Ärztekammern sollen den Ärzten eine gesetzlich autoritative Stellung im Staate geben und sie dadurch in die Lage setzen, wirkungsvoller auf ihre Kollegen im Interesse der Standes-Würde Einfluss zu nehmen, als dies bisher tunlich war. Auch dies wird dem Gesamtwohl zu Gute kommen, indem auch das Publikum in die Lage versetzt wird, ärztliche Gebarungen, die es für unzulässig hält, und durch welche es sich verletzt fühlt, zur Kenntnis der Kammer zu bringen. (…). Die Ärztekammern sollen aber auch dem ärztlichen Stande, der wahrlich zu den mühevollsten gehört, einen korporativen Halt geben, nicht nur in moralischer, sondern auch in materieller Beziehung; sie sollen die Ärzte auch vor ungebührlichen Anforderungen des Publikums schützen. Nur an die letzteren Gesichtspunkte erlaube ich mir Einiges anzuknüpfen, da ich glaube, dass das Übrige in genügender Weise besprochen ist. (...) In der Hand dieser Männer (Anm.: Lehrer, Richter, Advokat und Arzt) liegt die Macht, sowohl auf die sozialen und ethischen, als auch auf die politischen Anschauungen im Volke einzuwirken: nicht nur durch Belehrung und gelegentliche Gespräche, sondern mehr noch dadurch, dass sie durch ihr Beispiel das Gefühl für Pflichttreue nach allen Richtungen, für Wohlwollen gegen andere Menschen, für Toleranz und Verträglichkeit, für Humanität im weitesten Sinne wecken und erhalten; denn nach meinen Erfahrungen bleibt das Beispiel in den kleinsten, wie in den größten Kreisen doch immer das wirksamste pädagogische Agens. Es hat nun der … Geistliche die gewaltige Macht der Kirche … hinter sich; Richter und Advokat werden durch ihre Beziehungen zu den Gesetzen von der Autorität des Staates gestützt. Die Advokaten finWarum Ärztekammern??? Warum brauchen Ärztinnen und Ärzte eine eigene Kammer? Die Frage hat der berühmte Arzt Theodor Billroth schon vor mehr als 133 Jahren beantwortet. Viele seiner Postulate wären heutzutage in einer Resolution wie der aktuellen „Gesunde Steiermark/Gesundes Österreich“ durchaus gut aufgehoben. Ærzte Steiermark || 01|2025 11 Foto: Wikimedia Commons
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