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20

ÆRZTE

Steiermark

 || 03|2017

Foto: Fotolia

SERIE

PRIMÄRVERSORGUNG 3

dell“, für das sich derzeit noch

zirka 80 Prozent der Versi-

cherten entscheiden, können

ÄrztInnen mehr oder weniger

frei gewählt werden. Zirka 20

Prozent der Schweizer, Ten-

denz steigend, entscheiden

sich für Hausarzt-Versiche-

rungen, in denen die freie

Arztwahl zwar eingeschränkt,

die Versicherungsprämie da-

für günstiger ist oder soge-

nannte Health Maintenance

Organisationen (HMO’s). Be-

reits 1990 wurden die ersten

HMO’s als Schweizer Varian-

te von Managed Care eröffnet.

Manchen HMO’s gehören bis

zu 100 HausärztInnen an, die

sich zu einem bestimmten

Leistungspaket verpflichten.

Versicherte wählen aus dieser

Gruppe ihre/n Hausärztin/

-arzt und verpflichten sich,

diese/n im Bedarfsfall immer

zuerst zu konsultieren und

ihr/ihm die Koordination der

Versorgung zu übertragen.

Viele HMO’s bieten Telefon-

Hotlines rund um die Uhr

an. Die Bezahlung der Ärzt­

Schweiz –

Nebeneinander von

Planung und Markt

Bei in etwa gleich vielen Ein-

wohnern ist die Schweiz dop-

pelt so dicht besiedelt wie Ös-

terreich. Etwa 11,5 Prozent des

BIP fließen in das durch So-

zialversicherungsbeiträge fi-

nanzierte Gesundheitssystem,

wobei mit 5.354 Euro die

pro Kopf-Ausgaben deutlich

höher sind als in Österreich.

Bei der Lebenserwartung von

Frauen und Männern liegt

die Schweiz im europäischen

Spitzenfeld. Bei der gesunden

Lebenserwartung rangiert sie

so wie Österreich nur im Mit-

telfeld. Die Schweiz kommt

mit zwei Drittel der Kranken-

hausbetten Österreichs aus

(4,6 statt 7,6 pro 1.000 Ein-

wohner) und liegt auch bei

der Zahl der Krankenhaus­

entlassungen deutlich nied-

riger (168 statt 263 Personen

pro 1.000 Einwohner). Mit

44 pro 100.000 Einwohner

liegt die Zahl der vermeid-

baren Krankenhauseinwei-

sungen aufgrund von Diabe-

tes bei nur einem Sechstel der

Zahlen Österreichs (296 pro

100.000).

In der Schweiz wird die Pri-

märversorgung von den 26

Kantonen organisiert, wobei

niedergelassene selbststän-

dige Allgemeinmediziner­

Innen und FachärztInnen

eine zentrale Rolle einneh-

men. Der Anteil der All-

gemeinmedizinerInnen liegt

derzeit bei 40 Prozent. Zirka

60 Prozent von ihnen arbei-

ten in einer Einzelpraxis, alle

anderen in Gruppenpraxen.

Innen erfolgt in der Regel

über Kopfpauschalen. Der

Qualitätssicherung kommt

in diesem Modell eine hohe

Bedeutung zu. Für HMO-

ÄrztInnen ist die Teilnahme

an Qualitätszirkeln und Fall-

besprechungen verpflichtend.

Auch der Austausch von elek-

tronischen Patientendaten ist

klar geregelt und ermöglicht

allen ÄrztInnen Zugriff auf

relevante Informationen.

Höchst spannend ist, dass

Anfang 2011 die beiden Fach-

arzttitel „Allgemeinmedizin“

und „Innere Medizin“ zum

Facharzttitel „Allgemeine In-

nere Medizin“ vereinigt wur-

den! Im Gegenzug wurde

2012 mit einem Masterplan

„Hausarztmedizin und medi-

zinische Grundversorgung“

kurzfristig Geld für Bildung

und Forschung bereitgestellt,

um die Stellung der Hausarzt-

medizin zu verbessern. Im

Juni 2014 wurden zudem die

Ärztetarife angepasst und das

Einkommen der niederge-

lassenen ÄrztInnen deutlich

verbessert. In der Schweiz

existiert eine Vielzahl von

Akkreditierungs- und Qua-

litätssicherungssystemen.

Seit 2012 werden diese von

der Schweizerischen Gesell-

schaft für Qualitätsmanage-

ment im Gesundheitswesen

koordiniert. Die Rolle von

Pflegekräften in der Primär-

versorgung wird auch in der

Schweiz zum Teil sehr emoti-

onal diskutiert. Die Pflege hat

sich erst in den letzten Jahren

akademisiert und professio-

nalisiert. In manchen Kanto-

nen gibt es Pilotprojekte, um

Hausapotheken sind in der

Schweiz keine Seltenheit und

fast die Hälfte der niederge-

lassenen ÄrztInnen hat eine

Lizenz für ein eigenes Labor.

Die meisten Schweizer haben

eine/n Hausärztin/-arzt. Mit

3,9 Arztbesuchen pro Person

und Jahr gehen die Schweizer

deutlich seltener zur Ärztin/

zum Arzt als die Österreicher.

Mehr als zwei Drittel der

niedergelassenen ÄrztInnen

arbeiten in Netzwerken zu-

sammen. Daneben gibt es

in einigen Kantonen auch

ein wachsendes Angebot von

mobilen Ordinationsteams,

deren Leistungen mit den

Krankenkassen abgerechnet

werden können

(www.mobi- le-aerzte.ch

).

Im Gegensatz zu Österreich

(Pflichtversicherung) herrscht

in der Schweiz Versiche-

rungspflicht. Das heißt, jede/r

Schweizer/in kann seine Ver-

sicherung selber wählen. Da-

bei gibt es verschiedene Mo-

delle. Im „traditionellen Mo-

Hausapotheken

sind in der Schweiz

keine Seltenheit und

fast die Hälfte der

niedergelassenen

ÄrztInnen hat eine Lizenz

für ein eigenes Labor.