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Ærzte
Steiermark
 || 07/08|2013
Arbeitszeit – Wunsch
und Wirklichkeit
54 Wochenstunden arbeiten
Spitalsärztinnen und -ärzte im
Bundesschnitt (gefragt wurde
nach dem letzten halben Jahr).
Die Höchstarbeitszeit (Bun-
desschnitt im letzten halben
Jahr) waren 68 Stunden pro
Woche. In der Steiermark
sind die Werte mit 57 bzw.
71 Stunden noch höher. Die
Wunscharbeitszeit liegt dage-
gen nur bei 42 bis 44 Stunden.
Drei Viertel der Befragten
wollen zumindest eine Be-
schränkung der Dienstdauer
auf 25 Stunden und der Wo-
chenarbeitszeit auf 60 Stun-
den. Je jünger die Ärztinnen
und Ärzte sind, desto stärker
ist dieser Wunsch. Die eben-
falls abgefragte Beschränkung
auf 40 Wochenstunden mit
Gehaltsreduktion wird zwar
wenig goutiert, aber bei den
Allgemeinmedizin-Turnusärz-
tinnen und -ärzten können
Angestellten-Kurien­
obmann Vizepräsident
Martin Wehrschütz und
Stellvertreter Karlheinz
Kornhäusl wollen für
den Arztberuf kämpfen.
Wie bewerten Sie die Ergeb-
nisse?
Wehrschütz:
Wenn jeder
fünfte Arzt davon überzeugt
ist, es nicht bis zum 65. Le-
bensjahr in der Tretmühle
Spital auszuhalten, müsste
ein Arbeitgeber eigentlich
verzweifeln. Wir als Standes-
vertretung wollen gemeinsam
mit der KAGes die Hebel
finden, die zu einer raschen
Verbesserung beitragen.
Kornhäusl:
Wir Jungen lie-
ben den Beruf, wir hassen
aber, was er aus uns macht,
nämlich Sklaven des Systems,
die das Gute am Arztsein ir-
gendwann nicht mehr spüren
werden. Und dann können
wir auch keine guten Ärzte
für unsere Patienten sein.
Ums Geld geht es offenbar
nicht?
Kornhäusl:
Es geht immer
um ein faires Einkommen,
mit dem man frei von mate-
riellen Sorgen sein Auskom-
men hat. Es geht nicht um
Gewinnmaximierung.
Wehrschütz:
Wenn bei den
Industrie-Kollektivverträgen
Erhöhungen von vier und
mehr Prozent verhandelt
werden, und in den Spitä-
lern von Erhöhungen unter
der Inflationsrate oder gar
Nulllohnrunden die Rede ist,
müssen Menschen, die so hart
arbeiten, wie unsere Spitals­
ärzte, das als Verhöhnung
empfinden. Aber es muss vor
allem in Arbeitzufriedenheit
investiert werden. Wenn Per-
sonalknappheit und Bürokra-
tie die größten Probleme sind,
dann gehören die als erste
gelöst.
Finden Sie Verständnis dafür?
Wehrschütz:
Ich denke, die
KAGes sieht das sehr ähnlich.
Aber sie braucht den Rückhalt
der Politik. Die macht es sich
aber einfach. Sie beschließt
Kürzungen, verspricht gleich-
zeitig, dass alles wunderbar
ist und lässt das Unterneh-
men mit den Problemen al-
lein. Wenn es zu Arbeits-
zeitüberschreitungen kommt,
ändert man lieber das Gesetz,
als Missstände abzustellen.
Stellen Sie sich vor, das würde
in einer Papierfabrik passie-
ren.
Welche Lösungen gibt es?
Wehrschütz:
Das Unterneh-
men ist lösungsorientiert, wir
sind es auch. Gemeinsam
muss es möglich sein, den
Eigentümer zur Besinnung zu
bringen.
Kornhäusl:
Ich könnte sagen,
warten wir ab. In zehn bis 15
Jahren wird man jeden einzel-
nen Arzt in Gold aufwiegen,
weil es nicht mehr genügend
gibt. Aber so zynisch bin ich
nicht. Wir kämpfen, weil wir
nicht wegen des Goldes Ärzte
geworden sind. Denken Sie
an unsere Lehrpraxis-Petiti-
on. Da geht es ja nicht um’s
Wohlfühlen, sondern darum
dass wir das Beste aus unserer
Ausbildung holen wollen.
„Wir sind lösungsorientiert“
6–29 Stunden
2
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
40%
35%
30–39 Stunden
3
40–49 Stunden
12
50–59 Stunden
33
Arbeitszeit der steirischen
Angaben in Prozent. Online-Umfrage Mai 2013 (n=925). Management Craft i
Fast zwei Drittel halten
die Arbeitsbelastung für
weniger oder gar nicht
zumutbar, drei Viertel
der Befragten hätten
gerne mehr Zeit für
Persönliches.
Karlheinz Kornhäusl,
Martin Wehrschütz
1,2,3,4,5,6,7,8,9 11,12,13,14,15,16,17,18,19,20,...68