AERZTE Steiermark

Das Magazin der Ärztekammer Steiermark Februar 2025 Ergebnisse. Der Bericht zur Drogensituation 2024 und die Herausforderungen in der Steiermark. Eis. Philipp Hofer - vom Eishockeyprofi zum Teamarzt für das österreichische EishockeyNationalteam. Empfang. Erster Gesundheitsempfang der Ärztekammer Steiermark findet am 10. März 2025 statt. Österreichische Post AG MZ 02Z033098 M Ärztekammer für Steiermark, Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz, Retouren an PF555, 1008 Wien Emojis: envato / Stellaart Ausbildungsevaluierung Krisengipfel Wie es mit unserem Gesundheitssystem weitergeht. Krankgespart

Niedergelassene Ärztinnen & Ärzte, Spitalsärztinnen & Spitalsärzte, Gesundheitspersonal sowie Patientinnen & Patienten unterstützen gemeinsam folgende Ziele: GESICHERTE VERSORGUNG für Patient:innen durch STÄRkUNG & AUSbAU des niedergelassenen bereichs bEdARfSORIENTIERTE abgestufte Spitalsstruktur mit Schwerpunktsetzungen Unterstützen Sie die Resolution und das Volksbegehren „Gesunde Steiermark/Gesundes Österreich“. Es geht um Ihre Gesundheit. Resolution Gesunde steiermark Gesundes Österreich GEMEINSAM GUT vErSorGEN

BEREICH THEMEN ÆRZTE Steiermark || 02|2025 3 BUCHTIPP Darm krank – alles krank Hilfe mit ganzheitlicher Therapie Jörn Reckel, Wolfgang Bauer 3., aktualisierte Auflage, 216 Seiten ISBN: 978-3-99052-328-5 In seiner 3., aktualisierten Auflage zeigt „Darm krank – alles krank“ mit einer Reihe neuer Erkenntnisse zur zentralen Rolle des Darms für die Gesundheit auf. Sechs Jahre nach dem Erscheinen der ersten Auflage hat sich die Erkenntnis über die Bedeutung der Darmgesundheit in der Medizin verfestigt und es ist erwiesen, dass der Darm bei vielen Erkrankungen eine wichtige Rolle spielt. Welche und in welchem Umfang bzw. bei welchen Erkrankungen diese in besonderem Maße in Erscheinung tritt, ist weiterhin Gegenstand der Forschung, und es werden laufend neue Erkenntnisse gewonnen, die letztlich Einfluss auf moderne Behandlungsstrategien haben. In diesem Buch werden neue Forschungsergebnisse beleuchtet und überraschende Erkenntnisse aufgezeigt – so beispielsweise der Zusammenhang mit neurologischen Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Multipler Sklerose. Sogar unser Herz und die Blutgefäße können unter dem Einfluss von Darmbakterien, die Stoffwechselprodukte stören, erkranken. Und auch mögliche Zusammenhänge zwischen Darmgesundheit und Krebserkrankungen werden diskutiert. DATUM 07.05.2025 Gemeinsam mit der Bundeskurie Angestellte Ärzte stellt die Österreichische Ärztekammer im Rahmen einer Enquete die Frage nach pro & contra privater und öffentlicher Medizinischer Unis. Wer es nicht nach Krems schafft, kann der Diskussion mit wichtigen Stakeholdern aus dem Bildungssystem auch über nachfolgenden Link live beiwohnen. https://www.aerztekammer.at/uni-enquete LINK: https://www.gesund-informiert.at/die-podcasts Der Podcast „Gesund informiert“ bietet allen, die keine Zeit oder Lust haben, sich in der Masse an Informationen zum Thema Gesundheit Orientierung zu schaffen, verständliche Gesundheitsinformationen zum Anhören. Dieses Jahr ist der Podcast eine Zusammenarbeit mit dem ORF Steiermark. Redakteurin Fanny Sedlnitzky führt durch die zweiwöchentlichen Folgen und stellt Gästen Fragen zu gesundheitlichen Themen. Jeden zweiten Donnerstag erscheint eine neue Folge. ZAHL 1/5 Rund ein Fünftel aller Österreicher:innen zwischen 15 und 64 Jahren hat im Laufe des Lebens bereits Erfahrungen mit dem Konsum von Cannabis gemacht. Damit bleibt Cannabis laut aktuellem Drogenbricht die am häufigsten konsumierte illegale Droge. Besorgniserregend ist in diesem Zusammenhang vor allem die zunehmende Beimischung von synthetischen Cannabinoiden. Illu: Verlagshaus der Ärzte FORTBILDUNGSTIPP „Durch alle Phasen: Von der Genetik zur palliativen Begleitung“ ist der Titel des Alpen Adria Demenzkongress, der vom 28.-29.03.2025 im Congress Center Villach über die Bühne geht. Veranstaltet vom Referat für Palliativmedizin & Schmerztherapie sowie dem Referat für Geriatrie der Ärztekammer für Kärnten und Mavida Group steht Lisa Robitsch für Auskünfte zur Verfügung: Tel.: 0463/5856-17 oder E-Mail: fortbildung@aekktn.at. www.demenzkongress.com Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, Medienfabrik Graz, UW-Nr. 812 Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr Klimakompensierte Prod www.climate-austria Kennzeichnu für vorbildlic Waldwirtscha HCA-COC-100 Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft PEFC/06-39-22 PEFC zertifiziert Klimakompensierte Produktion www.climate-austria.at Ident-Nr. A Klimakompensierte Produk www.climate-austria.a Kennzeichnung für vorbildliche Waldwirtschaft HCA-COC-10029 Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft PEFC zertifiziert UPDATE IM FEBRUAR SCHLAGZEILE Gesundheit wird zum Luxusgut. Eine vierköpfige Familie zahlt im schnitt 4.000 Euro für die Versorgung privat drauf, wenn sie es sich leisten kann. Und es wird noch teurer, wenn Politik und ÖGK nicht umdenken. Kleine Zeitung, 05. 02. 2025 IMPRESSUM: Medieninhaber (Verleger): Ärztekammer für Steiermark, Körperschaft öffentlichen Rechts | Redak- tionsadresse: 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29, Tel. 0316 / 8044-0, Fax: 0316 / 81 56 71, E-Mail: presse@aekstmk. or.at | Chefredaktion: Martin Novak | Koordination: Dr.in Jasmin Novak | Redaktionelle Betreuung und Produktion: CONCLUSIO PR Beratungs Gesellschaft mbH, Schmiedgasse 38, 8010 Graz | Gestaltung: Konrad Lindner | Anzeigen: Gernot Zerza, Tel.+43 664 2472673, E-Mail: Zerzagernot@gmail.com; Mit „Promotion“ gekennzeichnete Texte sind entgeltliche Veröffentlichungen im Sinne § 26, Mediengesetz. | Druck: Stmk. Landesdruckerei GmbH, 8020 Graz | Abonnements: Eva Gutmann, Ärztekammer Steiermark, Tel. 0316 / 804440, Fax: 0316 / 81 56 71. Jahresabonnement (11 Ausgaben) EUR 25,–.

