AERZTE Steiermark Jänner 2024

wirtschaft&Erfolg Walter Hoch Der Begriff Nachhaltigkeit entstammt ursprünglich der Forstwirtschaft. Für den Wald bedeutet nachhaltig, dass nur so viel Holz geschlagen wird, wie auch nachwächst. Bald etablierte sich Nachhaltigkeit als ein auf die Sektoren Ökonomie, Ökologie und Soziales übertragbares, übergeordnetes Handlungsprinzip. Für die Medizin definiert die World Organization of Family Doctors, kurz Wonca, 2023 das Streben nach Nachhaltigkeit als fundamental: „Die Gesundheit von allem und aller (One Health) unseres Planeten und die Nachhaltigkeit sind das Grundgestein der Allgemein- und Familienmedizin“.1 Dieses Grundgestein in nachhaltige Strukturen und Prozesse in der medizinischen Primärversorgung überzuführen, drängt umso mehr, als der CO2-Fußabdruck des Gesundheitswesens in Österreich mit anteilsmäßig 6,7 % doch gewichtig ist. Ressourcenverbrauch In ihm sind der Ressourcenverbrauch und Aspekte wie die für die Produktion, das Transportwesen und die für Dienstleistungen benötigten Flächen sowie die Treibhausemissionen enthalten. Zum Vergleich: In Deutschland liegt dieser Wert bei etwas über 5 %. Der Gesundheitssektor firmiert somit als ein Nachhaltigkeit in Ordinationen wichtiger Adressat in Bezug auf das Ziel, dass Österreich bis 2040 klimaneutral sein soll. Dem Gesundheitssystem nützt es selbst, wenn es die schädlichen Emissionen dämpft. Denn die direkte Folge von vermehrter Hitze, Naturkatastrophen und Umweltschäden sind Übersterblichkeit und steigende medizinischen Behandlungen inklusive stationären Aufenthalten – also Gesundheitskosten. Dazu addieren sich indirekte Folgen des Klimawandels wie etwa Allergien oder das vermehrte Vorkommen von Infektionsüberträgern wie Zecken, Mücken und ähnlichem Getier. Krankenbehandlung und Abfallaufkommen Für Deutschland hat das Fraunhofer-Institut errechnet, dass „Patient:innen im Rahmen ihrer Behandlung die 4,6-fache Menge an Abfall im Vergleich zu durchschnittlichen Bürger:innen“ produzieren2. Durchschnittlich produzierte eine Klinik in unserem Nachbarland im Jahr 2017 7 bis 8 Tonnen Abfall pro Tag. Dazu kommen noch die Abfälle aus den Ordinationen und Pflegeheimen. Ein Hauptverursacher sind Einwegprodukte. Darunter fallen Textilien und Gegenstände aus Kunststoff ebenso wie Instrumente aus Metall, etwa Pinzetten und Laryngoskope. Allerdings ist zu bedenken, dass Eimalprodukte als hygienischer gelten. Prävention tut auch der Umwelt gut Angesichts dieser Zahlen stellt sich insbesondere für Ärzt:innen die Frage, welche Maßnahmen dem entgegengesetzt werden könnten und sie bereits einzuleiten, bevor die Nachhaltigkeit unterminiert werden kann. Eine nachhaltige Gesundheitsversorgung, die wesentlich auf Prävention, Gesundheitsbildung und -förderung wie gesunde Ernährung oder Bewegung ausgerichtet ist, beugt Krankheiten – und damit auch den Umweltschäden, die ihre Behandlung mit sich bringt – vor. Die Liste an Möglichkeiten, wie jeder Arzt/jede Ärztin selbst einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten kann, ist lang und hängt auch vom Einfallsreichtum und Know-how ab. 5-R-Regel Mit einem prägnanten Konzept rückt die 5-R-Regel den Einweg-Materialien auf den Leib: refuse, reduce, reuse, recycle, repair. Weiter zur Nachhaltigkeit können Ärzt:innen beitragen, wenn sie Medikamentenpläne regelmäßig und sorgsam prüfen, um so längerfristig Ressourcen in der Herstellung von Medikamenten zu sparen. Stehen Hausbesuche an, so bedeutet die Anfahrt mit dem Fahrrad weniger Stress bei der Parkplatzsuche, die aktive Bewegung an der frischen Luft ist gut für Herz und Psyche. E-Bikes toppen Fahrräder im Stadtverkehr noch in puncto Schnelligkeit. Und 5 km täglich mit dem Rad fahren kann rund 300 Kilogramm CO2-Emissionen einsparen im Vergleich zum Autofahren. Ein „Klimabonus“ ist vonseiten der Patient:innen zu erzielen, wenn sie statt mit dem PKW zur Praxis zu fahren die Telemedizin, etwa in Form einer erweiterten Videosprechstunde, nutzen. Bei Patient:innen mit Asthma oder COPD reduziert der Umstieg von Dosier- auf Pulverinhalatoren die Abgase. So entspricht die CO2-Emission eines einzigen Dosieraerosols einer Autofahrt von ca. 280 km mit einem Verbrennermotor, bei einem Pulverinhalator reduziert sich der Wert 34 Ærzte Steiermark || 01|2025 Nachhaltig ist eine Wirkung, die möglichst lange anhält und ökonomisch, sozial gerecht und ökologisch verträglich ist. Ärzt:innen mit ihrer Vorbildwirkung für ihre Patient:innen können zu Nachhaltigkeits-Protagonist:innen avancieren. Illu: Adobe Stock

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