Ærzte
Steiermark
|| 10|2013
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Titel
ÄrztInnen aus dem Ausland gesamt
in Deutschland
wohnte Strukturen. Deutsch-
land kämpft offensiv gegen den
Ärztemangel. Sieben Prozent
der deutschen Ärztinnen und
Ärzte sind keine Deutschen,
und der Anteil steigt: Die Zahl
aller Ärztinnen und Ärzte
stieg von 2011 auf 2012 um 2,1
Prozent, die der ausländischen
um 14,8 Prozent.
Die Lösung des Ärzteman-
gels durch Import wirft aber
gleichzeitig Probleme auf.
Neben praktischen, wie in-
terkulturell und sprachlich
bedingten Kommunikati-
onsproblemen, auch ethische.
Wer anderen Ländern Ärzte
wegnimmt, um den Ärz-
temangel im eigenen Land zu
lindern, verursacht gleichzei-
tig Ärztemangel in den Län-
dern, aus denen die Einwan-
dernden kommen. Betroffen
sind vor allem wirtschaftlich
schwache Staaten, Schwellen-
länder – und Österreich.
Wobei auch Österreich aus
ärztlicher Sicht im wirtschaft-
lichen Vergleich zu Deutsch-
land eher ein Schwellenland
ist. Laut einer 2011 veröf-
fentlichten KPMG-Studie der
westeuropäischen Ärzteein-
kommen ist Österreich in al-
len untersuchten Kategorien
von den Anfängern bis zu
den berufserfahrenen Leitern
durchwegs im untersten Be-
reich zu finden, Deutschland
immer im obersten Drittel.
Junge Ärztinnen und Ärzte
wissen die besseren (nicht
einfacheren) Ausbildungsbe-
dingungen in Deutschland
zu schätzen. Dort erleben
sie in weit größerem Maß
ärztliche Arbeit von Anfang
an und fühlen sich nicht als
Systemerhalter missbraucht.
„Wenn weniger als vier von
fünf Studierende der Hu-
manmedizin nach erfolgreich
abgeschlossenem Studium
kurativ in Deutschland tätig
werden, so ist dies ein Alarm-
signal erster Ordnung. Bevor
also im Angesicht des zuneh-
menden Ärztemangels die
Anzahl der Studienplätze er-
höht wird, muss zuvor darü-
ber nachgedacht werden, wie
die Arbeitswelt attraktiver ge-
staltet werden kann“, warnte
der Chirurg und 2. Vorsit-
zende des Marburger Bundes,
Andreas Botzlar, 2009 auf
einem Symposium.
Einiges ist in Deutschland
mittlerweile geschehen. Ös-
terreichische Bundesländer in
Grenznähe zu Deutschland
haben mittlerweile ihr Pro-
„Man kann einfach nicht von einem ausgezeichneten jungen
Arzt verlangen, ein Märtyrer der Medizin in Rumänien
zu werden, wenn er oder sie in Westeuropa oder den USA
mit seinen Kenntnissen Medizin des 21. Jahrhunderts
praktizieren könnte.“
Gheorghe Andrei Dan von der Medizinischen Fakultät in
Bukarest, Deutsche Welle Online, 2011
Ein wesentlicher Anstoß für die
Ärztebedarfsstudie war das Ausmaß der
geschätzten Abwanderung, vor allem deutscher
Medizinabsolventinnen und -absolventen
österreichischer Universitäten, ins Ausland.
Dazu gibt es heute nur Umfragedaten als Indiz,
die allerdings für die Zukunft eine sehr hohe
Bereitschaft der Medizinabsolventinnen und
-absolventen zur Abwanderung ausweisen.
Ein valider Nachweis ist erst ab 2015 möglich,
wenn die ersten Studierendenkohorten unter
Bedingungen der Quotenregelung 2012
abschließen und frühestens ab 2015 nach dem
Turnus in den Arbeitsmarkt kommen.
Ärztinnen und Ärzte: Bedarf und Ausbildungsstellen
2010 bis 2030 – Ergebnisbericht (ÖBIG 2012)
Ausländische ÄrztInnen aus der EU
in Deutschland
Bulgarien
1.111
Griechenland
2.556
Österreich
2.491
Polen
1.759
Rumänien
2.910
Sonstige
245
Europäische Union
18.254
Übriges Europa
5.616
Afrika
1.586
Amerika
934
Asien
5.886
Ungarn
1.228
Italien
1.000
Slowakai
922
Weitere
4.227
Quelle: Deutsche Bundesärztekammer | Stand: 31.12.2013 | Grafik: Conclusio
blembewusstsein geschärft
und sind bei den Ärzteein-
kommen nachgezogen.
Aber noch ist der Kampf gegen
den absehbaren Ärztemangel
in Österreich kein politisches
Programm. Nur: Demogra-
fische Probleme lassen sich
nicht zeitnah lösen. Absolven-
tinnen und Absolventen der
Medizinischen Universitäten,
die sich heute für eine post-
promotionelle Ausbildung in
Deutschland oder überhaupt
gegen die kurative Medizin
entscheiden, werden in fünf bis
15 Jahren keine Patientinnen
und Patienten in Österreich
betreuen. Dass Krankenhäuser
mit punktuellen Maßnahmen
die aufkeimenden Probleme
– noch – kaschieren können
(längst können es nicht mehr
alle), darf nicht schöngere-
det, sondern muss als halb-
wegs rechtzeitige Warnung
ernst genommen werden.
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