10
Ærzte
Steiermark
|| 07_08|2015
COVER
im besten Sinn machen, aber
vorwiegend für jene Patien-
tinnen und Patienten, die sich
die – wenn auch nicht allzu
hohen – privaten Kosten lei-
sten wollen und können.
Ohne „kreative Lösungen“
erwarte er eine „System-
bedrohung“. Was könnten
solche kreativen Lösungen
sein? Korsatko fällt etwa eine
„pendelbare Ordination“ ein,
Ärztinnen und Ärzte, die
nur zwei Tage pro Woche die
Patientinnen und Patienten
in kleinen Gemeinden be-
handeln.
Im urbanen Umfeld, also in
Regionen mit städtischen
Zentren, würden aber ärzt-
liche Zentren mit interdiszi-
plinären Teams unterschied-
licher Gesundheitsberufe
dem Zeitgeist am ehesten
entsprechen, ist er überzeugt.
Eine Entmachtung und Kom-
petenzbeschneidung für die
Ärztinnen und Ärzte sieht er
darin nicht: „Im Gegenteil“,
breiter aufgestellt würden sie
sogar gewinnen, meint er.
Und verweist auf das Beispiel
Belgien, das vor 20 Jahren in
einer ähnlichen Situation war
wie heute Österreich. Mittler-
weile würden aber 14 Prozent
der belgischen Bevölkerung
über Zentren versorgt, die
klassischen Hausärztinnen
und Hausärzte gibt es aber
auch weiter.
Wobei Korsatko zwar da-
für plädiert, dass man einen
Blick ins Ausland macht und
erfolgreiche Modelle auf ihre
Realisierbarkeit in Österreich
prüft. Aber man könne Sys
teme nicht eins zu eins von
einem Land ins andere trans-
ferieren: „Die Verhältnisse,
die gewachsenen Strukturen
sind überall anders.“
Reformen seien aber in Ös-
terreich unabdingbar, „wenn
man das System nicht an die
Wand fahren will“, sagt er.
Und die Ärztinnen und Ärzte
seien dazu auch bereit: „Bei
rund 60 Prozent gibt es eine
grundsätzliche Bereitschaft“,
weiß er aus den Befragungen
für seine Masterarbeit. Aber
sie wollen ins Boot geholt und
nicht überfahren werden. Und
das sei bisher noch nicht ge-
lungen. Wie aber holt man die
ÄrztInnen ins Boot? Korsatko
verweist wieder auf Belgien:
direkte Kontakte, Überzeu-
gungsarbeit, viele Gespräche
unmittelbar vor Ort seien der
Schlüssel.
Blinder Fleck
Vielfach, so Korsatko, fehlten
grundlegende Informationen.
Aus Sicht der Forschung sei
die Allgemeinmedizin in Ös-
terreich „ein blinder Fleck“.
Die Zahlen der Kranken-
kassen über Frequenzen und
Diagnosen seien durch den
wirtschaftlichen Druck ver-
zerrt. „Was draußen wirk-
lich geleistet wird, weiß man
nicht“, lautet sein Befund. Es
gäbe durchaus „innovative
Modelle“, Wundordinationen,
ÄrztInnen, die Angehörige
anderer Gesundheitsberufe
anstellen … Ein solches Pro-
jekt (auch wenn es durchaus
nicht mehr unsichtbar ist) sei
Styriamed.net(siehe eigenen
Artikel ab Seite 12).
Schritt für Schritt
Statt großer Würfe seien
überschaubare Projekte sinn-
voll, „weil das in Österreich
nun einmal so funktioniert“,
fordert Korsatko. Und nennt
als Beispiel: Spitalsambu-
lanzen könnten einige einzel-
ne, klar definierte Leistungen
systematisch in den nieder-
Typologie der niedergelassenen Allgemeinmedizinerinne
34 %
♂
Systemerhalter
14 %
67 %
♂
Urbane
13 %
58 %
♀
Aussteiger
11 %
♂
Umzingelte
11
57
Hoffn
trä
Im Schweizer
Onex, nahe
Genf, hat Ste-
fan Korsatko
das Team-
work schätzen
gelernt.
Quelle: Schriftliche Befragung 2014 niedergelassener steirischer AllgemeinmedizinerInnen für die Masterthesis von Stefan Korsatko (n=152)