

ÆRZTE
Steiermark
|| 05|2017
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bleiben müssen. Das kommt
auch in Notfällen vor, bei
instabilem Wetter oder einem
ungünstigen Standort: mitten
auf dem Atlantik oder um-
geben von Krieg führenden
Ländern. Bei Petutschniggs
jüngster Tour durch die Kari-
bik musste er einen künstlich
beatmeten Patienten 30 Stun-
den lang im Schiffshospital
versorgen; eine Herausforde-
rung für alle. Verstirbt ein
Passagier an Bord, wird er in
einer Kühlkammer gelagert –
selbst dafür ist vorgesorgt.
Teamwork zählt mehr
als Reiseroute
Auf eine Lieblingsdestination
will Petutschnigg sich nicht
festlegen, aber nach Indien
und Singapur würde er ger-
ne noch fahren. Was er zu
schätzen weiß, ist die Viel-
falt der Einsatzgebiete: Zu-
letzt stand die Karibik am
Programm und kurz nach der
Sommersonnenwende bricht
petenzen gefragt waren: „Ein
Schiffsarzt muss auch die Si-
cherheitsrutschen aktivieren
können und ein Rettungsboot
zu Wasser lassen.“ Und er be-
nötigt ein beachtliches Quan-
tum an Flexibilität. Norma-
lerweise wechseln einander
an Bord zwei Schiffsärzte und
zwei Pflegekräfte in 24-Stun-
den-Schichten ab; auch ein
„Medical Assistant“ für die
Administration steht zur Ver-
fügung. Da bleibt am freien
Tag Zeit für einen Landgang
und die Möglichkeit, eine Art
von Urlaub zu genießen. Ga-
rantie dafür gibt es aber kei-
ne. „Einmal hatten wir eine
Grippeepidemie an Bord und
waren zehn Tage hintereinan-
der im Einsatz: Der Arzt, der
gerade nicht Ambulanzdienst
hatte, hat die Patienten in den
Kabinen versorgt.“ An Spit-
zentagen konsultieren schon
auch mal über hundert Men-
schen den Schiffsarzt – eine
Frequenz, die auch Allge-
meinmediziner an Land an
ihre Grenzen bringt.
Hausarzt für Tausende
Überhaupt ähnelt die Routi-
er in Richtung Spitzbergen
auf. Aussuchen kann er sich
die Einsatzorte nur bedingt.
Stehen die Termine für die
Reisen fest, gibt er Wünsche
bekannt; die endgültige Ein-
teilung erfolgt aber über die
Reederei in Hamburg. Mehr
als die Reiseroute zählt für ihn
jedoch die Teamarbeit inner-
halb der medizinischen Crew,
aber auch mit dem Kapitän.
Selbst nach so vielen Reisen
beobachtet Petutschnigg noch
immer gerne die An- und
Ablegemanöver des Schiffes,
auch von der Brücke aus.
Im Gegenzug durfte auch
schon einmal der Kapitän auf
Wunsch beim Eingipsen eines
Beins mithelfen.
Die Serie „Traumschiff“ hat
Petutschnigg übrigens nie ge-
sehen. „Ich habe mein eigenes
Traumschiff “, meint er lä-
chelnd dazu. Demnächst mit
Kurs auf Spitzbergen.
netätigkeit des Schiffsarztes
jener eines Allgemeinmedizi-
ners am Land: Auf „seinem“
Schiff ist Petutschnigg zu-
ständig für sämtliche gesund-
heitlichen Probleme von mehr
als 1.000 Crewmitgliedern
und fast 3.000 Passagieren.
Der Unterschied zur üblichen
Hausarztpraxis am Land be-
steht darin, dass bei unklaren
Beschwerden oder in Notfäl-
len nirgendwohin überwiesen
werden kann. Diagnostiziert
und behandelt wird an Bord
– solange, bis der Patient oder
die Patientin gesund ist – oder
„ausgeschifft“ werden kann.
„Unser Hospital umfasst acht
Betten und zusätzlich zwei
Intensiveinheiten nach eu-
ropäischem Standard.“ Dia-
gnostiziert werden kann per
Röntgen, Ultraschall und im
Labor. Ebenso zum Standard
gehört der Zugriff auf eine ex-
trem gut bestückte Apotheke.
„Selbst wenn hunderte Passa-
giere gleichzeitig an Durchfall
erkranken sollten, müssen
genügend Medikamente vor-
rätig sein.“ Auch dann, wenn
tagelang nicht nachgeladen
werden kann und alle an Bord
SERIE
Arzt im besonderen Dienst
Traumschiff,
Traumdesti
nationen, ein
Spital, das
alle Stückerln
spielt. Den
noch kann
die Arbeit als
Schiffsarzt
sehr anstren
gend sein.
Petutschniggs
Traumschiff
bei Nacht.