BEREICH THEMEN 4 ÆRZTE Steiermark || 02|2025 Foto: envato / towfiqu98, evnato / deeplabstudio THEMEN Cover. Wollen wir unser Gesundheitssystem kranksparen? 8 Landesrechnungshof prüfte Rettungsdienstwesen 12 Drogen: Besorgniserregend trotz stabiler Lage 14 Arzt im besonderen Dienst. Der Traum von den Olympischen Spielen 18 Die Zukunft beginnt heute: Personalisierte Medizin & KI 20 Recht. Anleitung für den Haftungsfall 22 Gerne Ärztin/Arzt in der Steiermark. Fühle mich angekommen 25 Veranstaltung. Gesundheitsempfang der Ärztekammer Steiermark 27 Erlesen. Gehen wir auf Buchfühlung! 28 Mitarbeiterzufriedenheit in der KAGES steigt 30 Buchbesprechung. Ein schonungsloser Blick auf das Gesundheitssystem 31 Wirtschaft & Erfolg. Das Wochengeld des Wohlfahrtsfonds 32 Wirtschaft & Erfolg. Wohin geht die Reise auf dem Finanzmarkt 34 Forschung. Vielversprechend: Neue Ansätze in der Brustkrebsbehandlung 36 CIRS: Schwerer anaphylaktischer Schock nach Ozon-Eigenblutbehandlung 37 Tipp. Vorlage von Rasterzeugnissen in der Facharzt-Ausbildung 37 Ausbildung. Herzchirurgie: Studierende meistern lebensrettende Eingriffe 38 ANGESTELLTE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE Urlaubsanspruch für Ärzt:innen: Was Sie wissen müssen 40 Ärztliche Ausbildung wird im März neu evaluiert 42 Richtig aufklären: Großes Interesse an Rechtsinfo 44 Fortbildungstermine der Kurie 45 NIEDERGELASSENE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE Serie KASSENCHECK. Jetzt neu: Zusatzpunkte für Zusammenarbeit 47 Serie. Praktisch täglich. Kein Platz mehr im Leben 48 Neues Tool für den sicheren Befundversand: Der Postfachdrucker 49 Gefordert: Krisengipfel für die „größte Baustelle der Republik“ 50 Debatte 6 News 39 Veranstaltungen & Referate 52 Kleinanzeigen 53 Personalia 58 Karikatur 61 Ad Personam 62 BESORGNISERREGEND Die Lage betreffend illegaler Drogen ist zwar relativ stabil, aber dennoch besorgniserregend. Experte Michael Adomeit spricht über die Herausforderungen. Seite 14 GESUNDHEITSEMPFANG DER STEIRISCHEN ÄRZTESCHAFT Am 10. März 2025 setzt die Ärztekammer Steiermark ein Zeichen für die Bedeutung der Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich und lädt zum Empfang ein. Seite 27

ÆRZTE Steiermark || 02|2025 5 BEREICH THEMEN „Wo soll das neue Leitspital im Bezirk Liezen entstehen?“ Zu dieser Frage des Monats kann man sehr unterschiedlicher Meinung sein, wie die Ergebnisse in diesem Monat zeigten: Die Mehrheit (41,3 %) sprach sich in unserer Abstimmung für den Standort in Stainach, also den Neubau, aus. Knapp dahinter der Zuspruch für den Standort Rottenmann – und damit einen Umbau der vorhandenen Struktur – mit 37,5 %. Und 8,8 % favorisieren keinen dieser beiden Standorte, sondern plädieren für einen anderen. Für einige gehört das Leitspital klar nach Liezen, aus Gründen der vorhandenen Infrastruktur und der Anbindung an die Autobahn sowie um den Osten der Obersteiermark abzudecken. In einem zentral gelegenen Haus sollte man auch eine adäquate Schlaganfallversorgung anbieten, so eine der freien Antworten. EPIKRISE Kurze Nachrichten aus der Redaktion Soziale Medien: X/Twitter: www.twitter.com/ AERZTE_NEWS Facebook: www.facebook. com/aerztekammer.stmk/ und Facebook-Gruppe für steirische Ärztinnen und Ärzte Youtube: AERZTE_NEWS Instagram: www.instagram. com/aerztekammerstmk Bild: envato / jchizhe, Chart: doppelpunkt Die schwierige Standortfrage 57,1 % AERZTE Frage des Monats: Wo soll das neue Leitspital im Bezirk Liezen entstehen? In Stainach (Neubau). In Rottenmann (Umbau). Ist mir egal. Anderswo. Weiß nicht/Sonstiges. 42,9 % DAS BILD DES MONATS. Historischer Höchststand – erstmalig wurde in der Steiermark die Grenze von 7.000 Ärztinnen und Ärzten im Februar 2025 überschritten. 37,4 % 41,6 % 8,9 %

6 ÆRZTE Steiermark || 02|2025 BEREICH INTRA KONT A DEBATTE Marco Triller Wohnortnahe und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung Das steirische Gesundheitswesen steht zweifelsohne vor großen Herausforderungen, die es sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene zu meistern gilt. Von entscheidender Bedeutung wird dabei das Ergreifen von Maßnahmen gegen den eklatanten Fachkräftemangel sein, zumal dieser für viele der zu lösenden Probleme hauptverantwortlich ist. Zum einen müssen die bereits im Versorgungswesen tätigen Fachkräfte durch verbesserte Arbeitsbedingungen, etwa durch leistungsgerechte Bezahlung, Entlastung von administrativen Tätigkeiten, Dienstplansicherheit und mehr Mitspracherechte, im Beruf gehalten werden. Zum anderen hat sich die neue Landesregierung in ihrem Programm zur Weiterentwicklung der Ausbildungsmodalitäten angehender Ärzte und Pflegekräfte bekannt. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise der Ausbau von berufsbegleitenden Ausbildungsmöglichkeiten im Pflegebereich sowie die Aufstockung der Medizinstudienplätze. Diese Forderung wurde seitens der neuen Landesregierung dem Bund offiziell bereits angetragen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist eine gezielte Patientenlenkung, wobei vor allem der niedergelassene Bereich dazu beitragen kann, Ambulanzen zu entlasten und die Patientenversorgung ganzheitlich zu verbessern. Besonders begrüßenswert ist zudem das Bekenntnis der Landesregierung zu einer flächendeckenden Spitalsinfrastruktur samt versorgungswirksamer Leistungsangebote. Es steht außer Frage, dass dabei sinnvolle Kooperationen und Schwerpunktsetzungen an den bestehenden Krankenhausstandorten notwendig sind. Ziel muss es jedoch sein, dass eine entsprechende allgemeinmedizinische Akutgrundversorgung an allen Standorten sichergestellt ist. Erfreulich ist zudem der Entschluss der Landesregierung, das Projekt „Klinikum Stainach“ zu stoppen und stattdessen ein Alternativkonzept zu entwickeln, welches den Fokus auf den Ausbau des Standortes Rottenmann legt und die Erhaltung der Gesundheitsstandorte Schladming und Bad Aussee samt deren versorgungswirksamer Weiterentwicklung zum Inhalt hat. Ich bin überzeugt, dass die neue steirische Landesregierung mit der Umsetzung dieser Maßnahmen zu einer dauerhaften Verbesserung der Gesundheitsversorgung in der Steiermark beitragen wird. Marco Triller ist Gesundheitssprecher der FPÖ im steirischen Landtag Gerhard Posch Mitmachen, mitgestalten, verbessern! Anfang März werden die Fragebögen für den dritten Durchgang der vor zwei Jahren völlig neu konzipierten Ausbildungsevaluierung der Österreichischen Ärztekammer verteilt. Seither wird die ärztliche Ausbildung in unseren Spitälern in enger Kooperation mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich in Form eines gedruckten Fragebogens auf den Prüfstand gestellt. Das hat sich zu einem Erfolgsprojekt entwickelt. Ich bitte Sie, sich auch in diesem Jahr wieder zahlreich zu beteiligen, um diesen Erfolg fortzusetzen. Die Befragung ist anonym und Ihre Daten sind so sicher wie das Bankgeheimnis einer Schweizer Bank - die Rücksendung ist mit dem beiliegenden Antwortkuvert ganz einfach. Jeder ausgefüllte Fragebogen hilft uns, die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Ausbildung in unseren Spitälern weiter zu verbessern. Diese Qualitätssicherung gibt uns die Gewissheit, was notwendig ist, um unseren Beruf optimal ausgebildet ausüben zu können. Und die Patient:innen können sicher sein, dass sie auch künftig von bestens geschulten Ärztinnen und Ärzten versorgt werden. In der Steiermark sind wir auf dem richtigen Weg. Bereits 2024 haben wir nach eingehender Analyse die richtigen Maßnahmen gesetzt und uns in der Bewertung noch einmal deutlich verbessert. Einige KAGes-Verbünde wie das LKH Weststeiermark, die KAVB Rottenmann-Bad Aussee und das LKH Oststeiermark stechen mit hervorragenden Noten über oder knapp unter 5,0 - von maximal 6,0 - hervor. Ich möchte an alle appellieren: Machen Sie bei der im März startenden ÖÄK-Ausbildungsevaluierung unbedingt mit. Lassen Sie sich diese Chance zur Verbesserung der ärztlichen Ausbildung nicht entgehen! Vizepräsident Dr. Gerhard Posch ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte.

