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Ærzte
Steiermark
|| 07/08|2013
Geriatrie
Fotos: Roman Kleindienst
Brücken bauen
zwischen den Strukturen
Geriatrie bedeutet Vernetzung
und Kooperation. Darüber gab es bei einem Roundtable-Ge
spräch der „Qualität in der Geriatrie und Gerontologie“ keinen Zweifel. Zu tun ist aber noch viel.
Was sind die Herausforde-
rungen für die Behandlung
der am stärksten steigenden
Gruppe von Patientinnen und
Patienten? Das war die Frage-
stellung bei einem Roundta-
ble-Gespräch anlässlich des
Treffens der Initiative „Qua-
lität in der Geriatrie und Ge-
rontologie“ QIGG in Kärnten.
Der Vorsitzende des österreich
weit tätigen Vereins, Prima-
rius Peter Mrak, ärztlicher
Direktor des LKH Voitsberg,
konnte dazu die Kärntner
Gesundheitslandesrätin und
Ärztin, LHStv. Beate Prettner,
Monika Gugerell, Koordi-
natorin im Österreichischen
Hilfswerk, Prim. Katharina
Pils, Präsidentin der Öster-
reichischen Gesellschaft für
Geriatrie und Gerontologie,
Prim. Georg Pinter, Geriatrie-
referent in der Kärntner Ärz-
tekammer, den Präsidenten
des Vereins Geriatrie Netz-
werk Kärnten, Walter Müller,
sowie AERZTE Steiermark-
Chefredakteur Martin Novak
begrüßen.
Vernetzung und Kooperation
war der rote Faden, der sich
durch die gesamte Diskus-
sion zog. Mrak wies darauf
hin, dass insbesondere in der
Akutgeriatrie und Remobi-
lisation (AG-R) vom ersten
Tag an daran gedacht würde,
wie PatientInnen nach der
Entlassung die bestmögliche
Situation vorfinden. Er zeigte
aber auch Mängel auf: „AG-R
ist zwar evidenzbasiert, aber
es passiert zu wenig.“ Entspre-
chende Angebote gebe es erst
in fünf Bundesländern. Hier
konnte auch Monika Gugerell
einhaken. Erst als sie von der
Tätigkeit im eigenen Bundes-
land in die österreichweite
Koordination gewechselt sei,
habe sie erkannt, wie un-
terschiedlich die Systeme in
den einzelnen Bundesländern
seien, „obwohl sich Pflegebe-
dürftige in Kärnten nicht von
denen in Tirol unterscheiden“.
Sie forderte mehr österrei-
chweite Projekte und mehr
mobile Angebote zur Spitals-
entlastung.
Primaria Pils gab die gene-
relle Richtung vor: „Brücken
bauen zwischen den Struk-
turen“. Neben den Betroffenen
müsste auch mehr an das Um-
feld gedacht werden: „Ange-
hörige von Pflegebedürftigen
haben ein hohes Risiko, selbst
pflegebedürftig zu werden.“
Da sei auch viel mehr Begleit-
forschung notwendig, die es
in Deutschland bereits als
Leuchtturmprojekt gebe. Für
die GeriaterInnen forderte
die Präsidentin der Fachge-
sellschaft ein, diese „als kon-
struktive und kompetente
Partner“ wahrzunehmen.
Die Kä rnt ner Tei l neh-
merInnen hatten ein Heim-
spiel, nicht nur weil der Ver-
anstaltungsort Kärnten war.
„Wir denken interdisziplinär
und intersektoral, vor allem
immer über das Krankenhaus
hinaus“, sagte Prim. Pinter,
Leiter der Geriatrieabteilung
am Klinikum Klagenfurt.
Dies sei aber auch notwen-
dig: Die „riesige“ Herausfor-
derung der Betreuung alter
Menschen könnte die Geriat-
rie alleine gar nicht schaffen.
Auch Landeshauptmannstell-
vertreterin Prettner wies auf
gut funktionierende Zusam-
menarbeit hin und brach eine
Lanze für die pflegenden An-
gehörigen, die durch entspre-
chende Ausbildungsangebote
und der Möglichkeit, Urlaub
vom Pflegen zu machen (in
dieser Zeit werden Pflegebe-
dürftige in Heimen unterge-
bracht), unterstützt würden.
Kommunikationsfachmann
Novak wies auf die Stigmati-
sierung hin, die mit der Inan-
spruchnahme von Geriatrie
verbunden sei: „Wer einen
Geriater braucht, ist alt und
gebrechlich, das Leben geht
zu Ende.“ Es müsse mehr für
die Reputation der Geriatrie
gemacht werden. Wenn es
einen positiven emotionalen
Zugang dazu gäbe, tue sich
auch die Politik leichter, die
erforderlichen Maßnahmen
durchzusetzen.
Gastgeber Mrak warnte zu-
sammenfassend davor, immer
nur Neues zu tun: „Wir müs-
sen das umsetzen, was wir
schon lange wissen.“
(von li.): Primarius Peter Mrak, Primaria Katharina Pils, LHStv. Beate Prettner