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ÆRZTE

Steiermark

 || 10|2015

Foto: Ärztekammer Steiermark, Fotolia

ARBEITSMEDIZIN

Rehabilitation vor Pension

Seit dem Vorjahr gibt es keine (dauerhafte) Invaliditätspension mehr.

Stattdessen

sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch wenn sie beeinträchtigt sind, wieder-

eingegliedert werden. Das ist eine Herausforderung für die Betroffenen und die Arbeitge-

ber. Und auch für die Arbeitsmedizin, die damit neue, zusätzliche Aufgaben hat.

WALTER HOCH

Die Änderung des Sozial-

rechts am 1. Jänner 2014

(SRÄG 2012) brachte für die

Arbeitsmedizin eine Bedeu-

tungsaufwertung mit sich.

Ziel der Abschaffung der

Invaliditätspension in ihrer

bisherigen Form ist, die Ver-

sicherten möglichst gesund

bis zu einem wahrscheinlich

noch weiter steigenden Pen-

sionsalter in Erwerbstätigkeit

zu halten. Vor allem Personen,

die ab dem 1. Jänner 1964

geboren wurden, werden auf

den Grundsatz „Rehabilitati-

on vor Pension“ verpflichtet.

Georg Wultsch, Arbeitsmedi-

zin-Referent der Ärztekam-

mer für Steiermark und Leiter

eines Arbeitsmedizinischen

Zentrums organisierte zu

dem Thema eine gut besuchte

Enquete in der Energie Stei-

ermark, die mit einer span-

nenden Diskussion abgerun-

det wurde.

Mehr Rehabilitation, statt

dauerhafter Arbeitsunfähig-

keit scheint auf den ersten

Blick durchaus erreichbar,

denn die Zahl der Arbeits-

unfälle sinkt dank gezielter

Gefahrenreduktion am Ar-

beitsplatz kontinuierlich. Im

Gegenzug aber steigen ins-

gesamt die Folgeschäden aus

den längeren Arbeitszeiten.

Die Einförmigkeit von eng

geschnürten Arbeitsabläu-

fen erzeugt Haltungsschäden

ebenso wie die erhöhten Stra-

pazen für das geistig-seelische

Gleichgewicht, etwa die Er-

reichbarkeit per Handy auch

am Urlaubsort. Selbst in der

Freizeit wirkt Stress, statt Er-

holung. Wie kann der Mensch

möglichst lange leistungsfä-

hig bleiben? Ist Vorbeugung

möglich?

Gefahr Präsentismus

Mit einer schleichenden Er-

krankung geht eine verzöger-

te Diagnose einher. Bevor sich

jemand eine Krankheit mit

psychischen Auswirkungen

eingesteht und die Arbeits-

medizin sich des Betroffenen

annimmt, tritt meist noch

das Phänomen des Präsentis-

mus auf. Die Gründe für das

Erscheinen am Arbeitsplatz

trotz Kränkelns liegen nicht

so sehr in der Sorge um den

Arbeitsplatz, vielmehr ist der

unterschwellige Druck, dass

die KollegInnen die Arbeit

des Erkrankten miterledigen

müssen, maßgebend.

Ein weiterer Grund zur Ver-

drängung der körperlichen,

emotionalen und geistigen

Erschöpfung so lange es geht

besteht, weil das Burnout-

Syndrom wissenschaftlich

nicht als Krankheit aner-

kannt, sondern als ein Pro-

blem der Lebensbewältigung

klassifiziert wird. Das Sym-

ptom des Unwohlseins wird

schließlich verstärkt, wenn

sich Betroffene überfordert

bzw. alleingelassen fühlen,

sowohl von KollegInnen als

auch von Führungskräften.

Sie verfallen in ein Grübeln,

was der Arbeitsorganisati-

on schadet, es kommt zu

Fehlbeanspruchungen. Hier

wäre der Punkt, an dem die

Präventionsmedizin wirksam

werden müsste.

Oft wird versucht, mit starken

Medikamenten den letzten

Rest an Arbeitsfähigkeit aus

sich herauszuholen. Büro-

angestellte greifen hier bei-

spielsweise forscher zu als

ArbeiterInnen. In der Praxis

wird meist erst etwas getan,

nachdem etwas „passiert“ ist,

d. h. eine Herausnahme der

Kranken aus ihren Verpflich-

tungen unumgänglich ist.

Dem Thema Wiedereingliederung widmete das Arbeitsmedizinische Referat der Ärztekammer eine gut besuchte Veranstaltung.