BEREICH ÆRZTE Steiermark || 02|2025 7 Täglich begleiten uns enorme Herausforderungen in unserem Gesundheitssystem, vor denen wir schon lange gewarnt haben. Ob lange Wartezeiten für Termine im niedergelassenen Bereich, überfüllte Spitalsambulanzen oder monatelange Verzögerungen bei notwendigen Operationen – wir erleben in unserer Arbeit, was es bedeutet, wenn Ressourcen knapp werden und Patient:innen angewiesen sind, oft viel Geduld aufzubringen. Neben der unzureichenden und oft ineffizienten Verteilung finanzieller Mittel im Gesundheitssystem, der nichtvorhandenen Lenkung von Patientenströmen, ist der anhaltende Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ein wesentlicher Faktor für diese Missstände. Es fehlt nicht nur an Ärzt:innen in bestimmten Fachrichtungen, sondern auch an qualifiziertem Pflegepersonal und anderen medizinischen Berufsgruppen, die für einen funktionierenden Betrieb essenziell sind. Die bestehenden Belastungen sind für viele von uns längst an der Grenze des Zumutbaren. Dabei geht es nicht nur um Überstunden und Verdichtung der Arbeitszeit, sondern auch um die wachsende Bürokratie, die immer mehr Zeit von der eigentlichen Patientenversorgung abzieht. Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen erfüllen wir unsere Aufgaben mit höchstem Engagement. Wir sind die Stimme unserer Patient:innen, wir setzen uns für eine bestmögliche Versorgung ein – auch wenn dies bedeutet, täglich unter erschwerten Bedingungen zu arbeiten. Doch es darf nicht nur an uns liegen, das System am Laufen zu halten. Die Politik ist gefordert, nachhaltige Lösungen zu entwickeln: von einer besseren Ressourcenverteilung über attraktive Arbeitsbedingungen bis hin zur Digitalisierung, die endlich entlasten statt belasten muss. Lassen Sie uns diese wichtigen Themen über die Zukunft unseres Gesundheitssystems am 10. März 2025 beim Gesundheitsempfang in einem offenen Austausch gemeinsam vertiefen. Nutzen wir diese Gelegenheit, um zu diskutieren, Impulse zu setzen und gemeinsame Lösungen zu finden. Dr. Michael Sacherer ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Die Kassenmedizin in Österreich steckt in der Krise. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte warnen – und das bestimmt nicht zum ersten Mal, aber angemessene Reaktionen, geschweige denn (nachhaltige) Lösungen lassen auf sich warten. Die Lage? Ernst! Denn uns geht die Zeit aus. Unser System ist für 7,5 Millionen Menschen ausgelegt, aber Österreich hat längst über 9 Millionen Einwohner:innen. Trotzdem gibt es kaum mehr Kassenärztinnen und -ärzte als vor 25 Jahren. Das Kassensystem wurde durch Deckelungen und Pauschalierungen unattraktiv gemacht. Es hatte nie die Chance mit den steigenden Anforderungen mitzuwachsen. Kassenreform und Zusammenlegung sind ebenfalls fehlgeschlagen. Statt von den Synergien zu profitieren, haben lediglich die Berater profitiert. Ärzteschaft und Patient:innen sind auf der Strecke geblieben. Ein weiterer Punkt, der alles andere als neu ist, auf den man aber immer wieder hinweisen muss: Die Situation wird durch die demographische Entwicklung noch massiv verschärft – die Menschen werden einerseits immer älter und brauchen mehr Leistungen, während andererseits die Hälfte der Kassenärztinnen und -ärzte in den kommenden Jahren in Pension gehen wird. Die Versorgung ist in Gefahr und ohne eine stabile ÖGK sowie eine Attraktivierung des Kassensystems drohen gravierende Folgen für die Patient:innen: längere Wartezeiten, Einschränkungen bei Behandlungen und steigende finanzielle Belastung für Versicherte. Die Politik muss jetzt handeln – bevor es zu spät ist. Ein Krisengipfel ist längst überfällig! Vizepräsident Professor Dr. Dietmar Bayer ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. EXTRA Dietmar Bayer Unser System hatte keine Chance mitzuwachsen STANDORTBESTIMMUNG Michael Sacherer Unser gemeinsamer Einsatz ist gefragt DEBATTE Fotos: Furgler, Schiffer, beigestellt;

2.745 Foto: Schiffer COVER Wollen wir unser Gesundh Auf die eigene Gesundheit schauen und in sie investieren, weil sie wichtig ist – was für jeden Einzelnen und jede Einzelne gilt, sollte auch für unser Gesundheitssystem Gültigkeit haben. Mit der Resolution „Gesunde Steiermark/Gesundes Österreich“ werden die wesentlichen Forderungen der Ärztekammer Steiermark für den Gesundheitsbereich unterstützt. Während die Kassenstellen im Land seit Jahren stagnieren, wächst die Bevölkerungszahl. Auf eine Kassenärztin bzw. einen Kassenarzt kommen heute wesentlich mehr Menschen als noch vor 10 oder 15 Jahren. Die Folge ist, dass unsere Ärzt:innen in ihrer tagtäglichen Arbeit unter Druck stehen – sowohl im niedergelassenen Bereich als auch in den Spitälern ist die Schmerzgrenze bereits überschritten. Der Bedarf an qualitativ hochwertiger Versorgung ist weiterhin im Steigen und das Gesundheitssystem massiv belastet. „Ein Sparprogramm im Gesundheitsbereich würde die Steirer:innen krank machen“, attestiert Michael Sacherer, Präsident der Ärztekammer Steiermark, worauf es hinausläuft. „Wir Ärzte benötigen Rahmenbedingungen, die es uns erlauben, uns auf unsere Kernaufgabe – die Behandlung der Patientinnen und Patienten – zu konzentrieren“, ergänzt Gerhard Posch, Obmann der angestellten Ärzt:innen in der Steiermark. Denn der kritische Punkt ist längst überschritten: „Das Gesundheitssystem ist die größte Baustelle der Republik“, hat es Dietmar Bayer, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzt:innen, zuletzt treffend formuliert. Dabei brauche es aktuell mehr Geld, um die Gesundheitsversorgung in der Steiermark sicherzustellen. 200 neue Kassenstellen hat die Ärztekammer Steiermark sich als Forderung auf ihre Fahnen geheftet. Die Neuschaffung von 23 Kassenstellen allein für Innere Medizin, die aus einer Erhebung der Fachgruppe Innere Medizin hervorgegangen ist, sei unausweichlich für die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung, betont Michael Sacherer. Die finanzielle Stärkung des niedergelassenen Bereichs und eine bedarfsorientierte abgestufte Spitalsstruktur mit Schwerpunktsetzungen seien die Grundlage zur optimalen Versorgung der Patient:innen. Alles andere als im Schnitt Während die Steier:innen eine durchschnittliche Lebenserwartung bei guter Gesundheit und durchschnittlichen Gewichtsproblemen haben, seien die steirischen Gesundheitsausgaben im Vergleich unterdurchschnittlich, hat die vergleichende Studie „Leistungskraft regionaler Gesundheitssysteme in Zeiten von COVID-19“ 2020 und die Hofmarcher-/Singhuber-Studie „HS&I Fact Book Ambulante Versorgung im Bundes8 ÆRZTE Steiermark || 02|2025 2.745 A2-Plakate ausgeschickt Foto: envato / cait00sith

