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Ærzte
Steiermark
|| 12|2016
(K)ein Ort des Grauens
wirtschaft
&
Erfolg
Walter Hoch
Umso wichtiger ist eine mög-
lichst angenehme Atmosphä-
re. Denn Marktstudien zeigen
auch: Für viele PatientInnen
ist das Wartezimmer gleich-
sam das „Aushängeschild“
eines Arztes und seine Ge-
staltung spielt bei der Ent-
scheidung, ob ein Arzt wei-
terempfohlen wird oder nicht,
durchaus eine Rolle. Schlechte
Luft, unbequeme Sitzmöbel
und mangelhafte Zeitungs-
sowie Informationsangebote
sorgen wohl bei den meisten
Menschen für Unmut. Welche
Faktoren tragen aber zu einer
angenehmen Wartezimmer-
Atmosphäre bei?
Blick & Gegenblick
Ein Wartezimmer erweist sich
u. a. dann als gut eingerichtet,
wenn eine zwischenmensch-
lich ohnehin heikle Situation
von vornherein vermieden
wird: fremde Menschen, die
– oft genug – offensichtlich
leidend sind, sozusagen „an-
starren“ zu müssen bzw. als
solcher von Fremden „ange
glotzt“ zu werden. Diese Un-
bill ist aber mitunter bereits
durch das Interieur „vor-
programmiert“ – etwa wenn
Stühle, Bänke oder Sofas so
platziert sind, dass die Pati-
entInnen einander praktisch
„Auge in Auge“ gegenüber-
sitzen, vielleicht auch noch
in langen, schmalen Räumen.
Sensibel Veranlagte versu-
chen dann, möglichst nie-
manden direkt „ins Auge zu
fassen“ – der Blick schweift
unruhig, die Situation wird
als unangenehm bis pein-
lich empfunden. Diesbezüg-
lich sind zum Beispiel auch
im Kreis angeordnete Sitz-
gelegenheiten eher ungüns
tig. Wartezeiten bis zu einer
halben Stunde und länger
sind in vielen Ordinationen
notgedrungen gang und gäbe.
Je länger die Wartezeit, umso
stärker ist letztlich aber auch
der „Genier-Effekt“.
Womöglich gilt es also, solche
„Face-to-Face“-Szenarien zu
vermeiden – und sei es nur,
indem die Sitzgelegenheiten
ein wenig gedreht oder ver-
schoben werden. Auch Bil-
der, Plakate, Poster, Deko-
Elemente, die sich praktisch
als „Blickfänger“ anbieten,
sind geeignet, die heikle Si-
tuation etwas zu entschärfen.
Das gilt natürlich auch für
Bildschirme, aber dazu später.
Übrigens: Auch der Weg vom
stillen Örtchen – vor allem,
wenn dabei ein Becher trans-
portiert wird – soll diskret ab-
laufen können: Patienten mit
Urinproben sollen womöglich
nicht durch die halbe Praxis
oder den Wartebereich gehen
müssen.
Gut setzen, sitzen &
erheben
Schon vom Gesetz her
muss die gesamte Ordina-
tion, also auch das Warte-
zimmer, barrierefrei ange-
legt sein. Das bedeutet aber
auch: Die Sitzgelegenheiten
müssen so beschaffen sein,
dass etwa ein gehbehinderter
oder bewegungsbeeinträch-
tigter Mensch sich möglichst
selbstständig setzen und sich
auch möglichst selbstständig
wieder vom Möbel erheben
können soll. Bei Sesseln ohne
Lehnen oder bei Bänken kann
das ziemlich schwierig wer-
den. Das gilt auch für sehr
niedrige Sitzmöbel.
Ebenso sehr wichtig: Wahllos
„zusammengewürfelte“, krass
verschiedene Stühle oder So-
fas werden den PatientInnen
eher ein Gefühl von Gering-
schätzung vermitteln als ein-
heitliche, ergonomische War-
tezimmerstühle, Freischwin-
ger oder formschöne Stühle
mit Lehnen, die guten Sitz-
komfort bieten. Zusammen
mit einer passenden Emp-
fangstheke unterstreichen sie
Kaum jemand wartet
gerne: Habituelle Zeitnot, Stress, aber auch die
meist vorhandenen körperlichen Beschwerden oder gesundheitlichen Sor-
gen machen das Wartezimmer in Ordinationen für manche fast schon zu
einem Ort des Grauens.
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