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ÆRZTE

Steiermark

 || 05|2017

21

ENQUETE

Antibiotika zur

Leistungsförderung

in der Tierhaltung EU-

weit verboten

Pr ivatdoz ent Bu rk ha rd

Springer von der AGES Graz

befasste sich mit den Ent-

stehungsmöglichkeiten von

Antibiotikaresistenzen und

ihren Mechanismen. Am Bei-

spiel des E. coli-Bakteriums

im Darm stellte er die Ent-

wicklung von Mutationen

vor. „Die Resistenzbildung

ist ein Abwehrmechanismus,

der eine biologische Überle-

bensstrategie der Bakterien

darstellt und sich selektiv

weiterentwickeln kann. Um

dies zu verhindern, wurde

heutige Allianz von Ärzten,

Tierärzten und Landwirten

ist eine große Chance, um

die kommenden Probleme ge-

meinsam zu lösen“, war Seitin-

ger überzeugt.

Ärztekammerpräsident Her-

wig Lindner ging auf die ge-

schichtliche Entwicklung der

Antibiotika ein und betonte

die Wichtigkeit der künfti-

gen Zusammenarbeit in der

Aufarbeitung der Risiken

von Antibiotikaresistenzen.

„Aus praktischer Sicht sollte

künftig auch die Gebietskran-

kenkasse in die Erarbeitung

von Lösungen miteinbezo-

gen werden“, gab Lindner zu

bedenken. Die Gefahr einer

„postantibiotischen Ära“ sieht

er derzeit noch nicht.

Bewusstseinsbildung

und verantwortungs­

voller Umgang

„Der verantwortungsvolle

Umgang mit Antibiotika,

verstärkte Bewusstseinsbil-

dung und Informationsmaß-

nahmen müssen im Mittel-

punkt weiterer Aktivitäten

stehen“, erläuterte Franz Tit-

schenbacher, Präsident der

Landwirtschaftskammer Stei-

ermark, und gab als Motto für

den Einsatz von Antibiotika

in der EU bereits ab 2006

der Einsatz von Antibiotika

als Leistungsförderer in der

Tierhaltung verboten“, stellte

Springer klar.

Infektiologe Prof. Robert

Krause (Meduni Graz) sprach

über neue Resistenzfaktoren

bei Bakterien und Pilzen, die

für betroffene PatientInnen

lebensgefährlich sind, wenn

die herkömmlichen Antibio-

tika nicht mehr wirken. „Be-

sonders exponiert sind Pati-

enten aus Ländern wie Indien

oder Ägypten, wenn sie dort

erkranken“, berichtete Krau-

se. Der Therapiestart muss so

schnell wie möglich erfolgen,

eine Prophylaxe ist nur durch

die Senkung des Selektions-

drucks und verbesserte Hygi-

ene möglich.

Die anschließende Diskussion

wurde von der Tagungsmo-

deratorin Univ.-Prof. Andrea

Grisold von der Meduni Graz

umsichtig geleitet, wo u. a. die

Bedingungen der österreichi-

schen Lebensmittelprodukti-

on diskutiert wurden.

Dr. Karl Bauer ist Geschäfts-

führer des Tiergesundheits-

dienstes Steiermark.

aus: „So wenig wie möglich,

so oft wie notwendig! Nicht

die Landwirtschaft setzt An-

tibiotika ein, sondern in der

Landwirtschaft werden Anti-

biotika eingesetzt.“

Dies bestätigte auch Walter

Obritzhauser, Präsident der

steirischen Tierärztekammer,

der über die seit zwei Jahren

laufenden Erhebungen zum

Antibiotika-Einsatz in der

Nutztierhaltung in Verbin-

dung mit klaren Diagnosen

berichtete. „Der Betreuungs­

tierarzt ist dabei der erste

und zentrale Ansprechpart-

ner für den Tierhalter und

trägt damit auch die Verant-

wortung“, unterstrich Ob-

ritzhauser.

Professor Josef Köfer (Veteri-

närmedizinische Universität

Wien) sah als Ursachen von

Resistenzen die Zunahme des

internationalen Tierverkehrs,

den engen Kontakt zu Heim-

tieren und die Gefahren infi-

zierter Wunden: „Zukünftige

Ziele sollten sein, den Einsatz

kritischer Antibiotika um ein

Drittel weiter zu reduzieren,

den Verbrauch auf betrieb-

licher Ebene zu erfassen und

verstärkt nach Alternativen

zu suchen.“

Fotos: Harry Schiffer

„Zukünftige Ziele sollten sein, den

Einsatz kritischer Antibiotika um

ein Drittel weiter zu reduzieren, den

Verbrauch auf betrieblicher Ebene

zu erfassen und verstärkt nach

Alternativen zu suchen.“

Veterinärmediziner Josef Köfer

Zahlreiche Besucher beim interdisziplinären Dialog

über Antibiotikaresistenzen

Mikrobiologe Burkhard

Springer

Infektiologe

Robert Krause