ÆRZTE
Steiermark
|| 03|2017
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Meine Tätigkeit in der Ärztekammer und als nie-
dergelassener Arzt für Allgemeinmedizin neigt
sich dem Ende zu. Das ist aber kein Grund für
Wehmut, es ist ein Anlass für Wünsche an meine
Nachfolgerinnen und Nachfolger.
Ich wünsche ihnen die Leidenschaft für den Be-
ruf und für die Vertretung der Kolleginnen und
Kollegen, die mich immer motiviert hat, auch in
harten Zeiten.
Ich wünsche ihnen die Fähigkeit, zwischen sach-
licher Kritik und persönlich motivierten Tief-
schlägen unterscheiden zu können, die Ersteren
konstruktiv anzunehmen und Zweitere gut weg-
stecken zu können.
Ich wünsche ihnen Visionen für die ärztliche Zu-
kunft und gleichzeitig einen wachen Sinn für das
realpolitisch Mögliche.
Wer nur Visionen hat (nein, nicht schon wieder
der Witz, dass derjenige einen Arzt braucht)
muss enttäuscht werden, wird sich immer nur
als Scheiternder erleben. Wer nur pragmatisch in
der Realpolitik lebt, wird Chancen der Weiter-
entwicklung versäumen. Es braucht die richtige
Mischung.
Natürlich wird die Zukunft der ärztlichen Arbeit
anders ausschauen als die Gegenwart. Das war
immer schon so, auch wenn es jugendliche Heiß-
sporne (das war ich übrigens auch) nicht wahrha-
ben wollen.
Aber es gibt Grundsätze, die (hoffentlich) nie in
Frage gestellt werden. Der Wichtigste: Maßstab
für unser ärztliches Tun soll immer unser ärzt-
liches Gewissen sein. Dazu braucht es die Freiheit,
diesem ärztlichen Gewissen folgen zu können –
ohne unzumutbare Selbstaufopferung. Denn wir
sind Ärzte, keine Märtyrer.
Vizepräsident Dr. Jörg Garzarolli
ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte.
EXTRA
Weiterer Kurienbericht ab Seite 52.
Jörg Garzarolli
Wünsche für eine
gute Zukunft
DEBATTE
STANDORTBESTIMMUNG
Herwig Lindner
In schwierigen Zeiten stark
und maßvoll im Miteinander
Mit großer Lust beobachtet die Öffentlichkeit Ärztekammer-
wahlen, insbesondere tun es die politischen Gegner der Ärzte
schaft. Je mehr Selbstbeschädigung, umso besser. Denn je schwä-
cher die Vertretung der Ärzteschaft ist, desto weniger „lästig“
kann sie werden.
„Harte Bandagen“ bescheinigte eine Tageszeitung dem Wahl-
kampf, glücklicherweise nicht in der Steiermark. Gegen harte
Bandagen im Sinne des Wettbewerbs um die besten Ideen ist
auch nichts zu sagen, ganz im Gegenteil, das gehört zu einer
Wahl.
Persönliche Untergriffe dürfen es
aber nicht sein. Denn sie beschä-
digen nicht nur die Betroffenen,
nicht nur die Ärztekammer, ob-
wohl das schon schlimm genug
wäre. Sie nehmen die gesamte
Ärzteschaft in Geiselhaft, sie
führen dazu, dass wir mit einer
schweren Hypothek in die kom-
menden Jahre starten. Und es sind Jahre, in denen ganz grund-
legende Entscheidungen über die ärztliche Arbeitswirklichkeit
fallen werden.
Wie wird es um die Spitalsstandorte bestellt sein, wie um die Ar-
beitsbedingungen dort? Unter welchen Rahmenbedingungen fin-
det Primärversorgung statt? Welche Rolle werden Fachärztinnen
und Fachärzte künftig im extramuralen Bereich spielen? Was
findet im öffentlichen Bereich statt, was im privatmedizinischen?
Die medizinische Welt ist im Umbruch, überall in Europa, daher
auch in Österreich und der Steiermark. Das ist keine Zeit, in der
wir uns eine ärztliche Nabelbeschau leisten dürfen, wenn wir
nicht wollen, dass wir Ärztinnen und Ärzte – genauso aber die
uns anvertrauten Patientinnen und Patienten – als Verlierer üb-
rig bleiben.
Denn, dass wir Ärztinnen und Ärzte in Reputations- und Glaub-
würdigkeit-Rankings im Gegensatz zur Politik immer ganz
vorne liegen, freut nicht alle. Liebend gerne würden sie uns he-
runterziehen, das würde das Leben politischer Entscheiderinnen
und Entscheider viel einfacher machen.
Machen wir es ihnen nicht einfach.
Bleiben wir stark und maßvoll im Miteinander.
Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark.