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„ELGA? So nicht!“
Das war das Motto einer Informations-
und Unterschriftenkampagne der Ös-
terreichischen Ärztekammer, für die
von August bis September 2012 mehr
als 100.000 Österreicherinnen und
Österreicher unterschrieben haben.
Die fünf zentralen Forderungen der
Ärztekammer bestanden in freiwilli-
ger Teilnahme an ELGA, garantierter
Benutzerfreundlichkeit im ärztlichen
Alltag, Datenschutz und Datensicher-
heit, gesicherter Finanzierung und ei-
ner Probephase. Die Freiwilligkeit der
Teilnahme möchte die Ärzteschaft mit
einer Opt-in-Lösung umsetzen – das
bedeutet, dass nur jene, die sich bei
ELGA anmelden, auch an ELGA teil-
nehmen. Vom Gesetzgeber vorgesehen
ist jedoch eine Opt-out-Lösung. Diese
sieht vor, dass PatientInnen automa-
tisch an ELGA teilnehmen. Möchten
sie das nicht, können sie sich bei einer
Widerspruchsstelle abmelden.
Die Benutzerfreundlichkeit von ELGA
ist ein weiterer zentraler Diskussions-
punkt. So soll ELGA laut Befürwortern
die ärztliche Arbeit erleichtern, dies
wird – nicht nur von der Ärztekammer
– in Frage gestellt. So erklärten die Ex-
perten Ludwig Gruber und Burkhard
Walla beim parlamentarischen Exper-
tenhearing am 24. Oktober 2012, dass
der bürokratische Aufwand, vor allem
in den Spitälern, schon jetzt enorm sei
und ELGA in der geplanten Form die
Arbeit der MedizinerInnen erschwe-
ren anstatt erleichtern würde. Eine
Probephase für ELGA wird auf jeden
Fall gefordert.
Datensicherheit und Datenschutz sind
ein weiterer Kritikpunkt bei ELGA.
So stellt die Speicherung der Gesund-
heitsdaten ein Risiko für Datendieb-
stahl dar. Weitere offene Fragen betref-
fen die der Haftung, die Finanzierung
(v.a. für niedergelassene ÄrztInnen)
und die Zugangsberechtigungen.
Unklarheiten gibt es auch hinsicht-
lich der Einführungskosten. Das Ge-
sundheitsministerium argumentiert
mit einer Kosten-Nutzen-Analyse der
mittlerweile insolventen Hamburger
Debold & Lux Beratungsgesellschaft
für Informationssysteme. Diese spricht
von einmaligen Kosten in der Höhe von
130.000 Euro und jährlichen Betriebs-
kosten von 37.000 Euro. Dem stün-
den jährliche Einsparungen zwischen
142.000 und 227.000 Euro gegenüber.
Die von der ÖÄK beauftragte renom-
mierte Wirtschaftsprüfungskanzlei
Hübner & Hübner kommt auf ein
jährliches Einsparungspotenzial von
nur knapp 22.000 Euro. Geht man von
den Zahlen eines in Deutschland ge-
planten Systems aus, kommt man auf
Österreich umgerechnet auf Gesamt-
kosten von rund 1,4 Milliarden Euro
– Gesundheitsminister Alois Stöger
geht hingegen von 150 Millionen Euro
Gesamtkosten aus.
Trotz der zahlreichen Kritikpunkte
und des massiven Widerstandes wur-
de das ELGA-Gesetz am 13. November
2012 im Nationalrat beschlossen, pas-
sierte am 29.11.2012 den Bundesrat
und trat mit 1. Jänner 2013 in Kraft.
Die Ärztekammer zeigte sich ent-
täuscht: Es sei in höchstem Maße
bedauerlich, dass Geld, das dringend
für die Versorgung der Bevölkerung
benötigt werde, für weniger patienten-
orientierte Zwecke ausgegeben werde.