Ærzte
Steiermark
|| 05|2016
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Foto: beigestellt, Shutterstock
kommentar
ANDREAS KLEIN
Fortschritt in medizinischer
Forschung und Therapie
braucht das Zusammenwir-
ken aller Beteiligten, also von
Pharmaindustrie, ÄrztInnen,
Spitälern und PatientInnen.
Diesen Kooperationen haftet
jedoch seit jeher der Geruch
an, verdeckte Geschäftema-
cherei auf beiden Seiten zu
betreiben. Denn wer möchte
nicht durch seine Mitwir-
kung ordentlich verdienen,
auch wenn dadurch primär
den Pharmainteressen in die
Hand gespielt wird? Dieser
schiefen Optik möchte die
Pharmaindustrie nun entge-
genwirken und auf Transpa-
renz setzen, um ihre eigene
gesellschaftliche Reputation
zu erhöhen. Darum sollen
künftig alle „geldwerten Leis-
tungen“ entsprechend für
jeden einsichtig offengelegt
werden.
Mit diesen Initiativen ver-
tieft die Pharmaindustrie ihre
seit längerer Zeit verfolgten
Compliance-Richtlinien, wie
sie im fortwährend adap-
tierten Verhaltenskodex der
Pharmig niedergelegt sind.
Dieser Kodex ist durchaus
positiv hervorzuheben und
hat gegenüber ähnlichen Pa-
pieren im Gesundheitssystem
deutliche Vorzüge. Von dieser
Offenlegung sind zahlreiche
Maßnahmen betroffen, al-
lerdings nur, sofern sie mit
rezeptpflichtigen Arzneien in
Zusammenhang stehen. Dies
soll mit genauer Namensnen-
nung erfolgen, allerdings nur
schwimmt in Geld, Abhängig-
Machen und Ausnützen von
ÄrztInnen, Neid auf verschie-
densten Seiten, Eindringen in
die Privatsphäre usw. Ebenfalls
kritisch sehe ich den Vorwurf,
solche Maßnahmen verschlei-
erten lediglich andere Pro-
blemfelder. Denn einerseits ist
dieser angelaufene Prozess oh-
nehin stets voranzutreiben und
andererseits zeugt es nicht ge-
rade von Wahrhaftigkeit, den
Schwarzen Peter fortwährend
der Pharmaindustrie umzu-
hängen, vor der eigenen Türe
jedoch kaum kehren zu wollen.
mit Zustimmung der Ärz-
tin/des Arztes – was freilich
gewisse Spielräume impli-
ziert. Das betrifft auch die
gesetzliche, wenngleich etwas
schwierig nachzuvollziehende
Ausnahmeregelung bei KAV-
Ärzten.
Obwohl die Ärztekammer
diesen Transparenzbemü-
hungen zustimmt, regen sich
bei einigen MedizinerInnen
gemischte Gefühle, steht man
jetzt doch einigermaßen im
Schaufenster. Insofern ver-
wundert es nicht, dass man-
che dieser Offenlegung nicht
zustimmen. Befördert aber
nicht eine solche Ablehnung
erst recht die brodelnde Ge-
rüchteküche? Umgekehrt
wäre es aber sicherlich auch
im öffentlichen Interesse, dass
die Pharmaindustrie eine ge-
naue jährliche Gesamtdar-
stellung vorlegt, anstatt sich
die jeweiligen Informationen
mühsam auf den Internetsei-
ten der 125 teilnehmenden
Pharmaunternehmen heraus-
suchen zu müssen.
Der Eindruck einer gewis-
sen Halbherzigkeit lässt sich
dabei schwer unterdrücken,
wenngleich die Richtung m.
E. durchaus stimmt. Dies
betrifft auch Bereiche, die von
der Regelung nicht umfasst
sind, wie etwa ausländische
Zuwendungen oder nicht-re-
zeptpflichtige Medikamente.
Dass durch solche Initiativen
auch noch andere bekannte
Vorwürfe wieder auf den Tisch
gelangen, sehe ich entspann
ter: Die Pharmaindustrie
PD Dr. Andreas Klein
ist promovierter Theo-
loge und Univ.-Lektor
am Institut für Syste-
matische Theologie und
Religionswissenschaft
der Evangelisch-
Theologischen Fakultät
der Universität Wien.
Er referiert als Ge-
sundheitsexperte beim
Zukunftsinstitut (M.
Horx).
Pharma: Kontroverse um
neue Transparenz-Regelungen
Eine ethische Bewertung
der neuen Compliance-Regeln.
„Obwohl die Ärztekammer diesen
Transparenz-Bemühungen zustimmt,
regen sich bei einigen MedizinerInnen
gemischte Gefühle, steht man jetzt
doch einigermaßen im Schaufenster.“