AERZTE Steiermark | März 2015 - page 27

Ærzte
Steiermark
 || 03|2015
27
Prävention
Grafik: Fotolia, Montage: Mirko Maric´
Mickey got measles!
Dass „Impfskepsis“ politisch
nahezu Mainstreamfähig wer-
den kann, ist derzeit in den USA zu beobachten. Und: Auch hier-
zulande ist Impfen in letzter Zeit wieder zum medialen Thema
geworden. Aus ärztlicher Sicht bisher aber erfreulich konstruktiv.
Begonnen hat die derzeit wie-
derdeutlichverstärktemediale
Berichterstattung zumThema
Impfung eigentlich erfreulich:
Ohne konkreten Anlassfall
berichteten einige österrei-
chischePrintmedien,wieStan-
dard und Presse, über das
Impfen. Erfreulich war auch,
dass profil dem Thema sogar
eine Titelgeschichte widmete.
Tenor: Eine Aufarbeitung der
häufigsten „impfkritischen“
Mythen und eine Gegenüber-
stellung mit den nüchternen
Fakten, die klar für die Imp-
fung sprechen.
Republikanische Contras
& demokratische Pros
Unterstützt wurde dieser
Prozess wahrscheinlich
von den aktuellen Entwick-
lungen in den USA: Obzwar
in den Vereinigten Staaten
eine Art indirekter Impf-
pflicht für Kinder besteht – so
ist etwa der Nachweis einer
Masern-Impfung nötig, um
in einen Kindergarten bzw.
eine (Vor-)Schule aufgenom-
men zu werden –, war Jänner/
Februar ein größerer Ma-
sernausbruch zu verzeich-
nen: Ausgangspunkt war das
kalifornische Disney-Land.
Anfang Februar wurden über
100 Fälle gezählt. An sich
wäre eine solche Entwick-
lung angesichts der hohen
Durchimpfungsrate eher
nicht zu erwarten, aber die
„Gate-keeper-Impfung“, die
den Zugang zum US-ameri-
kanischen Vor- bzw. Schulsy-
stem ermöglicht, kann etwa
aus religiösen
oder auch „phi-
losophischen“ Gründen
umgangen werden. Die da-
durch entstandene Impflücke
war offenbar groß genug, den
Masern Tür und Tor zu öff-
nen. Und – aus europäischer
Sicht eher erstaunlich: Damit
wurde Impfen sogar zum
Thema im amerikanischen
Wahlkampf.
Namhafte republikanische
ProponentInnen – darunter
sogar ein Gouverneur und
ein Senator – meldeten sich
mit Statements zu Wort, die
stark für ein – derzeit (siehe
oben) nur bedingt gegebenes
– Selbstentscheidungsrecht der
Eltern in Sachen Impfung
plädierten. Zur „Garnitur“
wurden leidig bekannte My-
then, wie etwa das Auftreten
geistiger Störungen nach Kin-
derimpfungen, offeriert.
Die gute Nach-
richt: Of fenbar
waren vernunftaffine
innenpolitische Kräfte alert
und aktiv genug, dem Spuk
ein rasches Ende zu setzen,
die impfskeptischen Poli-
tiker ruderten bald zurück.
Aber die Entwicklung zeigt:
Auch in einer Gesellschaft,
in der die (praktisch ver-
pflichtende) Schutzimpfung
seit vielen Jahren zum gesell-
schaftlichen Konsens zählt
– immerhin ist sie notwenige
Voraussetzung zum Zugang
ins Schulsystem –, kann die
öffentliche Meinung rasch
ins Wanken geraten.
Der Berliner
Bär ist auch krank
Und dann kam es, wie es
meistens kommen muss: Mit
zunehmender geografischer
Nähe der Masern wurden
auch Medien-Formate auf
das Thema aufmerksam, die
weniger gerne seriöse Hinter-
grundgeschichtenbringen– in
Berlin brachen die Masern
aus – und zwar „anständig“.
Das Robert-Koch-Institut
gibt mit Stand vom 3. März
im gesamten Bundesgebiet
831 Masernerkrankungen
bekannt, davon 546 in Ber-
lin. Die Anzahl der Neuer-
krankungen steigt weiter und
das RKI führt auch an, dass
es sich um die höchste Zahl
für Berlin seit Inkrafttre-
ten des Infektionsschutzge-
setzes handle. Der Berliner
Ausbruch verbreitete sich
anfangs vornehmlich unter
Asylsuchenden, von denen
die meisten aus Bosnien und
Herzegowina oder Serbien
stammen. Mittlerweile treten
Erkrankungsfälle allerdings
überwiegend in der übrigen
Berliner Bevölkerung auf,
so die durchaus besorgnis-
erregenden Meldungen des
Robert-Koch-Instituts. Be-
sonders tragisch: Trotz der
exzellenten medizinischen
Versorgung, mit der die
deutsche Bundeshauptstadt
aufwarten kann, war ein
Todesfall infolge Masern bei
einem nur 3-Jährigen Kind
zu beklagen.
Jetzt & Hier:
Impflücken schließen!
„Insgesamt ist die Lage derzeit
bei uns noch gut“, berichtet
die Leiterin des für Impfen
zuständigen Fachbereichs
„Medizinische Services“ in der
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