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38

Ærzte

Steiermark

 || 12|2016

Fotos: Schiffer

Angestellte Ärztinnen und Ärzte

lich sehr schwer, insbesondere

deshalb, weil die Gerichte bei

sogenannter alternativer Kau-

salität – das heißt, Unklar-

heit, ob der Schaden auf den

Behandlungsfehler oder den

natürlichen Verlauf zurück-

zuführen ist, eine 50/50-Tei-

lung annehmen. Das wird in

der Lehre sehr kritisiert, aber

es ist einfach so, dass der Pati-

ent wissensmäßig unterlegen

ist und den Nachweis, dass

ein ärztlicher Fehler passiert

ist, nicht erbringen kann. Und

auch hier redet meistens ein

Gutachter mit.

Viertens: Problem Aufklärung:

Durch einen (erfahrenen!)

Arzt, patientenbezogen – Ver-

ständlichkeit, zeitgerechte

Aufklärung, insbesondere bei

nicht dringenden oder über-

haupt nicht notwendigen Ein-

griffen.

Als Faustregel gilt: Ein

Patient darf nicht durch zu

späte Aufklärung in eine psy-

chische Zwangslage versetzt

werden. Schwierige Abgren-

zung des „typischen“ Risikos:

Völlig überraschende seltene

Risken sind bei entspre-

chender Schwere zu erwäh-

nen (Herz-Lungen-Maschine:

Hirnschaden); Rechtspre-

chung bei Infektionsrisiko

schwankend. Auf allgemein

bekanntes höheres Opera-

tionsrisiko ist hinzuweisen.

Weiters ist grundsätzlich über

alternative Behandlungsme-

thoden, Belastungen, Erfolgs-

aussichten, Ausstattung der

Krankenanstalt aufzuklären.

Aber es gibt Grenzen: Ein

objektiv unbedeutendes Risi-

ko ist möglich. Aufklärungs-

verzicht ist möglich (doku-

mentiert, nicht zwingend

Patientenunterschrift), Auf-

klärungsreduktion aus Grün-

den psychischer Schonung ist

extrem heikel (nur bei vitaler

Gefährdung).

Fünftens: Die sogenannte Si-

cherungsaufklärung

(Verhal-

ten nach dem Eingriff) soll

garantieren, dass der Pati-

ent rechtzeitig wiederkommt

(oder aus Sicht des Arztes

auch nicht unnötigerweise

wiederkommt).

Sechstens: Problem Dokumen-

tationswahn:

Ein echtes Pro-

blem, nicht nur für Ärzte.

Was nicht dokumentiert ist,

gilt im Zweifel als nicht ge-

schehen. Dies ist quer durch

alle Berufsgruppen, nicht nur

die ärztliche, eine meines

Erachtens sehr heikle Ent-

wicklung.

Siebtens: Arbeitsteilung und

Haftung.

Grundsätzlich gilt:

Man darf auf die anderen

vertrauen.

Achtens: Verschwiegenheit

und Durchbrechung sind re-

gelmäßig kein Problem.

Wenn

ich ein ungutes Gefühl habe,

kann ich insoweit wenig

falsch machen, als solche Si-

tuationen in der Rechtspre-

chung meist Berücksichti-

gung finden.

Neuntens: Behandlungsab-

bruch, Behandlungsverweige-

rung, Patientenverfügungen:

Diese Situationen ernst neh-

men, aber „im Zweifel für das

Leben“ wird zumeist nicht

verkehrt sein.

Fazit:

Aufklärung und Doku-

mentation sind heikel. Aber:

Je besser ich mich fachlich

fortbilde, desto besser bin ich

nicht nur beim Behandeln

(was Kunstfehler reduziert),

sondern auch beim Aufklären.

Univ.-Prof. Dr. Karl STÖGER,

MJur (Oxford), ist am Institut

für Öffentliches Recht und Po-

litikwissenschaft der Universi-

tät Graz tätig.

Als Co-Referent und um konkrete Fragen

aus dem Publikum aus Sicht der KAGes zu

beantworten, nahm Wolfgang Herzog aus

der Rechtsabteilung der Steiermärkischen

Krankenanstaltengesellschaft an der Ver-

anstaltung teil.

Er bestätigte, was auch Ärzte so erleben:

Auch wenn Strafverfahren nicht die Norm

sind, steigt deren Zahl und damit natürlich auch die Bela-

stung (Habe ich alles richtig gemacht …?). Ein wenig beru-

higend ist, dass die zivilrechtlichen Folgen in erster Linie

den Krankenhausrechträger und nicht den Arzt betreffen

– aber in erster Linie heißt eben nicht ausschließlich.

Er appellierte an die Ärztinnen und Ärzte, offen mit der

Rechtsabteilung der KAGes zu kommunizieren und mit

ihr zu kooperieren. Das ist ein wichtiger Ansatz. Aber

einer, der beide Seiten betrifft. Ein Dienstnehmer, der die

Gewissheit und das berechtigte Vertrauen hat, dass ihn

sein Dienstnehmer schützen will, wird auch kein Problem

damit haben, offen zu kommunizieren und zu kooperieren.

Die Veranstaltung in der Ärztekammer war ein guter

Schritt, um dieses Vertrauen zu stärken.

Kommunikation und Kooperation

Wolfgang

Herzog

Rechtsexperte Karl Stöger:

Haftung gibt es nur, wenn ein

Fehler passiert ist.