

Ærzte
Steiermark
|| 12|2016
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Arzt im besonderen Dienst
Zwischen Ochs und Esel,
Meduni und Kongressen
Gastroenterologe Günter Krejs
pflegt ganzjährig ein weih-
nachtliches Hobby: die Erhaltung und – mitunter eigenhändige
– Erweiterung seiner mehr als hundertjährigen geschnitzten
Krippe.
Begonnen hat alles – streng ge-
nommen – mit Kaiser Joseph
II. Hätte dieser eine andere
Form von Politik betrieben,
würde der Gastroenterologe,
pensionierte Klinikvorstand
und emeritierte Ordinarius
für Innere Medizin in Graz,
Günter Krejs, heute vielleicht
einem ganz anderen Hobby
nachgehen.
Doch der Kaiser verbot in den
1780ern sämtliche Kirchen-
krippen und löste damit den
Trend zur eigenen Krippe im
gutbürgerlichen Haus aus. Be-
sonders gepflegt wurde diese
Tradition unter anderem in
der mährischen Sprachinsel
Iglau, der Heimat von Günter
Krejs᾽ Vorfahren. Schon der
Urgroßvater, Buchbinder
Hans Vorreiter, stellte all-
jährlich die weitläufige hand-
geschnitzte Krippe auf – ein
mährisch anmutendes Beth-
lehem mit heimischer Fauna
und einem Neuschwanstein
nachempfundenen Herodes-
Schloss.
Urenkel Günter war und
ist so fasziniert von diesem
Erbstück, dass er schließlich
selbst zu schnitzen begonnen
hat, um die Krippe nach ei-
gener Vorstellung erweitern
zu können. Das Handwerk
gelernt hat er bei einem bay
erischen Schnitzmeister, auf
den er ausgerechnet in den
USA gestoßen ist.
Auf Weingarten
verzichtet
Aber zu r ück zu den
mährischen Wurzeln: Bereits
um 1900 übersiedelten Krejs᾽
mütterliche Vorfahren nach
Österreich – zu Friedens-
zeiten, in denen man auch
Luxusgüter wie eine Holz-
krippe transportieren konnte.
Günter Krejs wurde 1945 in
Waidhofen an der Ybbs gebo-
ren und wuchs in Krems an
der Donau auf, wo sein Vater
an der Lehrerbildungsanstalt
unterrichtete. Seine Mutter
hatte die Krippe geerbt und
der kleine Günter konnte sich
nie daran sattsehen. Schon
als Bub favorisierte er ein-
zelne Figuren, wie einen Le-
senden im Wald, den die
Familie „den Philosophen“
nannte. Oder den Müller, der
gerade seinen Mehlsack ab-
lädt. Weil Krejs so großes
Interesse an der Krippe zeigte,
war es schließlich er – und
keiner seiner drei Brüder –, in
dessen Besitz die wertvollen
Schnitzarbeiten 1976 über-
gingen. „Ich habe dafür auf
einen Weingarten verzichtet“,
betont Krejs. Aber für den
Weinbau hätte er neben seiner
anspruchsvollen beruflichen
Tätigkeit ohnehin keine Zeit
gehabt.
Ursprünglich wollte Krejs wie
der Vater Lehrer werden, aber
ein halbes Jahr vor der Matu-
ra schwenkte er auf Medizin
um. Schließlich studierte er
in Wien und Zürich Human-
medizin und ging nach dem
Turnusbeginn in Wien zur
Facharztausbildung erneut in
die Schweiz. Dort weckte ein
amerikanischer Gastprofes-
sor seine Begeisterung für
die Gastroenterologie, die bis
heute sein Spezialgebiet ge-
blieben ist.
An Austrian
Man in Dallas
In der Schweiz war es bereits
damals üblich, zum Aufbau
einer wissenschaftlichen Kar-
riere internationale Erfah-
rungen zu sammeln. Und so
kam es, dass der Österreicher
Günter Krejs im Jahr 1975
von Zürich aus und mit einem
Stipendium des Schweizer
Nationalfonds im texanischen
Dallas an der Southwestern
Medical School zu arbeiten
begann. Zunächst als In-
structor, dann als Assistant
Professor und schließlich als
Professor für Innere Medizin
– an einer der renommiertes-
ten Medunis weltweit. „Die
Southwestern Medical School
ist die einzige, wo heute fünf
Nobelpreisträger unterrich-
ten“, erzählt er stolz von sei-
nem universitären Zuhause.
Über zwölf Jahre wurde Dal-
las auch privat sein Zuhause,
die beiden Söhne gingen dort
zur Schule – und blieben
schließlich auch in den USA,
als der Vater dem Ruf nach
Graz folgte. „Ein Ordinarius
für die komplette Innere Me-
dizin – das hat mich gereizt.
Heute gibt es das ja gar nicht
mehr“, erzählt er. Krejs setzte
sich unter 48 Bewerbern
durch und übersiedelte in die
Steiermark, obwohl er bereits
Doppelstaatsbürger war und
geglaubt hatte, in Dallas alt zu
werden. „Ich bereue nichts“,
sagt Krejs in Bezug auf sei-
ne berufliche Entwicklung.
Nach Dallas kehrt er ohnehin
regelmäßig zurück – auf 274
Atlantik-Überquerungen hat
er es bereits gebracht –, um
seine Familie zu besuchen.
Und bis zu dessen Tod im Jahr
2015 traf er sich auch immer
noch mit „seinem“ Schnitz-
meister, dem nach Dallas aus-
gewanderten Bayern Ludwig
Kieninger.
„Ich hab mehr Schnitzeisen als Zeit.“
Günter Krejs
Günter Krejs mit
seiner ererbten
mährischen Krippe,
die er ständig eigen-
händig ergänzt.