Ærzte
Steiermark
|| 10|2014
7
Niemand im Gesundheitssystem ist eine Insel.
Und so gehört es zum Mantra der Spitalspolitik,
dass dort nur positive Veränderungen möglich
sind, wenn auch im extramuralen Bereich posi-
tive Veränderungen stattfinden.
Die hat es in den letzten Jahren zwar an manchen
Stellen gegeben, aber in grundlegenden Fragen
tut sich wenig. Im Gegenteil: Der immer größe-
ren Zahl von Patientinnen und Patienten steht
eine stagnierende Zahl von Kassenärztinnen und
-ärzten gegenüber. Der Leistungskatalog ist seit
Jahrzehnten praktisch unverändert. Darin sind
obsolete Leistungen aufgelistet, die niemand be-
nötigt, und es fehlen notwendige Leistungen.
Dass auch immer mehr Wahlärztinnen und
Wahlärzte „versorgungsrelevant“ sind, wird
ignoriert. Kaum mehr als 13 Prozent des GKK-
Budgets machen die Ausgaben für kassenärzt-
liche Leistungen mittlerweile aus. Der Abschluss
des Projektes Gruppenpraxisvertrag wird Jahr für
Jahr hinausgeschoben. Die bessere Versorgung
von Patienten in Pflegeheimen hängt in der Luft.
Als Ärztevertretung können wir uns mit der
Honorarautomatik begnügen, die ja immerhin
über der Inflationsrate liegt. Aber die lineare An-
hebung der Tarife auf bestehende Leistungen ist
kein sinnvoller Beitrag zu einer Erneuerung der
Gesundheitsversorgung.
Wir haben gegenüber der GKK jedenfalls klar
signalisiert, dass wir dazu bereit und willens
sind, gemeinsam Impulse zu setzen, die eine
Verbesserung für die Patientinnen und Patienten
bringen. Dazu braucht es aber auch den Willen
der Gebietskrankenkasse, Reformen gemeinsam
anzugehen und sie nicht mit Spezialfragen zu
junktimieren. So entsteht nur eine Blockade, die
niemandem hilft.
Vizepräsident Dr. Jörg Garzarolli
ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte.
Der „Ärztemangel“ ist kein Naturereignis, und er ist auch kein
Mangel: Wir erleben eine Ärzteflucht. Aus den Spitälern in
Wahlarztpraxen. Aus der Steiermark in andere Bundesländer,
aus Österreich ins Ausland. Diese Ärzteflucht ist das Ergebnis
eines jahrelangen Wegschauens, einer Verweigerung, die Pro-
bleme anzuerkennen.
Diese Ignoranz gibt es nicht mehr. Eine Reform des Dienstrechts
für Ärztinnen und Ärzte in den LKH‘s ist auf Schiene. Ein No-
vum ist, dass wir es geschafft haben, ohne große Geplänkel in
eine Phase der zwar harten – aber gleichzeitig konstruktiven –
Verhandlungen zu kommen.
In allernächster Zeit sollte es mög-
lich sein, detaillierte Ergebnisse zu
präsentieren, die dann gerade noch
rechtzeitig mit dem Inkrafttreten
des neuen Krankenanstaltenarbeits-
zeitgesetzes wirksam werden. Damit
werden wir die Ärztinnen und Ärzte,
die das Land und den Beruf bereits
verlassen haben, nicht mehr zurückholen. Aber es muss gelingen,
die Ärzteflucht der letzten Jahre nachhaltig zu stoppen.
Damit wird es hoffentlich wieder möglich werden, die vorgese-
henen Planstellen tatsächlich zu besetzen und auch einem mode-
raten Mehrbedarf Rechnung zu tragen. Erträgliche Arbeitszeiten,
faire Gehälter und ein wertschätzendes Arbeitsklima sind die
Säulen, die das System Spital tragen. Die Baupläne sind soweit
fertig, aber es liegt natürlich am Dienstgeber (aber auch an allen
Vorgesetzten), dass es nun auch glaubwürdig gelebt wird.
Was an dieser Stelle auch gesagt werden muss: Strukturelle
Reformen, die medizinisch und wirtschaftlich sinnvoll sind,
brauchen die Mitwirkung loyaler und motivierter Mitarbeiter
innen und Mitarbeiter. Das Motivationsprogramm, das nun
beschlossen wurde, ist eine gute Grundlage dafür. Aber in den
letzten Jahren wurde sehr Porzellan zerschlagen. Das Vertrauen
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist gering, die Vorsicht ist
groß. Weitere Enttäuschungen werden sie nicht wegstecken.
Das wurde erkannt. Für die nächsten Jahre darf es aber nicht
wieder vergessen werden.
Dr. Herwig Lindner ist Präsident der
Ärztekammer Steiermark.
extra
Weiterer Kurienbericht ab Seite 40.
Jörg Garzarolli
Bereit zur Reformen –
es geht nur gemeinsam
debatte
Fotos: Ärztekammer Steiermark/Schiffer, beigestellt, Grafik: Mirko Maric´
Standortbestimmung
Herwig Lindner
Chance auf eine Reform
mit nachhaltiger Wirkung
t