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ÆRZTE
Steiermark
|| 09|2017
denseinsatz auf beschränkte
Ressourcen angewiesen zu sein,
hat Signe Buck im Jahr 2001 bei
der KFOR-Truppe am eigenen
Leib erfahren. In dieser Zeit, als
600 Menschen Tag und Nacht
miteinander in einem räum-
lich sehr begrenzten Camp
verbringen mussten – ringsum
war die Gegend noch ver-
mint – wurde ihr bewusst, wie
wertvoll die enge Kooperation
zwischen Militärarzt, -pfarrer
und -psychologen ist. „Nicht
jeder Soldat spricht mit jedem
gerne, wenn die drei aber zu-
sammenarbeiten, lässt sich die
Stimmung in der Truppe gut
erfassen.“
U. JUNGMEIER-SCHOLZ
Nach nur siebeneinhalb Stun-
den war der im Kosovo ver-
letzte Soldat schon auf dem
OP-Tisch in Linz; eine Spit-
zenleistung, die Signe Buck in
Erinnerung bleibt. Auch sie
persönlich hat mit ihrer Karri-
ere einen Rekord aufgestellt: In
weniger als zwei Jahrzehnten ist
die Ärztin vom Eintritt in das
Österreichische Bundesheer
zum Oberstarzt aufgestiegen
und wurde zu Jahresbeginn
mit der Führung der Abtei-
lung Medizin des Kommandos
Landstreitkräfte betraut.
Eine ihrer zahlreichen Auf-
gaben in dieser Funktion ist
MEDEVAC (Medical Eva-
cuation), die schnellstmög-
liche und schonendste Rück-
holung verletzter oder ver-
wundeter Soldaten aus dem
Auslandseinsatz nach Hause.
„Dazu haben wir eine Her-
kules C-130, ein Transport-
flugzeug, in das bei Bedarf ein
Sanitätscontainer, eingerichtet
als fliegende Intensivstation,
eingeschoben werden kann“,
erklärt sie. Knifflige Aufga-
ben reizen die Ärztin, die
auch über tropenmedizinische
und aeromedizinische Spezial-
kenntnisse verfügt; Innovati-
onsfreude, Zielstrebigkeit und
Verhandlungsgeschick sieht sie
selbst als ihre Stärken.
Hüttenurlaub
So detailliert sie die ärztliche
Versorgung eines einzelnen
Soldaten in einer Ausnahme-
situation durchplant, so sehr
Wird es eng in den Seelen
der Soldaten, sorgen ihre An-
sprechpartner nicht nur für
Einzelgespräche, sondern auch
für einen Kirchkaffee am Sonn-
tag oder einen Kabarettabend.
Die Optimierung dieser inter-
professionellen Zusammenar-
beit setzte sich Buck zum Ziel
und verfasste zum Abschluss
ihres Grundausbildungslehr-
ganges auf der Landesverteidi-
gungsakademie eine Seminar-
arbeit dazu; die Keimzelle der
heute im Bundesheer instituti-
onalisierten Humanfaktoren-
gruppen.
Buck selbst vereint Anteile al-
ler drei Professionen in ihrem
Ausbildungsportfolio: Die Nie-
derösterreicherin hat nicht nur
in Wien und Graz Humanme-
dizin studiert, sondern auch
mit evangelischer Theologie
begonnen („der Abschluss ist
mein Pensionsprojekt“) und
sich an der Donauuniversität
Krems zur Psychotherapeu-
tin ausbilden lassen. In ihrer
Privatordination im südstei-
rischen Wildon bietet sie un-
ter anderem psychotherapeu-
tische Hilfe an, zudem ist sie
gefragte Ansprechpartnerin
zu Diagnose und Behand-
lung seltener Infektionskrank-
heiten.
„Eklatanter Ärztemangel“
Zum Österreichischen Bun-
desheer kam Buck auf Umwe-
gen: „Dass ich Ärztin werden
wollte, war mir klar, seit ich
zwölf war“, erzählt Buck. „Ich
hätte mir gut vorstellen kön-
nen, eine Landarztpraxis zu
behält sie das Wohlergehen
der gesamten Truppe im Auge.
Schließlich ist sie für die medi-
zinischen Agenden aller neun
Militärkommanden, vier Bri-
gaden und weiterer Einheiten
im In- und Ausland zuständig.
Wenn Pioniere in die unga-
risch-serbische Grenzregion
beordert werden oder Soldaten
zum Assistenzeinsatz an die
österreichische Grenze, aber
auch bei Großveranstaltungen
wie der Fußballmeisterschaft
Euro 08 oder beim Weltwirt-
schaftsgipfel in Davos, dann
ist ihre Abteilung am Zug.
Dort wird die sanitätsdienst-
liche Unterstützung konzipiert,
die internationale ärztliche
Kooperation geklärt und die
Vorgangsweise bei möglichen
Großunfällen festgelegt.
Besonderes Augenmerk wird
auf die medizinische Ausrüs
tung bei Auslandseinsätzen ge-
legt: Mitgeführtes muss so flexi-
bel verwendbar sein, dass auch
unerwartete Vorfälle gemeistert
werden können. „Als Militär-
arzt muss man – besonders im
Auslandseinsatz – gedanklich
sehr lebendig bleiben“, betont
Buck. Entweder man findet
einen Weg, um Fehlendes doch
noch zu organisieren, oder be-
hilft sich mit dem Vorhan-
denen. „Da ist es wie beim
Urlaub in einer Berghütte: Der
Haushalt ist nicht komplett ein-
gerichtet und der nächstgele-
gene Greißler kein Supermarkt.
Gekocht wird trotzdem.“
Interprofessional
Was es heißt, bei einem Frie-
SERIE
Ärztin im besonderen Dienst
Grand(e) Dame und Pionierin
Signe Buck war unter den ersten fünf Ärztinnen beim Bundesheer
– nun verantwortet sie als Oberstarzt sämtliche medizinischen
Belange der Landstreitkräfte. In der Pension plant sie, ihr
Theologiestudium zu beenden.
Als Militärarzt muss
man gedanklich sehr
lebendig bleiben.“
Signe Buck
Fotos: Beigestellt