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30

ÆRZTE

Steiermark

 || 10|2015

ARZT & RECHT

Die unterschiedlichen Mög-

lichkeiten haben ihre jewei-

ligen Vor- und Nachteile:

Eine Möglichkeit ist die Pa-

tientenverfügung, in Öster-

reich seit 1. Juni 2006 im

so genannten Patientenverfü-

gungs-Gesetz geregelt. In ei-

ner Patientenverfügung legen

Menschen fest – meist noch

vor Eintritt einer kritischen

Situation –, welche medizi-

nischen Behandlungen sie

dezidiert ablehnen, und diese

müssen auch explizit aufge-

zählt sein. Dabei dürfen nur

Maßnahmen abgelehnt wer-

den, aber keine bestimmten

Behandlungen eingefordert

werden.

Haben Personen eine ver-

bindliche Patientenverfügung

erstellt, müssen sich die be-

handelnden ÄrztInnen daran

halten. Ansonsten erfüllen

sie den strafrechtlichen Tat-

bestand der „eigenmächtigen

Heilbehandlung“ nach Para-

graph 110 StGB. Daher verfas-

sen Mitglieder der Religions-

gemeinschaft Zeugen Jehovas

durchgehend verbindliche

Patientenverfügungen: Sie

lehnen die Gabe von Fremd-

blut ab, worauf Ärzte in Not-

fällen ausschließlich dann

verzichten, wenn ihnen eine

entsprechende verbindliche

Patientenverfügung vorliegt.

Arzt erforderlich

Für eine verbindliche Verfü-

gung ist das ärztliche Aufklä-

rungsgespräch verpflichtend

vorgeschrieben. Der aufklä-

rende Arzt oder die Ärztin

muss in der Verfügung mit

Namen und Adresse genannt

sein. Er oder sie bestätigt

einerseits das Stattfinden des

Aufklärungsgespräches und

andererseits, dass der oder die

VerfasserIn bei der Errichtung

einsichts- und urteils- und

äußerungsfähig war. „Dieses

Gespräch ist umfassend zu

dokumentieren und auch in

den internen Unterlagen des

Arztes zu archivieren“, be-

tont Rechtsanwältin Renate

Rechinger. „Besteht auch nur

die kleinste Unsicherheit in

punkto Einsichts- und Ur-

teilsfähigkeit, sollten Ärzte

zur Sicherheit eine gesonderte

diesbezügliche Untersuchung

einfordern.“

Die verbindliche Patienten-

verfügung muss in Zusam-

menarbeit mit einem/r No-

tarIn, RechtsanwaltIn oder

einem/r rechtskundigen

MitarbeiterIn der Patienten-

vertretung verfasst und im

Patientenverfügungsregister

erfasst werden.

Von der verbindlichen zu

unterscheiden ist die beacht-

liche Patientenverfügung.

Damit geben PatientInnen

den behandelnden Ärztinnen

lediglich eine Orientierungs-

hilfe, eine Art Rahmen, in-

nerhalb dessen dann für die

Ärzteschaft ein Handlungs-

spielraum besteht. Bei der

beachtlichen Verfügung steht

es den PatientInnen frei, ob

sie sich vorab ärztlich beraten

lassen oder nicht. Da jedoch

die wenigsten Laien über das

nötige Wissen verfügen, um

die Konsequenzen (intensiv-)

medizinischer Maßnahmen

abschätzen zu können, sollten

ÄrztInnen den PatientInnen

nahelegen, auch für die be-

achtliche PV eine medizi-

nische Beratung einzuholen.

Für die beachtliche Verfü-

gung muss keine juristische

Beratung absolviert werden

und es bedarf keiner Regis-

trierung (diese ist allerdings

fakultativ möglich). Die be-

achtliche kann jederzeit und

ohne großen Aufwand geän-

dert werden.

Werden nicht alle Formvor-

schriften der verbindlichen

Patientenverfügung erfüllt,

ist sie von den ÄrztInnen

wie eine beachtliche zu be-

handeln, wobei es graduelle

Unterschiede gibt: Eine be-

achtliche ist laut Gesetz umso

mehr zu berücksichtigen, je

eher sie die Voraussetzungen

einer verbindlichen erfüllt.

Außerdem zählt, wie häufig

sie erneuert wurde und wie

lange die letzte Erneuerung

zurückliegt.

Stellvertreter nennen

Neben der Patientenverfü-

gung existiert auch die Vor-

sorgevollmacht, um vorab

Angelegenheiten für den Fall

des Verlusts der Urteilsfä-

higkeit zu regeln. Auch sie

erfordert juristische Beratung

und ist registrierungspflichtig

– zudem wird festgehalten,

wann die Vorsorgevollmacht

in Kraft tritt. Dabei gibt es

zwei Varianten: Entweder tritt

die Wirksamkeit der Voll-

macht sofort ein, aber die

Aufträge an die Bevollmäch-

tigten werden erst für den Fall

des Verlustes der Geschäfts-,

Einsichts- und Urteilsfähig-

keit erteilt, oder die Vorsorge-

vollmacht wird erst mit dem

Verlust der Urteilsfähigkeit

wirksam.

Vorsorgevollmachten werden

im Österreichischen Zentra-

len Vertretungsverzeichnis

ÖZVV erfasst. Darin kann ein

Sachwalter bestimmt werden

oder es werden die Kompe-

tenzen auf mehrere Personen

aufgeteilt. Für ÄrztInnen von

Belang ist vor allem die Be-

stellung einer Vertrauensper-

son, die in Zweifelsfragen zu

kontaktieren ist (wenn kei-

ne verbindliche PV besteht),

die Einsicht in die Patien-

tenakte haben sollte und die

über die religiöse und gene-

relle Lebenseinstellung des/

Patientenverfügung, Vorsorgevoll

In Österreich sterben

mehr als 80 Prozent der Menschen an einer chronischen Erkran-

kung oder einem zuvor diagnostizierten gesundheitlichen Problem. Nahezu 70 Prozent

jener, die in medizinischer Versorgung sterben, tun das nach einer Phase, in der sie nicht

mehr selbst entscheiden konnten, daher sollte eigentlich jede/r entsprechend vorsorgen.

Vorsorgevollmachten werden im Österreichischen

Zentralen Vertretungsverzeichnis ÖZVV erfasst.

Darin kann ein Sachwalter bestimmt werden

oder es werden die Kompetenzen auf mehrere

Personen aufgeteilt.