2.368 24.604 2.368 A3-Plakate ausgeschickt COVER heitssystem kranksparen? ländervergleich“ festgestellt. Im ambulanten und stationären Bereich werde weniger ausgegeben als bundesweit. Es braucht also umfassende und nachhaltige Reformen: Die bis Ende März 2025 laufende Resolution „Gesunde Steiermark/Gesundes Österreich“ ist Ausdruck für den Schulterschluss zwischen niedergelassenen Ärzt:innen und dem Spitalsbereich, um eine nachhaltige Strukturverbesserung im Gesundheitswesen anzustoßen. Sowohl in den Ordinationen als auch in den Ambulanzen des Landes ist das höhere Patientenaufkommen spürbar. Genau dort liegt die Resolution, initiiert durch Erich Schaflinger, Vorsitzender des Koordinationsgremiums für Versorgungssicherheit und ärztlicher Direktor des LKH Hochsteiermark, nun auch bis zum 31. März 2025 zur Unterschrift auf. Unterstützung durch Resolution Mit über 560 Kassenärzt:innen für Allgemeinmedizin stand die Ärztekammer Steiermark zusätzliche telefonisch in Kontakt. Nun werden die 370 Kassenfachärzt:innen angerufen. 2.745 Informationsplakate in A2-Größe und 2.368 in A3-Größe sowie rund 24.600 Unterschriftenlisten wurden an die steirischen Ordinationen und Ambulanzen bereits ausgeschickt. Das Engagement und auch das Feedback sind groß. Die Resolution ist dabei ein wichtiger Schritt. Das Kranksparen der Gesundheitsversorgung muss verhindert werden! Mangel an Ärzt:innen Mit dem Schulterschluss zwischen niedergelassenen Ärzt:innen und Spitalsbereich will man eine nachhaltige Strukturverbesserung im Gesundheitswesen anstoßen. Dass Handlungsbedarf besteht, zeigt unter anderem auch der Mangel an ÆRZTE Steiermark || 02|2025 9 24.604 Unterschriftenlisten ausgeschickt

COVER 10 ÆRZTE Steiermark || 02|2025 Allgemeinmediziner:innen ebenso wie an Fachärzt:innen: In den Spitälern würden Anästhesist:innen fehlen, im niedergelassenen Bereich Kinderärzt:innen und Gynäkolog:innen, zählt Sacherer auf. „Es braucht daher Investitionen in den Gesundheitsbereich, denn sie sind eine Investition in die Zukunft“, verweist er auf die geforderten 200 Kassenstellen. „Als Ärztekammer Steiermark setzen wir uns mit aller Kraft dafür ein, dass das Gesundheitssystem die finanzielle Unterstützung erhält, die es dringend benötigt. Jeder eingesparte Euro geht auf Kosten der Versorgung und führt langfristig zu einer höheren Belastungen – sowohl für die Ärztinnen und Ärzte als auch für die Patient:innen.“ „Niedergelassene Ärztinnen & Ärzte, Spitalsärztinnen & Spitalsärzte, Gesundheitspersonal sowie Patientinnen & Patienten unterstützen gemeinsam folgende Ziele: GESICHERTE VERSORGUNG für Patient:innen durch Stärkung & Ausbau des niedergelassenen Bereichs und bedarfsorientierte abgestufte Spitalsstruktur mit Schwerpunktsetzungen. Unterstützen Sie die Resolution und das Volksbegehren „Gesunde Steiermark/Gesundes Österreich“. Es geht um Ihre Gesundheit.“ Aus der Resolution 560 Telefonkontakte mit Kassenärzt:innen für Allgemeinmedizin 340 Telefonkontakte mit Kassenfachärzt:innen „Gesunde Steiermark/ Gesundes Österreich“ Umfassende, entschlossene und nachhaltige Reformen zur Stärkung zentraler Versorgungsstrukturen will die Resolution unterstützen. Angestoßen wurde sie von Prim. Erich Schaflinger, dem Vorsitzenden des Koordinationsgremiums für Versorgungssicherheit und ärztlichen Leiter des LKH Hochsteiermark. Unterstützt wird sie von der Ärztekammer Steiermark. Bis zum 31. März liegen die Unterschriftenlisten noch in den steirischen Spitälern und Ordinationen auf. Jetzt Unterschriftenliste & Resolution zum Auflegen in der Ordination downloaden! Niedergelassene Ärztinnen & Ärzte, Spitalsärztinnen & Spitalsärzte, Gesundheitspersonal sowie Patientinnen & Patienten unterstützen gemeinsam folgende Ziele: GESICHERTE VERSORGUNG für Patient:innen durch STÄRkUNG & AUSbAU des niedergelassenen bereichs bEdARfSORIENTIERTE abgestufte Spitalsstruktur mit Schwerpunktsetzungen Unterstützen Sie die Resolution und das Volksbegehren „Gesunde Steiermark/Gesundes Österreich“. Es geht um Ihre Gesundheit. Resolution Gesunde steiermark Gesundes Österreich GEMEINSAM GUT vErSorGEN 560 340

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12 ÆRZTE Steiermark || 02|2025 RECHNUNGSHOF Foto: envato / maxxyustas Das in der Steiermark vorliegende Mischsystem, bei dem die bodengebundenen Rettungsorganisationen nicht nur im Rettungs- und Notarztrettungsdienst, sondern auch im Krankentransport tätig sind, führe laut einer von der Landeszielsteuerungskommission beauftragten Experten-Studie dazu, dass der Ressourceneinsatz im Krankentransport inadäquat hoch und somit ineffizient sei, so der Rechnungshof. Kritik des Rechnungshofes Im Notfall schnell vor Ort: Landesweit konnte übrigens bei 85 Prozent der Rettungseinsätze des bodengebundenen Notarztrettungsdienstes im Jahr 2022 die 15-minütige Hilfsfrist eingehalten werden. Die Einsatzdisposititon der Rettungsmittel erfolgt ausschließlich durch das Rote Kreuz und war dadurch nicht trägerneutral, so der Rechnungshofbericht. Die Kritik: Dadurch sei weder eine Trennung von den wirtschaftlichen Interessen des Roten Kreuzes noch der Einsatz des am besten geeigneten Rettungsmittel gewährleistet. Auch wenn der Prüfbericht einige Punkte zur Struktur aufwirft – eine Aussage über die Gesamtfunktionalität des Rettungs- und Notarztwesens in der Steiermark könne allerdings nicht abgleitet werden, Landesrechnungshof prüfte das Rettungsdienstwesen Das Rettungsdienstwesen in der Steiermark nahm der Landesrechnungshof unter die Lupe und veröffentlichte dazu kürzlich den Bericht. Kritisiert wurde darin ein „inadäquater Ressourceneinsatz“ im bestehenden System. Die Ärztekammer Steiermark fordert Veränderungen in der Struktur, Ausbildungsstärkung und Qualitätssicherung.

