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Ærzte

Steiermark

 || 12|2016

27

Kommunikation

Vitamin C heilt Erkältungen,

und Betacarotin schützt vor

Krebs

– klingt das nicht ver-

traut? Und je öfter ein medizi-

nischer Unsinn reproduziert

wird, desto eher wird er von

Laien geglaubt. Denn jeder

hat ihn doch schon einmal

gehört und bei passender Ge-

legenheit wiederholt weiter-

erzählt – nach dem Schnee-

ballprinzip. Je bekannter ein

Medizinmythos, desto häu-

figer konfrontieren die Pati-

entinnen und Patienten die

Ärzteschaft in der Ordination

oder im Krankenhaus damit.

AERZTE Steiermark hat unter

den steirischen Fachgrup-

penvertreterinnen und -ver-

tretern erhoben, mit welchen

hartnäckigen, skurrilen oder

gefährlichen Medizinmythen

sie in ihrem Berufsalltag kon-

frontiert werden.

(Un)gesunde Solarien

„Manche Mythen lassen sich

in einer Generation leider

nicht ausrotten“, erklärt Der-

matologie-Fachgruppenob-

mann J. Thomas Kainz. Wo-

mit er zu kämpfen hat: Der

Irrglaube, ein Muttermal

könne durch eine Operation,

wenn man hineinschneidet,

gefährlich werden, begleitet

Kainz ebenso beharrlich wie

der Mythos, Solarien seien

gesund. „Es stimmt auch

nicht, dass beim Solarium die

Vorteile die Nachteile über-

wiegen“, stellt er klar. Das

ärztliche Heilmittel gegen die

Fehlinformation ist für Kainz

der unermüdliche Versuch,

Patienten aufzuklären und

Stellung zu beziehen.

Ohr nicht verwöhnen

Was Wolfgang Luxenberger,

Fachgruppenobmann der

HNO-ÄrztInnen, immer wie-

der zu hören bekommt, ist die

Verwöhnungstheorie: Durch

Benutzen eines Hörgerätes

würde die eigene Hörfähig-

keit geschädigt, das Ohr wür-

de verwöhnt und gewöhne

sich an die Hilfe. Als gefähr-

lich stuft er den – wie schon

erwähnt auch in der Derma-

tologie verbreiteten – Irrglau-

ben ein, dass man einen Tu-

mor besser in Ruhe lässt und

keine Probe entnimmt, weil er

sonst bösartig werden könne.

„Wertschätzende Aufklärung

hilft, wenn Patienten bei-

spielsweise an sinnlose und

esoterische Untersuchungen

wie Bioresonanz glauben“, er-

klärt Luxenberger. „Dagegen

arbeitet, dass die Kassen-

medizin nichts kostet und

deshalb gefühlt nicht so viel

wert sein kann wie die teure

alternative Methode.“

Das wächst sich aus …

In ihrem Fachgebiet, so die

Obfrau der steirischen Kinder-

und Jugendpsychiater Doris

Hönigl, sei der hartnäckigste

Mythos jener, „dass sich alles

auswächst“ – von den kind-

lichen Ängsten bis zum Rück-

zugsverhalten im Jugendalter.

„Hinter Ängsten im Kindes-

alter kann oft der Beginn

einer Angststörung stecken,

die sich bei Fortbestand in der

Persönlichkeitsentwicklung

festschreibt“, erklärt Hönigl.

„Hinter Rückzugsverhalten

„Manche Mythen lassen

sich in einer Generation

leider nicht ausrotten.“

J. Thomas Kainz

„Zu den häufigsten Mythen in der Plastischen

Chirurgie zählt, dass Frauen nach Brustkorrekturen

mit Implantaten nicht mehr fliegen dürfen, weil die

Implantate platzen können.“

Helmut Hoflehner

„Neueste Studien

zeigen, dass bei Myopie

die optimale Korrektur

das Beste ist.“

Klaus Müllner

HIV-Mythos: Der franko-

kanadische Flugbegleiter

Gaétan Dugas galt viele

Jahre als erster Aids-

Patient der USA – weil

ein ‚O‘ mit einer Null

verwechselt wurde –

tatsächlich gab es den

„patient zero“ nie.