Ein Fünftel der steirischen Spitalsärztinnen und
Spitalsärzte kann sich nicht vorstellen, bis zum 65.
Lebensjahr im Spital durchzuhalten. Es sind die
überlangen Arbeitszeiten, die bereits junge Kol-
leginnen und Kollegen zermürben. Sie mögen es
sich nicht vorstellen, ein Familienleben per SMS
zu führen (soweit es die Spitalsarbeit überhaupt
zulässt, SMSe zu schreiben und zu lesen). Sie lei-
den darunter, dass Verwaltungsarbeit immer mehr
zunimmt. Sie leiden unter der Personalknappheit,
die den Druck auf die/den einzelne/n immer mehr
erhöht, sie leiden unter der immensen Verdichtung
der Arbeit durch die kürzere Verweildauer der Pa-
tientinnen und Patienten.
Auch die Steiermärkische Krankenanstalten-
gesellschaft kennt diese Zahlen. Ein bisschen
tröstet man sich damit, dass die Stimmung in
der Steiermark etwas weniger schlimm ist als in
Österreich insgesamt. Aber wirklich beruhigend
ist das nicht. Denn die abschreckenden Arbeits-
bedingungen von heute sind der Ärztemangel
von morgen. Wenn die Hälfte der Ärztinnen
und Ärzte mehr als 60 Stunden pro Woche am
Arbeitsplatz ist und gleichzeitig drei Viertel eine
Maximalarbeitszeit von 60 Stunden haben sowie
höchstens 25 Stunden durchgehende Arbeitszeit,
dann ist ziemlich offensichtlich, was zu tun ist.
Gerade bei den jungen Ärztinnen und Ärzten
kommt noch die Kritik an der Ausbildungsqualität
dazu (die natürlich auch mit den anderen Fak-
toren zusammenhängt). An allen Schrauben muss
gedreht werden. Ich habe durchaus den Eindruck,
dass in der Führung der KAGes das entsprechende
Problembewusstsein vorhanden ist. Was ich nicht
erkenne, ist der Rückhalt durch den Eigentümer.
Schweigen ist keine Gesundheitspolitik.
Ach ja: Auch das Schweigen zum dringenden
Wunsch nach der Lehrpraxis gehört dazu.
Vizepräsident Dr. Martin Wehrschütz
ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte.
intra
Weiterer Kurienbericht ab Seite 49.
Martin Wehrschütz
Garantierte …
kont a
In einem Magazin, das vorwiegend von Ärztinnen und Ärzten
gelesen wird, über die Gesundheitsreform zu schreiben, heißt
Menschen anzusprechen, deren Standesvertretung gegen diese
Reform heftig opponiert hat. Aber ein offener Dialog ist hilf-
reich, denn natürlich sollten auch Ärztinnen und Ärzte die
Chancen erkennen können, die diese Reform bietet.
Ja, es geht auch um Kostendämpfung, die ist notwendig, damit
das System nicht aus dem Ruder läuft und dann eine Notbrem-
sung erforderlich wird, die tatsächlich schädlich wäre. Jetzt
haben wir dagegen die Möglichkeit, durch gut geplante Struk-
turmaßnahmen das System gleichzeitig wirkungsvoller und
wirtschaftlicher zu machen. Es geht um sinnvolle inhaltliche
Veränderungen.
Die gemeinsame Finanzverantwortung von Bund, Ländern
und Krankenversicherungsträgern schafft erstmals einen
starken ökonomischen Anreiz, um nicht zu sagen die Ver-
pflichtung, das für die Volkswirtschaft und die Volksgesund-
heit Richtige konsequent umzusetzen. Lasten auf andere
abzuladen, ist nicht mehr möglich. Damit entsteht eine neue
gesamtheitliche Planungskultur im Gesundheitswesen.
Die erste Säule ist eine völlig neue Struktur für die Primär-
versorgung. Klare Behandlungspfade geben den Patientinnen
und Patienten Orientierung und Sicherheit. Das hilft auch den
Anbietern. Die Verfügbarkeit medizinischer Leistungen außer-
halb der derzeit begrenzten Ordinationsöffnungszeiten durch
entsprechende neue Angebote gehört da selbstverständlich
dazu.
Logisch schließt daran die Neuordnung der ambulanten fach-
ärztlichen Versorgung an – im Sinne einer integrierten, durch-
gehend qualitätsgesicherten Versorgung.
Und last but not least geht es um die Neustrukturierung des
stationären Bereichs. Dazu gehört exemplarisch die Forcierung
tagesklinischer Leistungen, wo Österreich trotz mancher Be-
mühungen signifikant unter seinen Möglichkeiten liegt.
Zusammengefasst: Gemeinsame finanzielle Verantwortung
ist die unverzichtbare Grundlage konsensueller Angebotspla-
nung. Die Steigerung der Qualität auf Basis gesicherter wissen-
schaftlicher Erkenntnisse ist die inhaltliche Klammer. Teure
Reibungsverluste und Fehlallokationen werden reduziert. Das
Gesundheitssystem wird durch diese Reform kooperativer, in-
telligenter und besser für die Patientinnen und Patienten.
Dipl.-Ing Harald Gaugg ist Geschäftsführer des steirischen Ge-
sundheitsfonds.
Harald Gaugg
Gesundheitsreform mit
(richtigen) Zielen
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Ærzte
Steiermark
|| 07/08|2013