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ÆRZTE
Steiermark
|| 10|2015
Foto: KAGes, Springer
BUCH
Wie tickt die KAGes?
Wenn der ehemalige
Vorstand der KAGes ein Buch über
„das Unterbewusstsein von Organisationen“ schreibt, stellt sich
natürlich auch die Frage, wieviel man darin über die KAGes
erfährt. Aber das sollte nicht der einzige Grund sein, dieses
Buch zu lesen.
MARTIN NOVAK
Einige der erfolgreichsten In-
novatoren wurden zu dem,
was sie sind, indem sie zumin-
dest zwei Welten zusammen-
führten, die zuvor nicht oder
nur selten miteinander in
Berührung gekommen sind,
schreibt der Psychologe und
Kreativitätsforscher Bas Kast.
Werner Leodolter, bis 2012
KAGes-Vorstandsvorsitzen-
der, zuvor und danach Infor-
mationsmanagement-Experte
in der KAGes, aber auch in
Industrieunternehmen, hat
in seinem Buch „Das Unter-
bewusstsein von Organisa-
tionen“ genau das getan. Er
verknüpft Psychologie bzw.
Verhaltensökonomie mit IT
– Big Data, Social Media …
und wie all die Schlagworte
heißen.
Leodolter weiß natürlich,
dass Organisationen kein Be-
wusstsein haben, ergo auch
kein Unterbewusstsein. Aber
er darf sich auf den Naturwis-
senschafter Douglas Hofsta-
edter berufen (und tut es
auch), für den die Analogie
das Herz des Denkens ist.
In seinen psychologischen
Grundlegungen lässt sich
Leodolter, der seit seinem
Ausscheiden aus dem KAGes-
Vorstand auch am Institut für
Unternehmensführung und
Entrepreneurship der Uni-
versität Graz lehrt, jedoch
vor allem vom US-ameri-
kanischen Psychologen und
Wirtschaftsnobelpreisträger
Daniel Kahneman („Schnel-
les Denken, langsames Den-
ken“) inspirieren.
Genauso wie diese Autoren,
und das ist die Stärke des
Buches, verknüpft Leodolter
Theorie und Praxis, Systema-
tisches und Anekdotisches.
Die „Stories“ beziehen sich
auf Industrieunternehmen,
aber noch häufiger auf ein
großes Spitalsunternehmen
mit einem CEO namens Paul,
einer Abteilungsverantwort-
lichen und Primaria namens
Sandra und einem Oberarzt
namens Robert. Alle drei
sind erfunden, aber nicht frei,
denn natürlich schöpft Leo-
dolter (auch) aus seinen Er-
fahrungen in der Steiermär-
kischen Krankenanstaltenge-
sellschaft. Ein Hohelied auf
IT und e-Health, das mag
manchen überraschen, ist das
Buch nicht. Es thematisiert
durchaus prägnant das Risiko
des unreflektierten Glaubens
an automatisierte Diagnosen
und Therapievorschläge und
lässt Primaria Sandra
„über
das zunehmende kritiklose
Übernehmen von Entschei-
dungsvorschlägen des Systems
(…) vor allem seitens der jun-
gen in Ausbildung befind-
lichen Kollegen“
nachzuden-
ken:
„Intuition und Gespür
des Einzelnen drohen schlech-
ter zu werden. Sie (Sandra,
Anm.) sorgt sich um die Qua-
lität der Abteilung.“
Aber natürlich ist Leodol-
ter kein fundamentaler IT-
Skeptiker, sondern listet auch
Postivbeispiele auf. Etwa die
Einspeisung von offen ver-
fügbaren Sterbedaten in das
Krankenhausinformations
system, die Rückschlüsse auf
den weiteren Heilungs- (oder
eben Nichtheilungs-)-Verlauf
nach der Spitalsentlassung
möglich machen. Als Reak-
tion auf Patientenanfragen
über Social Media schlägt er
eine „E-Mail-Ordination“ vor,
für die entsprechende Per-
sonal-Ressourcen geschaffen
und eine Honorierung festge-
legt wird. Das Schlagwort ist
„hybride Intelligenz“, die die
Vorteile der künstlichen und
der menschlichen Fähigkeiten
integriert.
Integration ist durchgehend
das Anliegen: Nicht nur die
technischen und menschli-
chen Ressourcen gehören für
Leodolter zur Infrastruktur
eines Unternehmens, ver-
fasste Visionen Mission-
Statements etc. gehören als
„Soft-Infrastructure“ ebenfalls
dazu.
Sein Resümee: Das Unter-
bewusstsein von Organisa-
tionen ist, wenn man es als
bewussten Prozess gestaltet,
„eine relevante Sichtweise bzw.
Kategorie auf dem Weg zur
Weiterentwicklung unserer
Organisationen und damit
unserer Gesellschaft“.
Werner Leodolter: Das Un-
terbewusstsein von Organi-
sationen. Neue Technologien
– Organisationen neu denken.
Springer Gabler Verlag, Ber-
lin-Heidelberg 2015. ISBN 978-
3-662-44458 (Softcover, EUR
30,83) und ISBN 978-3-662-
44459-7 (eBook, EUR 22,99)
Prof. Werner
Leodolter hat ein
Buch darüber ge-
schrieben, wie Big
Data und künstliche
Intelligenz Mitarbei-
ter und Organisati-
onen beeinflussen.