AERZTE Steiermark | Mai - page 44-45

Ærzte
Steiermark
 || 05|2015
45
Der ganz normale Praxiswahnsinn
Rein rechnerisch ist es keine
Frage. Während die Stellen
seit Jahren stagnieren, wächst
die Bevölkerungszahl. Auf
eine Kassenärztin, einen Kas-
senarzt kommen heute um
weit über 100 Menschen mehr
als vor zehn oder 15 Jahren.
Um das Verhältnis des Jah-
res 2000 wiederherzustellen,
wären rund 1.000 Stellen in
Österreich und rund 180 in
der Steiermark nötig.
Soweit die Mathematik. Aber
was sagen die Ärztinnen und
Ärztinnen? Bei der letzten
Frage des Monats von AE-
RZTE Steiermark ging es ge-
Planstellendiskussion
Meinungen, Forderungen, Bedenken und
Wünsch von steirischen Ärztinnen und
Ärzten. Eine Auswahl.
„Jedem Arzt seine Hausapotheke!“
„Bin gegen irgendwelche staatliche Gesundheits­
zentren!“
„Ein zeitgemäßer Honorarkatalog wäre viel hilf-
reicher als neue Planstellen!“
„Aber: Wer bezahlt es? Woher die Ärzte?“
„Ich bin für die Schaffung von Gruppenpraxen ohne
Reihungszwang!“
Wo kommen die Ärzte her? Bessere Honorierung
des Zeitaufwandes!“
„Im Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie geht es
dringend um die ERSTMALIGE Schaffung von
nau darum. 250 Ärztinnen
und Ärzte antworteten. Und
das Ergebnis ist recht deutlich:
Mehr als 60 Prozent sprachen
sich generell für zusätzliche
Planstellen aus, mehr als ein
Fünftel für punktuelle Maß-
nahmen – gemeinsam sind
das mehr als 83 Prozent.
8,4 Prozent wollen keine zu-
sätzlichen Planstellen. Wei-
tere 8 Prozent wollen andere
Lösungen oder machen keine
Angaben.
Dass Planstellen aber nicht
alle Probleme lösen, zeigen
die Zusatzbemerkungen, die
wir hier veröffentlichen.
GKK-Planstellen. Es existiert
bisher KEINE GKK-Planstel-
le in diesem eigenen Fach!“
„Es sollte meiner Meinung
nach auch mehr in Richtung
Prophylaxe und medizinische
Aufklärung bei Patienten mit
Migrationshintergrund geför-
dert werden.“
Wo kommen die Ärzte her?
Bessere Honorierung des
Zeitaufwandes!“
„Nachdem der Ambulanzbe-
trieb in den Spitälern zuneh-
mend runtergefahren wird
und Patienten immer länger
auf Termine warten müssen,
sind zusätzliche Planstel-
len unbedingt nötig. Sonst
bleiben die Patienten ohne
Zusatzversicherung auf der
tigen niedergelassenen Ärzte
optimiert werden.“
„Eine Planstelle zu überneh-
men muss für uns junge
Ärzte wieder einen Anreiz
haben. Das fehlt zur Zeit lei-
der total!“
„Gesamtlösung des Gesund-
heitssystems notwendig –
Praxis und Spitalsbetrieb
Planstellen können jetzt
schon oft schwer nachbesetzt
werden.“
„Generell wäre vorerst eine
Erhaltung der Planstellen
mit eventueller Umvertei-
lung sinnvoll! Weiters wäre
eine sinnvollere Nutzung
unserer Ressourcen anzu-
streben, z. B. indem ein
Arzt nicht zu VW fährt,
Strecke und wir haben eine
Zweiklassenmedizin in Ös-
terreich, einem der reichsten
Länder der Welt.“
„Ärztekooperationen sollten
ermöglicht bzw. erleichtert
werden.“
„Wenn man
diese über-
haupt
besetzen
kann …“
„Vor der Schaffung neuer
Planstellen sollten die Ordi-
nationszeiten der derzeit tä-
sondern die Pflege.
