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Ærzte
Steiermark
|| 12|2016
Fotos: Schiffer
Angestellte Ärztinnen und Ärzte
lich sehr schwer, insbesondere
deshalb, weil die Gerichte bei
sogenannter alternativer Kau-
salität – das heißt, Unklar-
heit, ob der Schaden auf den
Behandlungsfehler oder den
natürlichen Verlauf zurück-
zuführen ist, eine 50/50-Tei-
lung annehmen. Das wird in
der Lehre sehr kritisiert, aber
es ist einfach so, dass der Pati-
ent wissensmäßig unterlegen
ist und den Nachweis, dass
ein ärztlicher Fehler passiert
ist, nicht erbringen kann. Und
auch hier redet meistens ein
Gutachter mit.
Viertens: Problem Aufklärung:
Durch einen (erfahrenen!)
Arzt, patientenbezogen – Ver-
ständlichkeit, zeitgerechte
Aufklärung, insbesondere bei
nicht dringenden oder über-
haupt nicht notwendigen Ein-
griffen.
Als Faustregel gilt: Ein
Patient darf nicht durch zu
späte Aufklärung in eine psy-
chische Zwangslage versetzt
werden. Schwierige Abgren-
zung des „typischen“ Risikos:
Völlig überraschende seltene
Risken sind bei entspre-
chender Schwere zu erwäh-
nen (Herz-Lungen-Maschine:
Hirnschaden); Rechtspre-
chung bei Infektionsrisiko
schwankend. Auf allgemein
bekanntes höheres Opera-
tionsrisiko ist hinzuweisen.
Weiters ist grundsätzlich über
alternative Behandlungsme-
thoden, Belastungen, Erfolgs-
aussichten, Ausstattung der
Krankenanstalt aufzuklären.
Aber es gibt Grenzen: Ein
objektiv unbedeutendes Risi-
ko ist möglich. Aufklärungs-
verzicht ist möglich (doku-
mentiert, nicht zwingend
Patientenunterschrift), Auf-
klärungsreduktion aus Grün-
den psychischer Schonung ist
extrem heikel (nur bei vitaler
Gefährdung).
Fünftens: Die sogenannte Si-
cherungsaufklärung
(Verhal-
ten nach dem Eingriff) soll
garantieren, dass der Pati-
ent rechtzeitig wiederkommt
(oder aus Sicht des Arztes
auch nicht unnötigerweise
wiederkommt).
Sechstens: Problem Dokumen-
tationswahn:
Ein echtes Pro-
blem, nicht nur für Ärzte.
Was nicht dokumentiert ist,
gilt im Zweifel als nicht ge-
schehen. Dies ist quer durch
alle Berufsgruppen, nicht nur
die ärztliche, eine meines
Erachtens sehr heikle Ent-
wicklung.
Siebtens: Arbeitsteilung und
Haftung.
Grundsätzlich gilt:
Man darf auf die anderen
vertrauen.
Achtens: Verschwiegenheit
und Durchbrechung sind re-
gelmäßig kein Problem.
Wenn
ich ein ungutes Gefühl habe,
kann ich insoweit wenig
falsch machen, als solche Si-
tuationen in der Rechtspre-
chung meist Berücksichti-
gung finden.
Neuntens: Behandlungsab-
bruch, Behandlungsverweige-
rung, Patientenverfügungen:
Diese Situationen ernst neh-
men, aber „im Zweifel für das
Leben“ wird zumeist nicht
verkehrt sein.
Fazit:
Aufklärung und Doku-
mentation sind heikel. Aber:
Je besser ich mich fachlich
fortbilde, desto besser bin ich
nicht nur beim Behandeln
(was Kunstfehler reduziert),
sondern auch beim Aufklären.
Univ.-Prof. Dr. Karl STÖGER,
MJur (Oxford), ist am Institut
für Öffentliches Recht und Po-
litikwissenschaft der Universi-
tät Graz tätig.
Als Co-Referent und um konkrete Fragen
aus dem Publikum aus Sicht der KAGes zu
beantworten, nahm Wolfgang Herzog aus
der Rechtsabteilung der Steiermärkischen
Krankenanstaltengesellschaft an der Ver-
anstaltung teil.
Er bestätigte, was auch Ärzte so erleben:
Auch wenn Strafverfahren nicht die Norm
sind, steigt deren Zahl und damit natürlich auch die Bela-
stung (Habe ich alles richtig gemacht …?). Ein wenig beru-
higend ist, dass die zivilrechtlichen Folgen in erster Linie
den Krankenhausrechträger und nicht den Arzt betreffen
– aber in erster Linie heißt eben nicht ausschließlich.
Er appellierte an die Ärztinnen und Ärzte, offen mit der
Rechtsabteilung der KAGes zu kommunizieren und mit
ihr zu kooperieren. Das ist ein wichtiger Ansatz. Aber
einer, der beide Seiten betrifft. Ein Dienstnehmer, der die
Gewissheit und das berechtigte Vertrauen hat, dass ihn
sein Dienstnehmer schützen will, wird auch kein Problem
damit haben, offen zu kommunizieren und zu kooperieren.
Die Veranstaltung in der Ärztekammer war ein guter
Schritt, um dieses Vertrauen zu stärken.
Kommunikation und Kooperation
Wolfgang
Herzog
Rechtsexperte Karl Stöger:
Haftung gibt es nur, wenn ein
Fehler passiert ist.