Ærzte
Steiermark
|| 05|2014
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medizin & gesellschaft
Re-Integration, psychische
Stabilisierung, persönliche
Nachreifung und im Einzelfall
auch der langfristige Verzicht
auf die Substitutionsmedikati-
on gelingen.
Substitutionstherapie muss
somit leicht erreichbar, wohn-
ortnah und in einer vertrau-
ensvollen Atmosphäre statt-
finden, in welcher die zahl-
reichen basalen Anliegen der
PatientInnen aus somatischer
und sozialer Ebene rasch und
sorgfältig beantwortet wer-
den können. Daher spielt die
extramurale medizinische
Basisversorgung eine wich-
tige Rolle in der Behandlung
dieser Bevölkerungsgruppe.
Die niedergelassenen Ärz-
tinnen und Ärzte für Allge-
meinmedizin und Psychiatrie,
aber auch anderer Fächer,
erfüllen alle der oben genann-
ten Kriterien zur kontinuier-
lichen wohnortnahen Versor-
gung und sind unverzichtbare
PartnerInnen der suchtmedi-
zinischen Schwerpunktam-
bulanzen. Diese haben ihren
Schwerpunkt auf der Betreu-
ung von Schwerstkranken
oder akuten Krisensituati-
onen, ein großer Teil der Sub-
stitutionspatientinnen und
-patienten kann ihr Leben je-
doch längerfristig in stabiler
Substitution ohne weitere so-
matische und psychosoziale
Auffälligkeiten führen.
Leider kam es durch die in
den letzten Jahren sehr un-
differenziert und katastro-
phisierend geführte öffent-
liche Diskussion, die sank-
tionsfokussierte gesetzliche
Rahmenbedingung und die
in manchen Bundesländern
notorische Verweigerung der
Sozialversicherungsträger ei-
ner auch finanziellen An-
erkennung dieser wichtigen
ärztlichen Verpflichtung zu
einer starken Abnahme der
ärztlichen KollegInnen im
Bereich der Basisversorgung.
Dadurch konzentrieren sich
derzeit sehr viele Patien-
tinnen und Patienten an we-
nigen Behandlungsorten.
So besteht das gesundheits-
politische Entwicklungsziel
darin, wieder möglichst viele
Kolleginnen und Kollegen zu
gewinnen, diese Betreuung in
ihren Praxen für eine bewäl-
tigbare Anzahl von Betrof-
fenen anbieten zu können.
Nicht als EinzelkämpferInnen,
sondern in Kooperation mit
ambulanten und stationären
Schwerpunkteinrichtungen,
die sich als Unterstützer in
schwierigen und Krisenfällen
definieren.
Glücklicherweise konnten in
den letzten Jahren zwei neue
Schwerpunkteinrichtungen
in Betrieb gehen, die I.K.A.
– interdisziplinäre Kontakt-
und Anlaufstelle in Graz
(Träger ist die Wissenschaft-
liche Akademie für Vorsorge-
medizin) für ca. 250 Patien-
tinnen und Patienten, und die
dislozierte suchtmedizinische
Ambulanz am LKH Bruck als
regionalisierte Struktur für
die Obersteiermark. Weiters
entwickelten sich zahlreiche
konstruktive Vernetzungs-
möglichkeiten zwischen Be-
handlerInnen, Behörde und
Apotheken durch periodische
Veranstaltungen, Qualitäts-
zirkel und Jours fixes. Aktuell
bietet die Ärztekammer in
Kooperation mit der Fachab-
teilung für Gesundheit und
Pflegemanagement ein Basis-
modul Substitutionsbehand-
lung an (10.5. und 24.5. 2014),
um steirischen Kolleginnen
und Kollegen zu ermöglichen,
sich im Sinne einer regionalen
peer-group zu organisieren.
Auf Landesebene wurde die
„Checkliste Substitution“ er-
stellt, welche alle wichtigen
Informationen zur Durch-
führung der Substitutions-
behandlung enthält (www.
substituieren.at). Auf Bun-
desebene erarbeitet derzeit
eine ExpertInnenplattform
im Auftrag des Bundesmini-
steriums medizinische Leit-
linien zur Substitutionsbe-
handlung nach dem Vorbild
der Schweizer und Deutschen
Fachgesellschaften.
Alle diese Aktivitäten haben
zum Ziel, Substitutionsbe-
handlung als medizinische
und therapeutische Aufgabe
besser im Gesundheitssystem
zu verankern, allen Betei-
ligten mehr Sicherheit, Ge-
sundheit und Integration zu
ermöglichen, und dadurch
vielen jungen Menschen trotz
ungünstiger gesundheit-
licher Startbedingungen neue
Chancen zu eröffnen.
Der Artikel entstand in Zu-
sammenarbeit mit dem Refe-
rat für Suchtfragen (Referent
Dr. Christoph Ebner) der Ärz-
tekammer Steiermark.
„Um medizinische Substitutionsbehandlungen gemäß den gesetzlichen
Bestimmungen des Suchtgiftrechts durchzuführen, hat die Ärztin/
der Arzt mittels eines ÖÄK-Diploms den Nachweis über den Erwerb
ausreichender Kenntnisse und Fertigkeiten zu führen. Erneut können
in der Steiermark sowohl die hierfür notwendige Absolvierung des
Basismoduls, als auch die im Anschluss in regelmäßigen Abständen
zu besuchenden, vertiefenden Weiterbildungen durch die enge
Kooperation mit der steirischen Ärztekammer belegt werden.“
Christoph Ebner
Dr. Christoph Ebner,
Referent für Suchtfragen
„Durch die ärztlich überwachte
Substitutionstherapie, mittels
der Verordnung oraler Opioide für
Opioidabhängige, konnte der Mehrzahl der
Suchtpatienten in Österreich ein Ausstieg
aus dem Drogenmilieu sowie eine soziale
Reintegration ermöglicht werden.“
Christoph Ebner