Background Image
Previous Page  24 / 76 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 24 / 76 Next Page
Page Background

24

ÆRZTE

Steiermark

 || 10|2015

Foto: KAGes, Springer

BUCH

Wie tickt die KAGes?

Wenn der ehemalige

Vorstand der KAGes ein Buch über

„das Unterbewusstsein von Organisationen“ schreibt, stellt sich

natürlich auch die Frage, wieviel man darin über die KAGes

erfährt. Aber das sollte nicht der einzige Grund sein, dieses

Buch zu lesen.

MARTIN NOVAK

Einige der erfolgreichsten In-

novatoren wurden zu dem,

was sie sind, indem sie zumin-

dest zwei Welten zusammen-

führten, die zuvor nicht oder

nur selten miteinander in

Berührung gekommen sind,

schreibt der Psychologe und

Kreativitätsforscher Bas Kast.

Werner Leodolter, bis 2012

KAGes-Vorstandsvorsitzen-

der, zuvor und danach Infor-

mationsmanagement-Experte

in der KAGes, aber auch in

Industrieunternehmen, hat

in seinem Buch „Das Unter-

bewusstsein von Organisa-

tionen“ genau das getan. Er

verknüpft Psychologie bzw.

Verhaltensökonomie mit IT

– Big Data, Social Media …

und wie all die Schlagworte

heißen.

Leodolter weiß natürlich,

dass Organisationen kein Be-

wusstsein haben, ergo auch

kein Unterbewusstsein. Aber

er darf sich auf den Naturwis-

senschafter Douglas Hofsta-

edter berufen (und tut es

auch), für den die Analogie

das Herz des Denkens ist.

In seinen psychologischen

Grundlegungen lässt sich

Leodolter, der seit seinem

Ausscheiden aus dem KAGes-

Vorstand auch am Institut für

Unternehmensführung und

Entrepreneurship der Uni-

versität Graz lehrt, jedoch

vor allem vom US-ameri-

kanischen Psychologen und

Wirtschaftsnobelpreisträger

Daniel Kahneman („Schnel-

les Denken, langsames Den-

ken“) inspirieren.

Genauso wie diese Autoren,

und das ist die Stärke des

Buches, verknüpft Leodolter

Theorie und Praxis, Systema-

tisches und Anekdotisches.

Die „Stories“ beziehen sich

auf Industrieunternehmen,

aber noch häufiger auf ein

großes Spitalsunternehmen

mit einem CEO namens Paul,

einer Abteilungsverantwort-

lichen und Primaria namens

Sandra und einem Oberarzt

namens Robert. Alle drei

sind erfunden, aber nicht frei,

denn natürlich schöpft Leo-

dolter (auch) aus seinen Er-

fahrungen in der Steiermär-

kischen Krankenanstaltenge-

sellschaft. Ein Hohelied auf

IT und e-Health, das mag

manchen überraschen, ist das

Buch nicht. Es thematisiert

durchaus prägnant das Risiko

des unreflektierten Glaubens

an automatisierte Diagnosen

und Therapievorschläge und

lässt Primaria Sandra

„über

das zunehmende kritiklose

Übernehmen von Entschei-

dungsvorschlägen des Systems

(…) vor allem seitens der jun-

gen in Ausbildung befind-

lichen Kollegen“

nachzuden-

ken:

„Intuition und Gespür

des Einzelnen drohen schlech-

ter zu werden. Sie (Sandra,

Anm.) sorgt sich um die Qua-

lität der Abteilung.“

Aber natürlich ist Leodol-

ter kein fundamentaler IT-

Skeptiker, sondern listet auch

Postivbeispiele auf. Etwa die

Einspeisung von offen ver-

fügbaren Sterbedaten in das

Krankenhausinformations­

system, die Rückschlüsse auf

den weiteren Heilungs- (oder

eben Nichtheilungs-)-Verlauf

nach der Spitalsentlassung

möglich machen. Als Reak-

tion auf Patientenanfragen

über Social Media schlägt er

eine „E-Mail-Ordination“ vor,

für die entsprechende Per-

sonal-Ressourcen geschaffen

und eine Honorierung festge-

legt wird. Das Schlagwort ist

„hybride Intelligenz“, die die

Vorteile der künstlichen und

der menschlichen Fähigkeiten

integriert.

Integration ist durchgehend

das Anliegen: Nicht nur die

technischen und menschli-

chen Ressourcen gehören für

Leodolter zur Infrastruktur

eines Unternehmens, ver-

fasste Visionen Mission-

Statements etc. gehören als

„Soft-Infrastructure“ ebenfalls

dazu.

Sein Resümee: Das Unter-

bewusstsein von Organisa-

tionen ist, wenn man es als

bewussten Prozess gestaltet,

„eine relevante Sichtweise bzw.

Kategorie auf dem Weg zur

Weiterentwicklung unserer

Organisationen und damit

unserer Gesellschaft“.

Werner Leodolter: Das Un-

terbewusstsein von Organi-

sationen. Neue Technologien

– Organisationen neu denken.

Springer Gabler Verlag, Ber-

lin-Heidelberg 2015. ISBN 978-

3-662-44458 (Softcover, EUR

30,83) und ISBN 978-3-662-

44459-7 (eBook, EUR 22,99)

Prof. Werner

Leodolter hat ein

Buch darüber ge-

schrieben, wie Big

Data und künstliche

Intelligenz Mitarbei-

ter und Organisati-

onen beeinflussen.