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Ærzte

Steiermark

 || 07_08|2015

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Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

dingt gewahrt bleiben“, sagte

er in einem Interview mit der

Österreichischen Ärztezeitung.

Bereits im März hatten der

steirische Ärztekammerprä-

sident Herwig Lindner und

der Obmann der Niederge-

lassenen Ärzte, Vizepräsi-

dent Jörg Garzarolli das Vor-

haben ganz klar abgelehnt:

„Ärztinnen und Ärzte haben

nicht die Aufgabe, ihren Pa-

tientinnen und Patienten zu

misstrauen.“ Zudem seien die

Krankenstände pro Erwerbs-

tätigem in den letzten Jahr-

zehnten kontinuierlich ge-

sunken. „Wir haben eher das

Problem, dass Menschen trotz

Krankheit arbeiten“, sagte

Lindner.

Garzarolli schlug vor, nur bei

„notorischen Krankenstand-

sammlern, wenn ein begrün-

deter Missbrauchsverdacht

vorliegt, verpflichtend eine

vertiefende fachärztliche Un-

tersuchung vorzuschreiben,

statt allen Arbeitnehmern,

wenn sie krank werden, pau-

schal staatliches Misstrauen

entgegenzubringen“.

Und Kontrolle gibt es ja

bereits, wie der Kurier an-

merkte: „Schon jetzt werden

Kosten verursachende Auf-

fälligkeiten den Kassen auto-

matisch gemeldet.“

Wenn etwa ein Patient inner-

halb kürzester Zeit bei ver-

schiedenen Ärzten dieselben

Medikamente bezieht (mög-

licher Verdacht: er verkauft

die Präparate), dann wird das

von der Krankenkasse bzw.

dem Hauptverband überprüft.

Zudem bekommt der behan-

delnde Arzt sofort eine ent-

sprechende Meldung.

Mittlerweile wird ernsthaft

geprüft, ob die Bescheini-

gung der Arbeitsunfähigkeit

(„Krankenstandsmeldung“)

durch niedergelassene Ärz-

tinnen und Ärzte weiterhin

stattfinden soll. Denn, wenn

das (aufgrund einer fun-

dierten Diagnose, die Haus-

und Fachärztinnen bzw.

-ärzte natürlich weiterhin

machen) gleich der kontroll­

ärztliche Dienst der Kranken-

kassen übernimmt, würde

jegliche Betrugsmöglichkeit

von vornherein entfallen …

„Aus nicht nachvollziehbaren

Gründen ersetzt die Steier-

märkische Gebietskranken-

kasse nicht 80 % des Kassen-

tarifs (…). Vielmehr legt die

STGKK die Rückersatztarife

unterschiedlich, je nach Fall-

gruppe, laut ihren eigenen

Satzungen fest. Diese liegen

teilweise im Bereich von 20-

30 % des Kassentarifes. Da-

rüber hinaus dauert auch die

Abrechnung meist Monate

und bedeutet gerade für sozial

schwache PatientInnen eine

hohe finanzielle Belastung

… Aufgrund der sinkenden

Zah1 an niedergelassenen

Ärzten mit Kassenvertrag ist

der Besuch beim Wahlarzt

schon lange kein Luxus mehr.

Denn oft haben die Patienten

gar keine andere Möglich-

keit. Die Benachteiligung der

GKK-Patienten muss mit ei-

ner Angleichung der Rück-

erstattungskosten auf das

ASVG-Niveau von 80 % rasch

behoben werden.“

Im Vorjahr hatte AK-Vizeprä-

sident Franz Gosch (ÖAAB)

diese Forderung als Resolu-

tion in die Arbeiterkammer

eingebracht. Nachdem sie zu-

vor im zuständigen Ausschuss

beraten worden war, stand sie

nun auf der Tagesordnung der

Juni-Vollversammlung. Und

wurde dort mit den Stimmen

aller Fraktionen beschlossen.

Das heißt, die Erhöhung der

Rückersätze auf 80 Prozent

ist nun die offizielle Position

der Kammer für Arbeiter

und Angestellte in der Stei-

ermark. Interessanter Aspekt:

Der Präsident der steirischen

Arbeiterkammer, Josef Pesserl,

war zuvor bekanntlich Ob-

mann der steirischen Gebiets-

krankenkasse.

Wahlarzt und ÄK-Vizeprä-

sident Martin Millauer hofft

mit Gosch, dass die AK-For-

derungen nun bald von der

GKK umgesetzt werden.

„Wenn nur 10 Prozent

der Patienten, die heute

krankgeschrieben werden,

zusätzlich überwiesen

werden, steigen die

Facharzt-Kontakte

um 600.000, die 26,4

Millionen Euro kosten.“

Gesundheitsökonom und

Mediziner Ernest Pichlbauer

„Mystery Shopping ist Spitzelwesen“:

Protestinserat der Österreichischen

Ärztekammer (links).

Für höhere Rückersätze: Martin Millauer und Franz Gosch.

Volle 80 Prozent

Eine Arbeiterkammer-Resolution fordert, dass Wahl-

arztpatientinnen und -patienten die vollen 80 Prozent

Rückersatz bekommen sollen.

Foto: ÖAAB, Fotolia/ÖÄK, Schiffer