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ÆRZTE

Steiermark

 || 05|2017

NIEDERGELASSENE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE

handlungsergebnis: Gewinn­

orientierte Organisationen sol-

len künftig keine PVE gründen

dürfen, das soll ausschließlich

gemeinnützigen Anbietern

vorbehalten bleiben.

Die Ärztevertretung konnte

auch als Verhandlungserfolg

verbuchen, dass bei der Ver-

gabe von PVEs in Zukunft

niedergelassene ÄrztInnen

gegenüber Krankenanstalten

bevorzugt werden sollen. Die

Vergabe soll außerdem nach

transparenten Kriterien und

unter maßgeblicher Mitwir-

kung der Ärztekammer er-

folgen.

Mit dem vorliegenden Ge-

setzesentwurf hat die ÖÄK

erreicht, „dass Patienten nicht

plötzlich ihren Vertrauens-

arzt verlieren und Ärzten die

Standort- und Planungssi-

cherheit erhalten bleibt“, so

Steinhart.

Gutes Gesprächsklima

Steinhart begrüßt, dass „jetzt

nach jahrelangen, oft sehr

praxisfremd geführten Dis-

kussionen mit der Politik end-

lich ein insgesamt akzeptabler

Entwurf vorliegt. Insgesamt

konnten nun in wesentlichen

Punkten ethische und me-

dizinische Grundsätze der

Ärzteschaft einfließen. Das

lässt uns auf ein auch weiter-

Der ganz normale Praxiswahnsinn

Spieglein, Spieglein an der Wand,

wer ist der Wichtigste im ganzen

Land?

Es ist ein tolles Gefühl, wenn die Praxis aus allen Nähten

platzt, der Umsatz gut ist und das eigene Ego sich gebauch-

pinselt fühlt. Es ist schön, dass die Patienten Vertrauen

haben und mich als Hausärztin mögen. Aber wie alles im

Leben hat auch das zwei Seiten: In der Rezeption hören der

Ansturm und das Tscheppern des Telefons nämlich nie mehr

auf und die beste aller Assistentinnen droht mit schielendem

Blick und stammelnder Sprache der Kopfwehpulversucht an-

heimzufallen. Also muss sich organisatorisch etwas ändern.

Unsere Patienten sind ein bisschen verwöhnt, vor allem was

die Wartezeiten anbelangt. Und ich bin froh darüber. Selber

bin ich ein ungeduldiger Mensch, also möchte ich auch nie-

mandem anderen zumuten, dass er oder sie sich den Hintern

im Wartezimmer plattdrückt. Damit das so bleibt, müssen

ein paar Änderungen her. Als Erstes werden die Nachmit-

tagsordinationen umgewidmet: Nur mehr für Berufstätige/

Schüler/Studenten. Die Zeiten, wo ab 16 Uhr Horden von

Pensionisten über meine Ordination herfallen, sind zu Ende.

Im Notfall kann natürlich jeder kommen und zu jeder Zeit.

Aber die Schuheinlagen fürs nächste Jahr, das Dauerblut-

druckmittelchen und die Besprechung der letzten Kur wer-

den ab jetzt in den späten Vormittagsstunden erledigt. Punkt.

Im Allgemeinen herrscht großes Verständnis, die Nachmit-

tage werden wieder einigermaßen erträglich, die Wartezeiten

wieder kürzer. Einige werden sich nie dran halten, wie Herr

K., der auch aus Prinzip nie einen Termin ausmacht, oder

Herr E., der mir in anderen Worten – aber sehr eindeutig –

„Götz von Berlichingen“ zitiert. Aber gut, ein paar Ausreißer

verkraftet mein System. Heute bemerkt ein weiterer Pensio-

nist den Anschlag in der Rezeption: „Stellen Sie das ins Web,

sonst sehe ich es nicht!“ „Sie sehen es ja jetzt – wie jeder

andere auch.“ „Ich nehme das nur im Web zur Kenntnis.“

„Es muss auch so gehen!“ Worauf er auf den Tisch haut und

meint: „Es war ja nur eine Anregung, aber jeder hält sich

selbst für den Wichtigsten, Sie auch!“

Leider fällt mir nicht ein zu sagen: „Richtig, in diesem Laden

bin ich wirklich die Wichtigste!“

Dr. Ulrike Stelzl ist niedergelassene Ärztin für

Allgemeinmedizin.

Mehr von ihr gibt es im Buch „Hallo Doc! 2

Anekdoten aus der Sprechstunde“ (erhältlich auf Amazon).

PRAKTISCH

TÄGLICH

Von Ulrike Stelzl

Als wesentlich verbessert be-

wertet Johannes Steinhart, Vi-

zepräsident der Österreichi-

schen Ärztekammer (ÖÄK)

und Bundesobmann der Ku-

rie Niedergelassene Ärzte,

den vergangenen Freitag in

die Begutachtung geschickten

Gesetzesentwurf zu Primär-

versorgungseinheiten (PVE):

„Die Ärztevertretung konnte

sich zuletzt in Verhandlungen

in zentralen Punkten durch-

setzen und gegenüber frühe-

ren Entwürfen wesentliche

Verbesserungen erreichen“,

bilanziert Steinhart.

Zentrale Forderung:

bundesweiter Ge­

samtvertrag

Durchsetzen konnte sich die

Ärztekammer mit ihrer zen-

tralen Forderung, dass es in

Zukunft keine PVEs außer-

halb von Gesamtverträgen

geben soll. Der Gesetzesent-

wurf sieht folglich einen bun-

desweiten Gesamtvertrag vor.

Details sowie die Honorie-

rung sind auf Landesebene zu

vereinbaren. Steinhart: „Da-

mit konnten wir verhindern,

dass sich jede PVE ohne den

Schutz der Ärztekammer ih-

ren Vertrag mit einer über-

mächtigen Kasse selbst und

direkt ausmachen muss.“

Keine Ketten

Ein weiteres wichtiges Ver-

Gesetzesentwurf

„Der Entwurf spricht davon, dass 200 Millionen Euro

für Primärversorgungseinheiten vorgesehen sind. Das

ist allerdings kein frisches Geld, sondern innerhalb

des Gesundheitsbudgets umverteiltes Geld, von dem

wir nicht wissen, wem es weggenommen werden wird.

Wir fordern deshalb insgesamt mehr Geld für den

Ausbau der Primärversorgung.“

Johannes Steinhart