AERZTE Steiermark 05 2014 - page 18

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Ærzte
Steiermark
 || 05|2014
kommentar
Foto: Ärztekammer
„Applaus für Minister
Reinhold Mitterlehner“
Ein 12-Stunden-Tag und 50
Wochenstunden – für diesen
Vorstoß werden die Minister
Mitterlehner und Hundstorfer
als ausbeuterische Frühka-
pitalisten geprügelt. Aber die
Herzen der Spitalsärzte flie-
gen ihnen zu. Wer nur eine
60- oder gar 72-Stundenwoche
kennt, wer regelmäßig 28 oder
sogar 49 Stunden durcharbei-
tet, wie die Spitalärzte, für den
wäre das, was unserer Bundes-
regierer wollen, ein Arbeits-
zeitwunder. Zwölf Stunden
sind „menschenverachtend“,
meint dagegen der wahlkämp-
fende Arbeiterkammerpräsi-
dent Josef Pesserl. Ja gut, das
hätte er als stellvertretender
Obmann der steirischen Ge-
sundheitsplattform und GKK-
Obmann – als solcher sollte
er ja die Arbeitszeiten in den
Spitälern kennen – auch ein-
mal sagen können. Es hätte die
Ärzte gefreut. Aber dann wür-
de das System zusammenbre-
chen, wie uns der Vorstands-
vorsitzende der steirischen
Krankenanstaltengesellschaft,
Karlheinz Tscheliessnigg, mit-
geteilt hat. Damit das System
nicht zusammenbricht, muss
man also Spitalsärzte men-
schenverachtend behandeln.
Und wenn sie in der vierzigsten
Arbeitsstunde nicht mehr ganz
so perfekt, freundlich und aus-
geschlafen sind, wie zu Beginn
des Dienstes, werden sie von
Patientenanwalt Gerald Ba-
chinger beschimpft, der gerade
am Beginn eines gemütlichen
Acht-Stunden-Tages steht.
Dieses Messen mit zweierlei
Maß ist politische Menschen-
verachtung. Keine Frage, Ärzte
verdienen gut, aber das tun
Techniker in der Elektronik-
Industrie auch. Und wenn die
einen Fehler machen, kön-
nen Elektronikbauteile aus-
getauscht werden. Patienten,
kranke Menschen, kann man
nicht austauschen. Also sind
zumutbare Arbeitsbedin-
gungen in den Spitälern nicht
nur Arbeitnehmer- sondern
auch Patientenschutz – kurz
Menschenschutz. Die Argu-
mente sind hinlänglich be-
kannt. Aber im öffentlichen
Gesundheitswesen, müssen
nicht in erster Linie private
Unternehmen die Arbeitsko-
sten bezahlen, dort ist es die öf-
fentliche Hand. Da kann man
schon eine mehr als 10 Jahre
alte EU-Arbeitszeitrichtlinie
ignorieren und sogar das groß-
zügige österreichische Kran-
kenanstalten-Arbeitszeitgesetz
verletzen. Und, wenn die „böse“
EU einen mahnenden Brief
schreibt, darf man so tun, als
würde sich eine steirische Kran-
kenanstaltengesellschaft im
rechtsfreien Raum bewegen. In
den meisten europäischen Län-
dern wurde die spitalsärztliche
Arbeitszeit zwar schon gemäß
der Richtlinie geregelt. Und
die Gesundheitsversorgung ist
nicht zusammengebrochen.
Eine 48- oder 50-Stundenwo-
che in den Spitälern werden
wir nicht von einem Tag auf
den anderen schaffen. Aber
das Durcharbeiten in den Spi-
tälern einmal auf 25 Stunden
zu begrenzen, wäre schon eine
maßgebliche Verbesserung. Das
gibt es sogar in Österreich. Die
Arbeitszeiten der Piloten von
Verkehrsmaschinen und Schul-
busfahrern mit dem Argument
der Sicherheit von Passagieren
und Kindern zu begrenzen,
aber jene zu übersehen, die
Kranke durch die Spitäler pi-
lotieren, ist menschenverach-
tend. So bricht vielleicht das
System nicht zusammen, aber
Menschen tun es – Ärzte und
Patienten.
Präsident
Herwig Lindner
Einen dramatischen Appell
für den „Menschenschutz“, der
auch für Ärztinnen und Ärzte formulierte Ärztekammerpräsident
Herwig Lindner in einem Gastkommentar für die Kronenzeitung.
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