ÆRZTE Steiermark || 02|2025 13 RECHNUNGSHOF Foto: Schiffer, envato / YuriArcursPeopleimages, Med Uni Graz heißt es in der Aussendung des Landesrechnungshofes. Kompetenzsteigerung gefordert Während der Landesrechnungshof betreffend der Notarztdisposition darauf hinweist, dass eine erhebliche Anzahl von Einsätzen im bodengebundenen Notarztrettungsdienst auch mit einem geringeren Ressourceneinsatz bzw. einfacheren Rettungsmitteln zu bewältigen wäre, stellt die Ärztekammer klar: „Fehleinsätze und Stornos können nie vollständig vermieden werden. Wir fordern jedoch eine Kompetenzsteigerung im Leitstellenbereich. Die Dispositionsprozesse müssen effektiver und effizienter werden“, betont Paul Zajic, Referent für Notfall- und Rettungsdienste sowie Katastrophenmedizin in der Ärztekammer Steiermark. Patientenlenkung entscheidend Das große Thema der Patientenlenkung sei auch in diesem Fall von entscheidender Bedeutung – in manchen Fällen sei die Weiterleitung zu 1450 oder der Verweis an die Allgemeinmediziner:innen der bessere Weg. Dafür müssten die Mitarbeiter:innen in den Leitstellen aber auch sorgen bzw. müsste gewährleistet werden, dass sie die notwendigen Ausbildungen haben. Qualitätssicherung „Eine Ausbildungsstärkung im Leitstellenbereich und eine Qualitätssicherung sind dringend empfohlen“, betont Michael Sacherer, Präsident der Ärztekammer Steiermark. „Außerdem fordern wir eine Ankoppelung von Schwerpunkt-Stützpunkten an bestehende Krankenanstalten-Strukturen, wo auch die notwendigen Personalressourcen vorhanden sind. Wo dies nicht der Fall ist, sollte die Gesundheitsversorgungs-GmbH GVG die Einsatzdisposition für 1450 und das Notfallsystem übernehmen.“ Notärzt:innen gewährleisten eine flächendeckende und rasche medizinische Notfallversorgung in der Steiermark. „Gute Leistung kostet eben auch gutes Geld“, kommentiert Sacherer den Verweis des Landesrechnungshofes auf die gestiegenen Kosten im Rettungsdienstwesen. Die Struktur müsse sicherstellen, dass die benötigten Notärzt:innen auch weiterhin ausgebildet werden. „Patient:innen müssen den ,Best Point of Care‘ erreichen, um versorgt zu werden. Und das ist in vielen Fällen die Haus- oder Bereitschaftsdienstärztin/der Haus- oder Bereitschaftsdienstarzt.“ Michael Sacherer, Präsident Ärztekammer Steiermark „Wir fordern eine Kompetenzsteigerung im Leitstellenbereich. Die Dispositionsprozesse müssen effektiver und effizienter werden.“ Paul Zajic, Referent für Notfall- und Rettungsdienste

14 ÆRZTE Steiermark || 02|2025 DROGENBERICHT Foto: Michael Adomeit, envato / towfiqu98 Illegale Drogen und ihre Auswirkungen auf Gesellschaft, Gesundheit und Rechtssystem – seit Kurzem liegt der Bericht zur Drogensituation in Österreich vor. Michael Adomeit, Co-Referent für Suchtmedizin, über die Situation in der Steiermark und die aktuellen Herausforderungen. Drogen: Besorgniserregend trotz stabiler Lage Die wichtigsten Fakten aus dem aktuellen Drogenbericht zur Situation in Österreich: Insgesamt zeigt der Bericht eine stabile, aber besorgniserregende Lage mit neuen Herausforderungen durch Mehrfachkonsum und den steigenden Einfluss synthetischer Substanzen. Ein Bild, das auch die Situation in der Steiermark widerspiegelt, so Michael Adomeit, Co-Referent für Suchtmedizin und Obmann der WAVM, welche die Trägerschaft der Interdisziplinären Kontakt- und Anlaufstelle (I.K.A.) innehat. So befinden sich im Vergleich zum Vorjahr knapp 120 Patient:innen mehr in einer Opioidagonisten-Therapie (OAT) und aus seiner Sicht stellen vor allem chemische Drogen, die den Markt über- • Cannabis bleibt die häufigste illegale Droge, insbesondere bei Jugendlichen (30-40 % Lebenszeitprävalenz). • Darüber hinaus werden Stimulanzien wie Kokain, Ecstasy und Amphetamine zunehmend konsumiert (5-6 %). • Der risikoreiche Konsum betrifft vorrangig Opioide, mit geschätzten 36.000 bis 39.000 Betroffenen, vor allem in Wien. • Besorgniserregend ist laut Drogenbericht der Anstieg von Mehrfachkonsum, insbesondere bei Jugendlichen. • Neben einem Anstieg der drogenbedingten Todesfälle (genaue Zahl lag bei Veröffentlichung des Berichts noch nicht vor) ist vor allem die Verbreitung von Hepatitis C unter intravenös Konsumierenden problematisch. • 2023 befanden sich rund 27.300 Personen in Behandlung, meist wegen Opioid- oder Cannabiskonsums. Kokain gewinnt an Bedeutung, sowohl in Konsum als auch im Handel. „Die Betreuung von Suchtpatient:innen ist äußerst komplex.“ Michael Adomeit ist Obmann der Wissenschaftlichen Akademie für Vorsorgemedizin und hat in dieser Funktion auch die I.K.A. – die interdisziplinäre Kontakt- und Anlaufstelle – unter seinen Fittichen, die medizinische und psychosoziale Suchtkrankenversorgung anbietet.

ÆRZTE Steiermark || 02|2025 15 DROGENBERICHT fluten, aber auch der Preisverfall bei Kokain besorgniserregende Entwicklungen dar. „Jedoch sollten wir generell allen Substanzen, die abhängig machen, unsere Aufmerksamkeit schenken. Die einfache Beschaffung ist hier durchaus problematisch zu sehen. Das gilt auch für die Dose Bier, die man heute aus jedem Automatenshop drücken kann“, moniert Adomeit. Prävention und Früherkennung Damit stellt sich auch gleich die Frage, welche Präventions- und Früherkennungsmaßnahmen sinnvoll bzw. bewährt sind und worauf vielleicht noch ein stärkerer Fokus zu setzen wäre. Adomeit betont hier die Bedeutung der Prävention und der Aufklärung der Eltern. „Vor allem muss man ansetzen, bevor der Konsum beginnt. Und Eltern müssen ein Auge auf den Umgang der Kinder und Jugendlichen haben.“ „Denn gerade das jugendliche Gehirn, das noch nicht völlig ausgereift ist, ist immer potenziell gefährdet“, so Adomeit, „und das müssen wir Ärztinnen und Ärzte den Eltern auch in aller Deutlichkeit nahebringen.“ So kann etwa auch ein Einmalkonsum bereits schwerwiegende Folgen haben, abhängig von den Umständen der Erstkonsumation. „Daher ist es sehr wichtig, dass wir als Ärztinnen und Ärzte auch die Eltern klar und verständlich aufklären“. Was Cannabis betrifft, stellt Adomeit fest: „Sehr viele Jugendliche probieren es aus - Gott sei Dank ist das nur bei einem sehr geringen Prozentsatz der Start einer Suchtkarriere. Abhängig ist dies unter anderem davon, ob die Jugendlichen z. B. sozial gefestigt sind. Das Gefährliche bei Jugendlichen ist aber immer, dass die Hirnentwicklung noch nicht abgeschlossen ist.“ Weshalb auch auf die psychosoziale Komponente ein stärkeres Augenmerk gelegt werden sollte. „Generell gilt: Man sollte auf jede Sucht und jede Abhängigkeit Augenmerk legen und entsprechend präventive Maßnahmen setzen“, so Adomeit, wird doch die Suchtproblematik „legaler „Von den rund 400 Patient:innen, die von der I.K.A. betreut werden, befinden sich nahezu 90 % in einer gesicherten Wohnsituation und mehr als ein Drittel geht einer regelmäßigen Beschäftigung nach.“ Klient:innen 2023: Veränderung der Erwerbstätigkeit N=389 Quelle: Wissenschaftliche Akademie für Vorsorgemedizin WAVM Jahresbericht 2023

