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ÆRZTE

Steiermark

 || 10|2015

31

ARZT & RECHT

der PatienIn Bescheid wissen

sollte. Diese darf entscheiden,

ob eine Behandlung erfolgt

bzw. fortgesetzt wird. Vor

dem alleinigen Abfassen ei-

ner Vorsorgevollmacht – also

ohne zusätzliche Patienten-

verfügung – warnt Prima-

rius Günther Weber jedoch:

„Existiert eine Vorsorgevoll-

macht, wiegt das Wort des

Bevollmächtigten gleich viel

wie das Wort des oder der

Betroffenen. Daher sollten

die VerfasserInnen vorab in

einer beachtlichen Patien-

tenverfügung einen Rahmen

vorgeben.“ Denn auch nach

Verlust der Urteilsfähigkeit

haben viele Menschen helle

Momente, in denen sie durch-

aus ihre Wünsche äußern

können, die berücksichtigt

werden sollen, selbst wenn sie

denen der Bevollmächtigten

widersprechen.

Eher unbekannt ist die Tat-

sache, dass der oder die

durch eine Vorsorgevoll-

macht bestellte VertreterIn

(Bevollmächtigte/r) in keiner-

lei Abhängigkeitsverhältnis

oder einer anderen engen Be-

ziehung zu einer Krankenan-

stalt, einem Heim oder einer

sonstigen Einrichtung stehen

darf, in der sich der oder die

Vollmachtgebende aufhält.

Gemeinsam planen

Erst im Planungsstadium be-

findet sich die gesundheitliche

Vorausplanung im Zuge eines

Vorsorgedialogs. Diese inter-

professionellen, wiederkeh-

renden und dokumentierten

Gespräche sollen vor allem

in Alten- und Pflegeheimen

stattfinden – mit demZiel, alle

relevanten Fragen zu klären,

bevor ein/e PatientIn nicht

mehr urteilsfähig ist. Im Ge-

spräch, an dem idealerweise

auch die Vertrauenspersonen

der/des PatientIn ebenso wie

ausgewähltes Pflegepersonal

teilnehmen, sollen die indivi-

duellen Wünsche zur letzten

Lebensphase geklärt werden,

und das unter ärztlicher Auf-

klärung. Fünf Hauptfragen,

so Primarius Günther We-

ber, sollen jedenfalls ange-

sprochen werden: Wer trifft

im Falle mangelnder Urteils-

fähigkeit die medizinischen

Entscheidungen? Welche me-

dizinischen Behandlungen

werden gewünscht, welche

abgelehnt? Wie und wo möch-

te der/die Betroffene in der

allerletzten Lebensphase be-

treut werden? Was wünscht

er oder sie sich von seinem

Umfeld, und was möchte er

oder sie den Angehörigen und

Freunden noch mitteilen?

Das Ergebnis soll dann im

Heim aufliegen und im Not-

fall schnell zur Hand sein

– auch ohne den großen bü-

rokratischen Aufwand einer

offiziellen Registrierung. Der

Start des Vorsorgedialoges

war ursprünglich für den

Sommer 2015 vorgesehen ge-

wesen, musste aber verscho-

ben werden – noch sind juri-

stische Punkte zu klären. Die

nächste Sitzung dazu findet

Ende November statt.

Fürchten sich PatientInnen

vor der Endgültigkeit einer

macht, Dialog: die Argumente

Patientenverfügung, können

sie die behandelnden Ärz-

tInnen in einem wesentlichen

Punkt beruhigen: Laut Ge-

setz wird eine Bestimmung

in einer Patientenverfügung

nämlich nicht nur dann un-

wirksam, wenn sie der Pati-

ent widerruft, sondern auch,

wenn sich „der Stand der me-

dizinischen Wissenschaft (…)

im Hinblick auf den Inhalt

der Patientenverfügung seit

ihrer Errichtung wesentlich

geändert hat“.

Niemand muss also aufgrund

einer Patientenverfügung an

einer später heilbaren Krank-

heit oder Verletzung sterben.

Auf den ersten Blick

Den einfachsten Hinweis auf das Vorhandensein einer

Patientenverfügung stellt die entsprechende Karte im

Portemonnaie dar: Sie wird beispielsweise vom beratenden

Rechtsanwalt oder der Anwältin ausgegeben, wenn es sich

um eine verbindliche oder eine registrierte beachtliche

Verfügung handelt. Im Falle nicht registrierter Patien-

tenverfügungen liegen diese manchmal direkt auf dem

Nachttisch– gut sichtbar für behandelnde ÄrztInnen oder

Vertrauenspersonen. Sofern keine notfallmedizinische

Maßnahme vonnöten ist, können ÄrztInnen bei Ver-

trauenspersonen nachfragen, ob sie von einer PV wissen.

Manchmal sind auch nur Hausärztin oder Seelsorger in-

formiert.

In der Notfallmedizin besteht für die Ärzteschaft ohnehin

keine Verpflichtung, nach einer Patientenverfügung zu

suchen. Aber auch für weniger akute Situationen lehnt ÄK-

Vizepräsident Garzarolli es ab, dass ÄrztInnen sich darum

kümmern sollten, ob eine Patientenverfügung vorhanden

ist. „Wer eine Verfügung errichtet, muss selbst dafür sor-

gen, dass diese im Ernstfall bekannt gemacht wird.“ Für

die Ärzteschaft dürfe kein zusätzlicher bürokratischer

Aufwand entstehen.

Fotos: Fotolia