Der ganz normale Praxiswahnsinn
Aus diesem Grund ist auch die Aktion Saubere Hän-
de ein äußerst sinnvolles Projekt, an dem sich nun
auch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte beteiligen
können.
Weltweit sterben jährlich rund 16 Millionen Men-
schen an nosokomialen Infektionen; europaweit
sterben von 4,1 Millionen Erkrankten rund 37.000.
Die Aktion Saubere Hände ist ursprünglich eine na-
tionale Kampagne aus Deutschland und Bestandteil
einer WHO-Aktion zur Patientensicherheit. Seit 2011
wird sie auch in der Steiermark unter der Schirm-
herrschaft des Gesundheitsfonds umgesetzt. Aktuell
beteiligen sich 30 steirische Krankenanstalten, 13
steirische Pflegeheime und eine ambulante Ein-
richtung an der Kampagne und leisten damit einen
wichtigen Beitrag zur Patientensicherheit.
Auch Ordinationen und Gruppenpraxen können
nun ohne großen Aufwand an der Aktion Saubere
Hände teilnehmen, denn einen Großteil der Voraus-
setzungen erfüllen sie bereits aufgrund der derzeit
geltenden Hygienevorschriften. Neben der Ausstat-
tung der Ordination mit Händedesinfektionsmittelt
sind gezielte Schulungen des Personals durchzufüh-
ren. Beides sieht die Hygiene-VO schon vor. Ordina-
tionen und Gruppenpraxen erfüllen diese Voraus-
setzungen für die Teilnahme an der Kampagne also
bereits. Im Rahmen der Aktion wird zudem die Aus-
stattung mit Desinfektionsmittelspendern optimiert,
um unnötige Wege möglichst zu vermeiden und der
Verbrauch von Desinfektionsmittel wird erfasst.
Jede Praxis kann kostenfrei als teilnehmende Ein-
richtung bei der Aktion Saubere Hände angemeldet
werden. Voraussetzung für die Teilnahme sind ein
Internet-Zugang und eine aktive E-Mail-Adresse.
Ein Mal pro Kalenderjahr ist rückwirkend für das
Vorjahr zu melden, wie hoch der Verbrauch von Hän-
dedesinfektionsmittel war. Die geforderten Angaben
zur Praxis (Zuordnung invasive oder nicht-invasive
Einrichtung, Ist-Ausstattung der Praxis mit Hände-
desinfektionsmittel-Spendern, Verbrauch Händedes-
infektionsmittel in Litern, Anzahl der Behandlungs-
Mit diesem Slogan
wird für den Inter
nationalen Tag der Händehygiene der
WHO am 5. Mai geworben. Gerade für
ÄrztInnen ist die fachgerechte Hände
hygiene unabdingbar und trägt effektiv
dazu bei, die Ausbreitung von Infekti
onen zu vermeiden.
Hausärzte sind billig
Die Niedergelassenen müssen die Spitäler entlasten tönt es
von überall her. Und keiner findet das seltsam. Dabei im-
pliziert es, dass nur die Kollegen im Spital überlastet sind
und wir da draußen noch nicht genug arbeiten und zu viele
freie Valenzen haben und nur darauf warten, dass wir end-
lich noch mehr zu tun kriegen.
Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht. Aber ich persönlich
fühle mich nicht unterfordert mit dem, was ich so in meine
Arbeitstage stopfen muss.
Das Gute ist, dass wir Niedergelassenen selbstständig sind,
also dürfen wir arbeiten bis zum Umfallen, keiner zählt die
Sonntage, die Überstunden und kritisiert die Bedingungen
unter denen wir arbeiten. Deshalb sind wir auch nie über-
lastet.
Und wir entlasten ja bereits. Nach unbezahlten Verband-
wechseln, stundenlangem Rauspopeln von eingewachsenen
Nähten und Entfernen von Klammern – wofür uns von
der Kasse nicht einmal das Material zu Verfügung gestellt
wird, von einer Entschädigung für Zeit und Aufwand ganz
zu schweigen – haben im Moment geschenkte OP-Tauglich-
keiten Hochkonjunktur.
Heute habe ich schon vier EKGs dafür gemacht, drei andere
auf Psychiateranordnung warten noch. Der muss ja schließ-
lich wissen, wie das Herzerl tickt, bevor er das eine oder
andere Medikament verschreibt. Mach ich doch gern.
Aber: mein EKG hat 3.500 Euro gekostet von Programm
updates und Kosten für Kurse gar nicht zu reden. Und
dann sagt die Krankenkasse bei der Verrechnung einfach
njet. Wenn einer einen Infarkt hat, darf ich heiße 14 Euro
verlangen, ansonsten: Pech gehabt. Und die Patienten abzu-
weisen, die mir sagen: „Ich will deshalb nicht zu wem an-
deren, das können Sie ja schließlich auch“, bring ich nicht
übers Herz.
Ich bin kein Medizindiener zweiter Klasse, der nur dazu da
ist andere zu entlasten. Und wenn ich es zum Wohl meiner
Patienten doch tue, dann will ich auch dafür bezahlt wer-
den. Hausärztliche Versorgung ist wirtschaftlich am bil-
ligsten. Aber das kann ja wohl damit nicht gemeint sein!
Dr. Ulrike Stelzl ist niedergelassene Ärztin für Allgemein
medizin. Mehr von ihr gibt es im Buch „Hallo Doc!
Anekdoten aus der Sprechstunde“ (Goldegg Verlag 2014).
praktisch
täglich
Von Ulrike Stelzl
Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
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Ærzte
Steiermark
|| 05|2015
SAVE LIVES –