DROGENBERICHT 16 ÆRZTE Steiermark || 02|2025 Foto: envato / Prostock-studio Drogen“ gerade in Österreich grosso modo verharmlost. Gleichzeitig ist jede Entzugs- bzw. Begleittherapie ebenso aufwendig für die Betroffenen und ihre Angehörigen wie teuer für die Allgemeinheit. Aktuelle Herausforderungen Doch was sind die Herausforderungen in der medizinischen Versorgung von Patient:innen mit risikoreichem Drogenkonsum? „Die Betreuung von Suchtpatient:innen ist äußerst komplex“, weiß Michael Adomeit. Weshalb es eines multimodalen Therapiekonzepts bedarf, um nachhaltige Erfolge zu erzielen. Die biopsycho-soziale Behandlung liefert daher auch die besten Therapieergebnisse. Neben der Suchterkrankung gilt es schließlich zahlreiche Begleiterscheinungen zu behandeln. Die Langzeitfolgen sind bei häufig konsumierten Substanzen, wie z. B. Kokain, vor allem aber bei Opioiden, sehr umfassend und reichen von infektiösen Erkrankungen und chronischen Wunden über Zahnprobleme und das große Feld der internistischen Krankheiten bis zu sozialpsychiatrischen Erkrankungen und problematischen Wohnverhältnissen oder persönliche Krisen, die auch auf die Sucht verstärkt einwirken. Und: Ein Großteil der Suchtpatient:innen hat nicht nur die Diagnose der Suchterkrankung, sondern eine psychiatrische Doppeldiagnose. Effektiver Ansatz Wie der Jahresbericht 2024 der I.K.A. zeigt, führt deren interdisziplinärer Ansatz im Hinblick auf diese Kriterien zu erfreulichen Ergebnissen. „Von den rund 400 Patient:innen, die von der I.K.A. betreut werden, befinden sich nahezu 90 % in einer gesicherten Wohnsituation und mehr als ein Drittel geht einer regelmäßigen Beschäftigung nach“, betont Adomeit. Die I.K.A. arbeitet multi- und interdisziplinär - mit einem Team aus Allgemeinmediziner:innen, Psychiater:innen, klinischen Psycholog:innen, Sozialarbeiter:innen und diplomierten Pflegepersonen. Die Einrichtung wird über eine Regelfinanzierung in Zusammenarbeit mit Land und Stadt ermöglicht und ist für Suchterkrankte unterschwellig und kostenfrei nutzbar. Nach dem Erstgespräch folgt eine ausführliche Anamnese, um zu sehen, ob der/ die Patient:in in die Indikation für eine Substitutionsbehandlung fällt. Gemessen wird der Erfolg einer Substitutionstherapie an verschiedenen Größen. Denn neben der Suchtbehandlung geht es insbesondere um „harm reduction“ und ein möglichst hohes Maß an Stabilität zu erreichen. Dieses zeigt sich neben einer gut eingestellten Substitutionstherapie in gesicherten Wohnverhältnissen und einer gesellschaftlichen Eingliederung durch (Wieder-)Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Betreuung in Pflegeeinrichtungen „Durch die interdisziplinäre und multidisziplinäre Behandlung in der Substitution, die durch zahlreiche Begleitbehandlungen mittlerweile zu einer Erhöhung der Lebenserwartung führt, kommen jedoch auch neue Herausforderungen auf uns zu“, gibt Adomeit zu bedenken. Erste Patient:innen sind in Pflegeeinrichtungen aufgenommen. Es geht nun darum, diese in den entsprechenden Einrichtungen weiter gut betreuen zu können und auch gerontologisch zu behandeln. Allgemeinmediziner:innen fehlen Zwar altern Menschen mit Drogenabhängigkeiten schneller, dennoch gibt es zu wenig Betreuungsangebote, zumal diese Patient:innen auch in ihrer alltäglichen Mobilität eingeschränkt sind. Ein bedeutendes Problem Konsummuster von Personen, die im Jahr 2023 eine Behandlung wegen Drogenabhängigkeit begonnen haben (Schätzung) Quelle: Busch, Martin; Anzenberger, Judith; Brotherhood, Angelina; Klein,Charlotte; Priebe, Birgit; Schmutterer, Irene; Schwarz, Tanja (2024): Bericht zur Drogensituation2024. Gesundheit Österreich, Wien

DROGENBERICHT ÆRZTE Steiermark || 02|2025 17 besteht darin, dass bislang die I.K.A. keine Hausbesuche anbieten kann, weil diese Leis- tung durch die ÖGK nicht abgedeckt wird. Derzeit laufen Verhandlungen, diese unverzichtbaren Leistungen auf Hausbesuche auszuweiten, so Adomeit. Zusätzlich gebe es generell zu wenige Allgemeinmediziner:innen, die Substitution betreiben. Die Herausforderung ist natürlich groß: Letztlich handelt es sich um sehr komplexe Patient:innen mit Persönlichkeitsthemen, die mitunter auch im alltäglichen Ordinationsbetrieb schwierig einzugliedern sind. Andererseits ist gerade die medizinische Betreuung dieser Zielgruppe sehr motivierend: „Wenn man einem jungen oder jüngeren Menschen wieder auf die Beine hilft – und das sehen wir in der I.K.A. oft genug – gehört das zu den wirklich schönen Behandlungserfolgen“, so Adomeit. Eine wesentliche Rolle in der Betreuung der OAT-Patient:innen spielen die niedergelassenen Ärzt:innen. Der Bedarf an weiteren Ärzt:innen ist gegeben. „Leider“, so Adomeit, „wird jedoch die sehr zeitaufwendige Betreuung seitens der ÖGK zu wenig wertschätzend abgegolten“ – oft ein Grund, warum sich Ärzt:innen gegen die Betreuung von Suchtpatient:innen entscheiden, denn das Interesse wäre durchaus vorhanden. Obwohl sich sehr viele Kolleg:innen im Bereich der Substitutionstherapie qualifizieren und eine Aufnahme in die LISA-Liste beantragen könnten, gibt es neben den wirtschaftlichen Überlegungen aber auch durchaus Berührungsängste mit Randgruppen zu arbeiten. Appell an Ärzte/Ärztinnen Auch vor der I.K.A. macht der Ärztemangel nicht Halt. In ihrer unterstützenden Funktion für niedergelassene Ärzt:innen im Krankheitsfall oder bei Urlaubsunterbrechungen sind die Kapazitäten der I.K.A. unerlässlich. „Wer also Lust hat zu hospitieren – ob Ärztin/Arzt, Student:in, Klinische:r Psycholog:in oder in Ausbildung zur/zum Psychotherapeut:in – ist herzlich willkommen. Die I.K.A. ist eine gute, sichere und absolut familienfreundliche Dienstgeberin“, appelliert Adomeit. Wichtig wäre auch die Möglichkeit der Verrechenbarkeit einer Psychotherapie über die Sozialversicherungen. Suchthilfeeinrichtungen sind aber bis dato von den psychotherapeutischen Kontingenten ausgenommen. „Durch die gute interdisziplinäre Behandlung in der Substitution, die durch zahlreiche Begleitbehandlungen mittlerweile zu einer Erhöhung der Lebenserwartung führt, kommen jedoch auch neue Herausforderungen auf uns zu.“ Veränderung der Wohnsituation der Klient:innen Quelle: Wissenschaftliche Akademie für Vorsorgemedizin WAVM Jahresbericht 2023

