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Ærzte
Steiermark
|| 12|2016
gesundheitspolitik
Foto: Wolf, beigestellt, Comstock
Kinder- und Jugendpsychiatrie:
Weiter keine Kassenstellen
Seit 2012 drängen
die Fachgruppe Kinder- und Jugendpsychiatrie und die Ärztekam-
mer darauf, endlich Kassenstellen für das Fach zu schaffen. Zuletzt schaltete sich auch
die Volksanwaltschaft ein. Die GKK zog sich nun mithilfe des Gesundheitsfonds aus der
Affäre: Weiter keine Kassenstellen, dafür aber kinder- und jugendpsychiatrische Ambula-
toriumseinrichtungen.
Die Bemühungen laufen be-
reits seit 2012: Auch die Stei-
ermark soll eine kinder- und
jugendpsychiatrische Versor-
gung auf Kassenbasis bekom-
men, alle anderen Bundes-
länder haben Kassenstellen,
mit Ausnahme des kleinen
Burgenlands.
Im Jahr 2016 kritisierte auch
die Volksanwaltschaft diesen
Mangel, und zwar öffentlich.
Geholfen hat die Intervention
nicht, denn die GKK zog sich
vorerst mit einem Kunstgriff
aus der Affäre: Teilfinanziert
vom Gesundheitsfonds sollen
2017 zwei ambulatoriumsar-
tige Einrichtungen für Kin-
der- und Jugendpsychiatrie
mit teilzeitbeschäftigten Ärz-
tinnen und Ärzten instal-
liert werden. Damit bleibt die
Steiermark, was kinder- und
jugendpsychiatrische Kas-
senstellen betrifft, weiter ein
weißer Fleck auf der österrei-
chischen Landkarte.
Der Gesundheitsfonds lässt
sich das einiges kosten, es sol-
len auch andere Gesundheits-
berufe beschäftigt werden.
Die Fachgruppe reagierte
scharf mit einer Stellungnah-
me von Obfrau Doris Hönigl:
„Eine ambulante kinder- und
jugendpsychiatrische Versor-
gung ausschließlich durch psy-
chosoziale Ambulatorien wi-
derspricht der Meinung aller
auf diesem Gebiet arbeitenden
Experten: ÖSG, Fachgesell-
schaft für Kinder- und Ju-
gendpsychiatrie, Volksanwalt-
schaft etc. Erste Anlaufstelle
für Kinder mit Depressionen
und Angststörungen, aber
auch Jugendliche, die bereits
in Einrichtungen der Jugend-
wohlfahrt gut versorgt werden,
sind Fachärzte! Auf diese Stufe
zu verzichten heißt, das Haus
ohne Fundament zu bauen!
Auch ökonomisch erscheint
mir so ein Modell, das allein
auf Ambulatorien baut, pro-
blematisch: Das Fahren mit
einem hoch Sprit verbrauchen-
den Land Rover in der Stadt
kann nicht kostengünstiger
sein als ein Fahrrad! Die ge-
samte Fachgruppe für Kinder-
und Jugendpsychiatrie ist über
diese Entwicklung empört!“
Zuvor hatte schon Ärztekam-
merpräsident Herwig Lindner
reagiert. Er sprach von ei-
ner „Alibi-Aktion“ und einem
„Kniefall vor der Gebietskran-
kenkasse“, die sich so „offen-
bar billig aus ihrer Verant-
wortung für die Versorgung
herauswinden will“.
„Die niedergelassenen Ärz-
tinnen und Ärzte gibt es, sie
werden nur schlicht igno-
riert“, sagte Lindner weiter.
Auf diese Wahlärztinnen und
-ärzte zu verzichten, obwohl
sie bereit seien, Kassenverträ-
ge zu übernehmen, sei auch
deswegen völlig abwegig, weil
die Kinder- und Jugendpsy-
chiatrie als Mangelfach gilt
und die Situation in den Spi-
tälern deshalb jetzt schon
belastet ist.
Ärztekammerpräsident Lindner:
„Alibi-Aktion“, mit der sich die
GKK aus der Verantwortung
herauswinden will.
Fachgruppenobfrau Hönigl: Der
Ansatz widerspricht allen auf die-
sem Gebiet arbeitenden Experten
und ist ökonomisch problematisch.
31 Kassen-
stellen für
Kinder- und
Jugendpsychi-
atrie gibt es
in Österreich.
Aber die Stei-
ermark bleibt
weiter ohne
GKK-Stellen.
Die Fach-
gruppe ist
„empört“.