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ÆRZTE
Steiermark
|| 03|2017
Vorsorgliche Planung ist ja durchaus zu begrüßen.
Zumeist ist es ja eher das Problem, dass zu spät
und zu zögerlich gehandelt wird.
Das Krankenanstaltenarbeitszeitgesetz wird aber
offenbar als Möglichkeit missverstanden, Dienst-
zeitmodelle implementieren zu wollen, mit denen
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelrecht
überfahren werden sollen.
Dazu gibt es aber überhaupt keinen Grund. Denn
die Übergangsregelungen zum Krankenanstalten-
arbeitszeitgesetz mit der Opt-out-Möglichkeit bis
2021, der stufenweisen Einführung der durch-
schnittlichen Maximalwochenarbeitszeit von 48
Stunden und entsprechenden Durchrechnungs-
zeiträumen bietet gute Spielräume für die Gestal-
tung von Dienstplänen.
Natürlich, so locker wie vor 2015 ist es nicht mehr.
Man muss sich Gedanken machen, man muss sehr
genau planen. Aber das ist zumutbar. Und sollte
es sich trotzdem ab 2021 unter den bestehenden
Rahmenbedingungen an vereinzelten Hot Spots
nur schwer ausgehen, sind neue Modelle ja nicht
ausgeschlossen.
Aber – das sei in Erinnerung gerufen – dabei
braucht es die ausdrückliche Zustimmung der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch dafür
wurde in der Grundvereinbarung bereits ent-
sprechend Vorsorge getroffen. Es gilt: 60 Prozent
müssen nachweisbar und ausdrücklich eine Ver-
änderung wollen.
Diese Mitarbeitermitbestimmung ist zu respek-
tieren. Es braucht Überzeugung und gute Argu-
mente bzw. Antworten auf kritische Fragen. Es
wird auch Diskussionen geben.
Das ist ein längerer Prozess, der Zeit braucht.
Aber diese Zeit gibt es. Also: Niemand muss, soll
und darf ihn abzukürzen versuchen.
Vizepräsident Dr. Martin Wehrschütz
ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte.
INTRA
Weiterer Kurienbericht ab Seite 48.
Martin Wehrschütz
Genug Zeit für gute
Mitbestimmung
KONT A
Gerade in einem „postfaktischen Zeitalter“ ist es
wichtig, die Wissenslage zumindest nicht zu negieren.
Schmerzhaft, wenn dies mit Wunschdenken kollidiert –
so geschehen in puncto „Wine in moderation“.
Der Wissensstand über die gesundheitlichen Auswir-
kungen moderaten Alkoholkonsums ist heute besser
als zu Beginn der Kampagne der Weinindustrie, deren
Vorläufer in den frühen 1990ern starteten. Damals hatte
man erfolgreich begonnen, das sogenannte „French Pa-
radox“ – in Frankreich gäbe es nicht trotz, sondern we-
gen des hohen Weinkonsums weniger Herzinfarkte – als
Gesundheitsargument in Marketing und PR einzusetzen.
Bereits 2011 wurden die Ergebnisse einer Kohortenstu-
die mit mehr als 360.000 Teilnehmer/innen aus acht
europäischen Ländern veröffentlicht. Sie zeigen, dass
bereits ein geringer durchschnittlicher Alkoholkonsum
das individuelle Risiko, an Krebs (vorwiegend des obe-
ren Verdauungstrakts, Leberzirrhose, Brustkrebs und
Darmkrebs) zu erkranken, signifikant erhöht. (Schütze
et al. 2011): Alcohol attributable burden of incidence
of cancer in eight European countries based on results
from prospective cohort study. BMJ 342; 1584 f.). Nur
33.000 von 57.600 erkrankten Männern hatten einen
Durchschnittskonsum von mehr als 24 g täglich (Frauen:
17.400 von 21.500 mehr als 12 g).
Der aus früheren Studien bekannte positive Effekt von
moderatemWeinkonsum auf KHK-Risiken verschwand
fast vollständig, als notwendige Korrekturen der Roh-
daten vorgenommen wurden. Jene, die aus gesundheit-
lichen Gründen keinen Alkohol mehr konsumierten und
daher in Querschnittsstudien angaben, (fast) abstinent
zu leben, dürfen nicht mit moderaten WeintrinkerInnen
verglichen werden, denn sie haben allgemein erhöhte
Krankheitsrisiken. Dasselbe gilt für ehemalige Vieltrin-
ker/innen. Wenn überhaupt, vertragen nur gesunde
Menschen, die auch früher im Leben nicht viel Alkohol
tranken, regelmäßigen Alkoholkonsum in geringen
Mengen, ohne erhöhte Erkrankungsrisiken davonzutra-
gen. Das Achterl ist aber nicht der Grund für ihre gute
Gesundheit, vielmehr ihre generellen Lebens- und Ar-
beitsbedingungen, die für moderate Weintrinker/innen
überdurchschnittlich gut sind.
DSA Christoph Pammer, MPH, MA ist Gesundheits-
und Sozialwissenschafter sowie Sozialarbeiter.
Christoph Pammer
Wine in Condemnation