18 ÆRZTE Steiermark || 02|2025 ARZT IM BESONDEREN DIENST Fotos: Philipp Hofer Am Anfang war das Eis. Seine Karriere begann der Steirer Philipp Hofer nicht im weißen Kittel sondern im Bunker in Liebenau. „Ich habe meine gesamte Jugend in Graz Eishockey gespielt, bin mit 16 Jahren in die Bundesliga gekommen und war 6 Jahre lang Profi, beim EC Graz, beim EHC Graz und dann bei den Graz 99ers. Außerdem stand ich bei U18- und U20-Weltmeisterschaften auf dem Eis“, erzählt er. Die Herausforderungen des Leistungssports kennt er also aus erster Hand. Und nicht nur Eishockey stand bereits auf seiner sportliche Agenda: Hofer nahm zwei Mal an der Extremsportveranstaltung „Red Bull Crashed Ice“ teil, bei der man auf Eislaufschuhen über eine künstlich angelegten Eispiste mit Steilkurven und Sprüngen fährt. Eine Ironman-Teilnahme und zwei Jahre mit den „Styrian Longhorns“ im American Football in der Bundesliga runden seinen reichen Erfahrungsschatz ab. Sportmedizin in Praxis und Nationalteam Nach seinem Medizinstudium spezialisierte sich Hofer auf Sportmedizin. Dafür absolvierte er das ÖAK-Diplom sowie das Zertifikat der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS). Derzeit steht der Unfallchirurg, der auch auf Knieverletzungen spezialisiert ist, kurz vor dem Abschluss des MSc für Sportmedizin an der Donau-Universität Krems. Als Klinikarzt im UKH Graz ist er zudem Teil einer langen Tradition: Viele Ärzt:innen des Hauses engagieren sich als Teamärzt:innen in verschiedenen Sportarten. Hofer liegt vor allem der Nachwuchs am Herzen. So ist der Arzt für die Eishockeyakademie Steiermark, die Handball- und die Volleyballakademien laufend mit Themen rund um Prävention, kleinere und größere Verletzungen, Überlastungen aber auch wachstumsbedingte Probleme und Nachbehandlung beschäftigt. Darüber hinaus ist er mit dem österreichischen Eishockey-Nationalteam sowie im Bereich Fußball mit dem ÖFB-U18Team unterwegs und sorgt für die medizinische Betreuung der Spieler bei Turnieren und Trainingscamps. „Highlights waren für mich auf jeden Fall das erste Spiel als Teamarzt mit dem Eishockey-Nationalteam gegen Deutschland und das Spiel 2024 in Wien gegen Kanada mit all den NHLStars“, erzählt der Arzt und natürlich trifft er dabei auch „alte Bekannte“, also ehemalige Teamkollegen oder Gegenspieler auf dem Eis, die heute etwa als Assistant Coach auf der Spielerbank sitzen. Der Traum von den olympischen Spielen ... Ein Leben für den Sport – und die Medizin. Philipp Hofer hat den Weg vom Profisportler zum Teamarzt mit Leidenschaft eingeschlagen. Seine Entscheidungen haben oft unmittelbaren Einfluss auf die Taktik der Trainer und das Spiel. Im Behandlungsraum beim Camp des ÖFB-U18-Nationalteams Mit dem österreichischen Eishockeyspieler Dominique Heinrich bei seinem 100. Länderspiel in Lettland 2024.

ÆRZTE Steiermark || 02|2025 19 ARZT IM BESONDEREN DIENST Zwischen Medizin und Mannschaftsgeist Der Spruch, der bereits beim Nachwuchs im Eishockey gilt: „Geheult wird erst, wenn es stark blutet oder komisch absteht“, der kommt so ähnlich auch bei den Erwachsenen im Profisport zum Tragen. „Wenn nicht gerade etwas, überspitzt gesagt, vollkommen komisch absteht, will der Sportler natürlich weiterspielen. Da ist es wichtig, dass die Vertrauensbasis zwischen Teamarzt und Spielern stimmt. Das beste Beispiel ist die Gehirnerschütterung, die ist nicht sichtbar oder spürbar, deshalb muss der Spieler dem Arzt vertrauen, wenn der sagt, dass er jetzt nicht mehr gefahrlos weiterspielen kann“, beschreibt Hofer. Gleiches gilt für das Verhältnis zum Trainer: „Als Teamarzt bist du Teil des Teams. Therapievorschläge werden auch gemeinsam mit den Physiotherapeuten erarbeitet. Mit dem Trainer bist du in enger Abstimmung. Der muss wissen, ob du den Spieler z.B. in der Drittelpause wieder fit bekommst oder nicht. Da sind schnelle Entscheidungen und Einschätzungen gefragt, denn das hat natürlich Auswirkungen auf die weitere Strategie und Taktik im Spiel.“ Neben seiner Tätigkeit im UKH Graz betreibt der Arzt übrigens mit dem Sportmedicum eine Privatordination in Graz im Privatklinikum Hansa sowie eine weitere Anlaufstelle für Sportler:innen im Brauquartier. Und der Traum von den olympischen Spielen? „Ich wollte natürlich immer als Sportler zu den olympischen Spielen kommen, das habe ich leider nicht geschafft, aber als Teamarzt kann es ja noch klappen – das hängt von den Sportlern ab“, schmunzelt Hofer. Österreichisches A Herren-Nationalteam in Graz 2024 – v.l.n.r. Teamchef Roger Bader, #17 Manuel Ganahl und Teamarzt Philipp Hofer Mit Cheftrainer Filip Jícha (THW Kiel). Der Welthandballer 2010, zigfache Meister und Champions-League-Sieger als Spieler und Trainer im Handball bedankt sich beim Trainingslager von THW Kiel in Graz 2024 für die Betreuung Deutschland Cup 2022 mit Assistant Coach Philipp Lukas – einst Zimmerkollege von Hofer im U20-Nationalteam und jetziger Head Coach der Black Wings Linz

20 ÆRZTE Steiermark || 02|2025 KÜNSTLICHE INTELLIGENZ Foto: Furgler GERHARD WIRNSBERGER Gesundheitsdaten als Ressource der personalisierten Medizin Daten bilden die essenzielle Grundlage der personalisierten Medizin. Elektronische Gesundheitsakten, genomische Sequenzierungsdaten sowie durch tragbare Sensoren erhobene physiologische Parameter generieren eine beispiellose Informationsdichte. Diese ist jedoch oft fragmentiert und nicht standardisiert. Moderne KI-gestützte Algorithmen können komplexe Muster in diesen heterogenen Datenmengen identifizieren und auf dieser Basis individualisierte Therapieempfehlungen ableiten. Die Nutzung dieser Daten unterliegt jedoch nicht nur technischen, sondern auch regulatorischen und ethischen Herausforderungen. Datenschutz sowie Interoperabilität elektronischer Systeme stellen entscheidende Faktoren dar, um das Potenzial dieser Technologien vollständig zu erschließen. CAR-T-Zell-Therapie eine neue Wunderwaffe? Die Immuntherapie mittels chimärer AntigenrezeptorT-Zellen (CAR-T-Zellen) repräsentiert einen der vielversprechendsten Fortschritte in der modernen Onkologie. Hierbei werden patienteneigene T-Zellen genetisch modifiziert, um eine gezielte Zerstörung maligner Zellen zu ermöglichen. Klinische Studien zeigen insbesondere bei bestimmten Formen von Leukämien und Lymphomen vielversprechende Ergebnisse. Jedoch sind sowohl die hohen Behandlungskosten als auch potenzielle Nebenwirkungen wie das Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) Herausforderungen, die einer weiteren Optimierung bedürfen. Gegenwärtige Forschungsarbeiten fokussieren sich darauf, die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Therapie weiter zu verbessern sowie deren Indikationsspektrum zu erweitern. KI-gestützte Medizin: Wie ChatGPT & Co die klinische Praxis verändern Sprachbasierte KI-Modelle wie ChatGPT und vergleichbare Systeme bieten das Potenzial, medizinische Prozesse effizienter zu gestalten. Neben der Unterstützung von Klinikern bei der Differenzialdiagnostik können sie zur Analyse medizinischer Fachliteratur sowie zur Beantwortung patientenspezifischer Anfragen beitragen. Allerdings bestehen Limitationen hinsichtlich der Validität und Transparenz dieser Modelle. Kritiker weisen auf die Gefahr von Fehlinformationen sowie das Fehlen standardisierter Die Zukunft beginnt heute: Personalisierte Medizin & KI Die medizinische Versorgung steht vor einer Revolution: Die Kombination personalisierter Medizin mit Künstlicher Intelligenz (KI) verspricht nicht nur eine präzisere Diagnostik, sondern auch eine individualisierte Therapiegestaltung sowie eine effizientere Gesundheitsversorgung. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wirnsberger, Fortbildungsreferent der Ärztekammer für Steiermark

