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Ærzte
Steiermark
|| 06|2015
COVER
über den Gesundheitszustand
bestimmter Personen vorge-
schrieben sind (wie beispiels-
weise nach dem Epidemiege-
setz, dem Aids-Gesetz oder
dem Geschlechtskrankhei-
tengesetz).
Weiters besteht die Verschwie-
genheitsplicht nicht, wenn
Mitteilungen oder Befunde
der Ärztin bzw. des Arztes an
die Sozialversicherungsträ-
ger und Krankenfürsorgean-
stalten oder an sonstige Ko-
stenträger erforderlich sind,
und zwar in dem Umfang,
als er für den Empfänger
zur Wahrnehmung der ihm
übertragenen Aufgaben eine
wesentliche Voraussetzung
bildet.
Die Verschwiegenheitsplicht
besteht auch insoweit nicht,
als die für die Honorar- oder
Medikamentenabrechnung
gegenüber den Krankenver-
sicherungsträgern, Kranken-
anstalten, sonstigen Kosten-
trägern oder PatientInnen
erforderlichen Unterlagen
zum Zweck der Abrechnung
Dienst leist ungsunterneh-
men überlassen werden. Ein
wesentlicher Grund für die
Durchbrechung des Berufs-
geheimnisses ist schließlich
die Entbindung durch die
von der Offenbarung des Ge-
heimnisses bedrohte Person,
wobei es sich um ein höchst-
persönliches Recht handelt.
Schutz höherwertiger
Interessen
Der im Sinne der eingangs
zitierten Diskussion rele-
vanteste Grund zur Durch-
brechung des ärztlichen Be-
rufsgeheimnisses ist dann
gegeben, wenn die Offenba-
rung des Geheimnisses nach
Art und Inhalt zum Schutz
höherwertiger Interessen der
öffentlichen Gesundheits-
pflege oder der Rechtspflege
unbedingt erforderlich ist (§
54 Abs. 2 Z 4 ÄrzteG).
Um einen Wertungswider-
spruch zu § 121 Abs. 5 StGB
zu vermeiden, geht die Judi-
katur und die nunmehr wohl
herrschende Lehre richtiger-
weise davon aus, dass sich die
genannte Bestimmung nicht
nur auf die beiden explizit
genannten Fälle der Rechtfer-
tigung durch Interessen der öf-
fentlichen Gesundheitspflege
und der Rechtspflege bezieht,
sondern ganz allgemein die
Durchbrechung des Berufsge-
heimnisses bei Vorliegen hö-
herwertiger Interessen zulässt
7
.
Zu beachten ist dabei, dass
das ärztliche Berufsgeheim-
nis nicht nur die Privatsphäre
der Patientin bzw. des Pati-
enten schützt, sondern vor
allem auch dem Schutz von
Leib und Leben dient.
Ein höherwertigeres Interesse,
das eine Durchbrechung des
Berufsgeheimnisses rechtfer-
tigt, kann daher nicht im
Schutz materieller Güter lie-
gen, sondern nur dann ge-
geben sein, wenn die Wah-
rung des Berufsgeheimnisses
ebenfalls Leib und Leben von
Personen gefährdet. Die Ge-
fahr für Leib und Leben von
Menschen muss auch ähnlich
wahrscheinlich, das heißt sehr
konkret sein.
Schließlich ist auch Voraus-
setzung für die Offenbarung
des Berufsgeheimnisses, dass
sie einziges Mittel ist, die
Gefahr abzuwenden. Kann
die vom Patienten für Dritte
ausgehende Gefahr durch
die Behandlung beherrscht
werden (z.B. durch Medika-
mente) oder ist davon aus-
zugehen, dass der Patient die
Verhaltensanweisungen des
Arztes, die den Ausschluss ei-
ner Gefährdung Dritter zum
Ziel haben, befolgt, ist eine
Offenbarung des Berufsge-
heimnisses nicht gestattet
8
.
Dies erschließt sich aus dem
Wortlaut des Ärztegesetzes,
wonach die Offenbarung zum
Schutz höherwertiger Interes-
sen „unbedingt erforderlich“
sein muss.
Der OGH hat es beispiels-
weise für zulässig erachtet,
die Führerscheinbehörde zu
informieren, wenn ein Patient
bewusstlos und mit erheb-
lichem Restalkohol in eine
Krankenanstalt eingeliefert
wird, die Ursache der an-
fallsartigen Bewusstlosigkeit
nicht festgestellt werden kann,
aber Verdacht auf eine Alko-
holkrankheit besteht und der
Patient sich nicht kooperativ
verhält und eine weitere Ab-
klärung verweigert
9
.
Keine Pflicht zur
Durchbrechung
Wichtig ist es festzuhalten,
dass bei Vorliegen höherwer-
tiger Interessen die Durch-
brechung des Berufsgeheim-
nisses gestattet ist.
Die Ärztin bzw. den Arzt
trifft aber – abgesehen von
ausdrücklichen gesetzlichen
Meldepflichten – keine Pflicht
zur Offenbarung des Berufs-
geheimnisses. Das ist deshalb
bedeutsam, weil damit Scha-
denersatzansprüche von Drit-
ten gegen die Ärztin bzw. den
Arzt ausgeschlossen sind, die
durch den Patienten, dessen
Geheimnis die Ärztin bzw.
der Arzt bewahrt hat, geschä-
digt wurden.
Sanktionen bei
Verletzung des
Berufsgeheimnisses
Verstößt die Ärztin bzw. der
Arzt gegen die ihr/ihm ob-
liegende Verschwiegenheits-
pflicht, kann sie/er nach § 121
StGB strafrechtlich verfolgt
werden. Bei § 121 StGB han-
delt es sich allerdings um ein
Privatanklagedelikt, das heißt,
es ist nur auf Verlangen des
Geschädigten zu verfolgen.
Außerdem erfolgt keine Be-
strafung, wenn die Offenba-
„Die Schweigepflicht zählt zu den ältesten
Berufspflichten der Ärztinnen und Ärzte.“