Als Arzt muss ich auch nicht
unbedingt RR messen und
Rezepte im Heimbesuch
ausstellen. Andererseits ge-
rechteres Preis-Leistungsver-
hältnis!“
„Die Schaffung von Planstel-
len allein ändert nichts am
kaputten System der Kassen-
medizin. Abschaffung von
Deckelung und Degression
ist eine minimale Vorausset-
zung für sinnvolles Arbeiten.
Das Herunterfahren der
Spitalsambulanzen macht
eine Stärkung des niederge-
lassenen Bereichs notwen-
dig, letztlich haben sich die
Kassen um diese Finanzie-
rung auch gedrückt und die
Spitalsärzte schuften lassen!!!“
Braucht die Steiermark
(und nicht nur sie) mehr Kas-
senplanstellen? Eine AERZTE
Steiermark Umfrage.
Alles neu macht der Mai
Kollege A. erzählt mit sorgenvoller Stimme, dass er gerade einen
Kostenvoranschlag für seine neue EDV erhalten hat.
Von der Kohle einmal abgesehen beschäftigt ihn vor allem die
Angst vor der Veränderung. „Wie wird das laufen, wie wird das
gehen, wie werden sich alle Beteiligten daran gewöhnen?“ „Wun-
derbar wird das laufen, völlig reibungslos. Wirst sehen!“, lüge ich
ihm mit strahlendem Lächeln ins Gesicht. (Er tut mir halt leid).
Ich bin nämlich gerade stolze Besitzerin einer neuen EDV Anlage
geworden. Und das lief ziemlich holprig und mir fallen alle mög-
lichen Attribute dazu ein. Wunderbar oder reibungslos gehören
allerdings nicht dazu.
Montag, gleich nachdem der letzte Patient die Ordi verlassen
hatte, erschienen die Heinzelmännchen von der EDV-Firma mit
neuen Computern, Bildschirmen, Mäusen, Kabeln und noch mehr
Kabeln. Schritt eins, Zusammenbau und Programmfunktion war
in wenigen Stunden erledigt. Ich begann zu hoffen.
Schritt zwei, Implementierung von Fremdprogrammen wie EKG
oder Lufu dauerte bis zum späten Abend. Und setzte sich in den
nächsten Tagen weiter fort. Es schien fast so, als würden sich die
PCs dagegen wehren. Einstellungen veränderten sich von selbst –
künstliche Intelligenz?
Und immer dann, wenn die Ordi am vollsten war, stürzte minde-
stens eines der Geräte ab. Ich versuchte mich gegen ungeduldige
Patienten zu wehren und wimmerte wiederholt ins Telefon zwecks
Fernwartung. Gegen Ende der ersten Woche schienen sich die
Computer eingelebt zu haben und gaben sich friedlich.
Was freilich nur dazu da war, um mich in falsche Sicherheit
zu wiegen. Am folgenden Montag wollte der Server nicht mehr
hochfahren. Und solidarisch mit ihm waren Telefon, Fax und
Internet ausgefallen und ich damit von Außenwelt und Wartung
abgeschnitten.
Irgendwie schaffte ich es dann trotzdem, ihn zum Laufen zu
kriegen und der Bildschirm sprach: „Sie haben keine Lizenz für
dieses Programm.“
Zahlt die Versicherung eigentlich, wenn man seine EDV er-
schlägt?
Dr. Ulrike Stelzl ist niedergelassene Ärztin für Allgemeinmedi-
zin. Mehr von ihr gibt es im Buch „Hallo Doc! Anekdoten aus der
Sprechstunde“ (Goldegg Verlag 2014).
praktisch
täglich
Von Ulrike Stelzl
Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
44
Ærzte
Steiermark
 || 05|2015
JA
Punktuell
SONSTIGE
kEINE aNGABEN
NEIN
AERZTE 
Steiermark 
Online Umfrage 
April 2015, n=250
Zusätzliche Planstellen bei §2-Kassen
schaffen?
Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
Fotos: Stelzl, Shutterstock
1...,24-25,26-27,28-29,30-31,32-33,34-35,36-37,38-39,40-41,42-43 46-47,48-49,50-51,52-53,54-55,56-57,58-59,60
Powered by FlippingBook