ÆRZTE Steiermark || 02|2025 21 KÜNSTLICHE INTELLIGENZ Illu: DALL-E Validierungsmechanismen hin. Dennoch deuten erste Anwendungsbeispiele darauf hin, dass KI-Systeme administrative Prozesse im klinischen Alltag erheblich entlasten können. Eine erfolgreiche Integration erfordert jedoch klare regulatorische Rahmenbedingungen sowie eine kontinuierliche Qualitätssicherung. Maßgeschneiderte Ernährungskonzepte: Schlüssel zur Prävention chronischer Erkrankungen? Die personalisierte Ernährung basiert auf der Erkenntnis, dass individuelle genetische Faktoren, das Darmmikrobiom und der Lebensstil entscheidenden Einfluss auf den Stoffwechsel und die Krankheitsprädisposition haben. Studien konnten bereits belegen, dass eine individualisierte Ernährungsstrategie zur Prävention metabolischer Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 oder kardiovaskulärer Erkrankungen beitragen kann. Mithilfe von KI-gestützten Analysen können personalisierte Ernährungspläne erstellt werden, die auf umfangreichen Datenanalysen beruhen. Die Herausforderung besteht jedoch darin, diese wissenschaftlichen Erkenntnisse alltagstauglich und praktikabel umzusetzen. KI in der Demenzprävention: Von digitalen Biomarkern zu personalisierten Lifestyle-Interventionen Demenz stellt eine der bedeutendsten gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar. KI-basierte Methoden können dazu beitragen, neurodegenerative Prozesse frühzeitig zu detektieren und personalisierte Präventionsstrategien zu entwickeln. Die Analyse digitaler Biomarker, darunter Sprachmuster, Bewegungsdaten und Schlafverhalten, ermöglicht eine frühzeitige Risikoabschätzung. Auf dieser Basis können gezielte Interventionen, wie kognitive Stimulation, Ernährungsanpassungen oder Bewegungsprogramme, individualisiert optimiert werden. Die Implementierung dieser Strategien erfordert jedoch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Medizin, Informatik und Ethik. Personalisierte Medizin und KI als Eckpfeiler der Zukunft Die personalisierte Medizin und KI versprechen eine medizinische Versorgung, die präziser und effektiver ist als je zuvor. Trotz der großen Fortschritte bestehen weiterhin Herausforderungen im Bereich der Datensicherheit, ethischen Verantwortung und finanziellen Zugänglichkeit. Doch eines ist sicher: Die „Zukunft der Medizin“ hat bereits begonnen ... – und sie ist personalisiert. Abendsymposium Die Zukunft beginnt heute: Personalisierte Medizin & KI Mittwoch, 26. März 2025, 19 Uhr, Steiermarkhof Graz Beim diesjährigen Abendsymposium im Rahmen der „Seminare im März“ sprechen hochkarätige Experten, wie Niki Popper, zu diesem Thema. Kostenfreie Teilnahme – Anmeldung erforderlich. Details und Online-Anmeldung unter www.med.or.at/zukunft „Sprachbasierte KI-Modelle wie ChatGPT und vergleichbare Systeme bieten das Potenzial, medizinische Prozesse effizienter zu gestalten.“

22 ÆRZTE Steiermark || 02|2025 RECHT STEFAN KALTENBECK DANIEL HEITZMAN Nach dem oft zitierten Ausspruch „Wo gehobelt wird, fallen Späne“ ist es jedoch im fordernden und verantwortungsvollen Arztberuf nicht gänzlich vermeidbar, dass unzufriedene Patient:innen einen durch die Behandlung entstandenen Schaden behaupten. Wenn man einmal damit konfrontiert ist, sollte man vorbereitet sein, um die Situation mit dem bestmöglichen Ergebnis und dem geringstmöglichen Stress zu bewältigen. Die wichtigsten Punkte dazu in unserer „Anleitung“ für den Haftungsfall. „Prophylaxe“ durch Aufklärung und Dokumentation Optimalerweise sollte bereits die tägliche ärztliche Arbeit so ausgestaltet werden, dass es möglichst gar nicht zu Haftungsfällen kommt. Neben der – ohnehin selbstverständlichen – korrekten medizinischen Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst sollte dabei vor allem auf die richtige Aufklärung und Dokumentation geachtet werden. Insbesondere das Aufklärungsgespräch ist eine Gelegenheit, das Vertrauen der Patient:innen zu gewinnen und deren Erwartungshaltung für die Behandlung in realistische Bahnen zu lenken. Die Praxis zeigt, dass viele rechtliche Auseinandersetzungen zwischen Patient:innen und Ärzt:innen dadurch entstehen, dass sich erstere „nicht gehört fühlen“ oder falsche Erwartungen an die Ergebnisse der Behandlung haben, was mit einem korrekt und effizient geführten Aufklärungsgespräch vermieden werden kann. Eine korrekte Dokumentation ist deshalb relevant, da durch sie der Nachweis darüber gelingen kann, dass Aufklärung und Behandlung korrekt durchgeführt wurden. Auch wenn der „Papierkram“ von den meisten Ärzt:innen als eher lästiges Übel empfunden wird, sollte die Dokumentation aus diesem Grund ernst genommen werden und in gedrängter übersichtlicher Weise, aber dennoch vollständig erfolgen. Rechtsberater kontaktieren Wenn man mit einem Haftungsfall konfrontiert wird – was üblicherweise durch ein Schreiben der Rechtsanwältin/des Rechtsanwalts der Patientin bzw. des Patienten oder der Schlichtungsstelle passiert – sollte im ersten Schritt rechtliche Beratung dazu eingeholt werden, was im konkreten Fall zu tun ist und welche Strategie eingeschlagen werden soll. Dazu sollte eine/ein auf Arzthaftungsrecht spezialisierte/r Rechtsanwältin/Rechtsanwalt kontaktiert werden; diese Kosten werden im Normalfall von der ärztlichen Haftpflichtversicherung übernommen. Die nächsten Schritte werden sodann mit Unterstützung der/des Rechtsberater:in vorgenommen. Keinesfalls kann empfohlen werden, unmittelbar an die Patient:innen heranzutreten und in einer ersten Emotion Aussagen oder Zusagen zu treffen. Solche können leicht falsch verstanden werden und in einem späteren Gerichtsverfahren womöglich negative Auswirkungen haben. Haftpflichtversicherung verständigen Zeitgleich mit der Inanspruchnahme einer Rechtsberatung muss unbedingt die ärztliche Haftpflichtversicherung über den möglichen Haftungsfall informiert werden. Dies ist deshalb wesentlich, damit keine Verpflichtungen gegenüber der Versicherung verletzt werden (sogenannte Obliegenheiten). Insbesondere ist der Haftungsfall der Versicherung unverzüglich anzuzeigen und ist die Ärztin/der Arzt dazu verpflichtet, Anleitung für den Haftungsfall Ein Haftungsfall – das ist etwas, von dem jede Ärztin und jeder Arzt hofft, dass es sie/ihn nie betrifft. Doch was gilt es, in einer solchen Situation zu tun? Wie reagiert man richtig? Die wesentlichen Punkte zusammengefasst.

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