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ÆRZTE

Steiermark

 || 09|2017

WIRTSCHAFT

&

ERFOLG

WALTER HOCH

Die meisten Menschen brau-

chen Bauarbeiten in ihrem

Lebens- oder Arbeitsumfeld

so dringend wie den sprich-

wörtlichen Kropf: Abscheu

vor Lärm, Schmutz, Stress,

Kosten und vor allem vor

der Beeinträchtigung der täg-

lichen Abläufe führen dazu,

dass viele fast bis zum letzten

Abdruck zuwarten, bevor sie

Sanierungen ins Auge fassen.

Im Fall von Ordinationen ist

das zwar besonders gut ver-

ständlich, aber wenig ratsam.

Denn sanierte, auf den Stand

der Zeit gebrachte Räume

sind nicht nur ansprechender

für die PatientInnen, seit 2016

haben sie auch barrierefrei zu

sein – was in „altem Baube-

stand“ oft nachzurüsten ist

– übrigens auch dann, wenn

die Immobilie bei absehbarer

Ordinationsauflösung ihren

Wert behalten soll.

„Immer mehr Ärzte, die im

Eigentum ordinieren, aber in

absehbarer Zeit in Pension

gehen werden, stehen vor der

Entscheidung, ob sie ihre Im-

mobilie für einen allfälligen

Verkauf als barrierefreie Or-

dination „nachrüsten“ und

damit den Wert erhalten bzw.

steigern können oder ob sie

das betreffende Objekt nicht

mehr als Ordination verwer-

ten können“, weiß der Grazer

Architekt Michael Homann

hinreichend waren, können

aktuellen rechtlichen Vorga-

ben nicht mehr entsprechen.

Etwa wenn der Lift zu eng ist

und/oder die Bedienelemente

zu hoch (über 80–110 cm)

angebracht sind. „Sogar wenn

ein richtlinienkonformer Lift

vorhanden ist, bedeutet das

nicht automatisch, dass die

Ordination barrierefrei wäre.

Da kommt es auch auf Para-

meter wie Türbreiten, Wende-

kreise oder die Beschaffenheit

von Böden und Stühlen, auf

WC-Größe und -Ausstattung,

Lichtführung, Haltegriffe und

Ähnliches an.“

Wer kommt häufig?

In welchem Umfang und an

welchen Stellen die Ordinati-

on saniert bzw. allfällig vor-

handene Barrieren abgebaut

werden sollen, hängt nicht zu-

letzt davon ab, welche Bedürf-

nisse die Menschen haben, die

sich am meisten darin aufhal-

zu berichten. Barrierefreiheit

beginnt übrigens bereits bei

der Anfahrt zur Ordinati-

on: Gibt es einen behinder-

tengerechten Abstellplatz für

RollstuhlfahrerInnen, die im

eigenen PKW kommen? Sind

also neben den 2,30 m für

das Auto noch zusätzlich 1,20

m frei, um mit dem Roll-

stuhl ein- und auszusteigen?

Oder: Wenn man mit dem öf-

fentlichen Verkehrsmittel zur

Ärztin bzw. zum Arzt seiner

Wahl kommt, wo/wie ist die

Ordination mit dem Rollstuhl

zugänglich? Ein Blick auf die

Homepage der Ordination

sollte vorab einen Überblick

über die Zugänglichkeiten

bieten. Beide Gruppen wird es

freuen, wenn es eine Rampe

gibt, die weniger als 6 Prozent

Steigung hat, die Haustüre

eine Breite von mindestens 80

cm aufweist und sich der Lift

selbstständig bedienen lässt.

Apropos Lift: „Üblicherweise

denken Ärztinnen und Ärzte,

die ihre Ordination behinder-

tengerecht nachrüsten oder

vielleicht auch deshalb ihre

Ordination in ein anderes

Objekt verlegen wollen, zu-

nächst vor allem an eines:

den Lift“, so Homann, „frei

nach dem Motto: Lift da,

also barrierefrei“. Dem ist

aber leider nicht so. Denn:

Liftgrößen und auch -ausstat-

tungen, die etwa in den 70er

oder 80er-Jahren noch völlig

ten. Kommen vor allem viele

Patientinnen und Patienten

im Rollstuhl oder sind es eher

Eltern mit Kindern oder sin-

nesbeeinträchtigte Menschen.

Auch das Ordinationsperso-

nal hat allenfalls bestimmte,

aus der täglichen Arbeit ge-

wonnene Umbauwünsche.

Gewissheit darüber, was al-

lenfalls saniert werden muss

und ob das baulich in den

gegebenen Räumen überhaupt

möglich ist, liefern etwa sach-

kundige Barriere-Checks. Da-

bei werden die bestehenden

Barrieren identifiziert (z. B.

punkto Manövrierfähigkeit,

Rutschfestigkeit, Lichtverhält-

nisse usw.) und die allenfalls

nötigen Sanierungen auf bau-

technische Machbarkeit hin

überprüft. Übrigens, es müssen

nicht immer Wände durch-

brochen werden, oft bewirken

auch kleine Änderungen we-

sentliche Verbesserungen.

Sanieren oder besser

Standort wechseln?

Wenn die Treppe

zur Ordination knarrt, die Sitze im Wartezimmer wackeln

oder ein Rollstuhl-Fahrer nicht zum WC kommt, kann auch die exzellenteste

medizinische Kompetenz nicht darüber hinweghelfen: Die Praxis gehört –

seit 2016 übrigens behindertengerecht – saniert oder sogar gewechselt.

„... Ärzte, die im Eigentum ordinieren,

aber in absehbarer Zeit in Pension

gehen, stehen vor der Entscheidung, ob

sie ihre Immobilie für den Verkauf als

barrierefreie Ordination „nachrüsten“

und damit den Wert erhalten, oder ob

sie das betreffende Objekt nicht mehr

als Ordination verwerten können.“