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Auch Österreichs Krankenhäuser haben mittler-
weile erkannt: Turnusärztinnen und Turnusärzte
zu finden, ist keine Selbstverständlichkeit. Arbeit-
geber müssen sich anstrengen, um attraktiv zu
sein. Employer Branding heißt die Parole.
In der Steiermärkischen Krankenanstaltengesell-
schaft hat sich auch das Bewusstsein durchgesetzt,
dass man die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter (die man bereits hat) ernst neh-
men muss. Das Projekt 50plus, das eine Entlastung
von (zu vielen) Nacht- und Wochenenddiensten
bringen soll, hat als Pilotversuch bereits begonnen.
Bezahlung (etwa das Verhältnis zwischen Grund-
gehalt und Bezahlung von Diensten) und Arbeits-
belastung (Arbeitszeit, Anzahl der Dienste …)
sind aber ein allgemeines Thema. Und auch wenn
die Tendenz zu mehr Familienfreundlichkeit und
Lebensqualität (work life balance) klar auf der
Hand liegt, sind die Bedürfnisse natürlich nicht
bei allen gleich. Sie hängen von mehren Faktoren
ab, nicht nur vom Alter.
Weil uns das sehr bewusst ist, startet die Kurie
in Kürze eine umfassende Umfrage unter den
landesbediensteten Kolleginnen und Kollegen zu
diesem Thema. Das Ziel ist, Rahmenbedingungen
für die Weiterentwicklung des Dienst- und Besol-
dungsrechts zu definieren, die – soweit möglich
– den gesellschaftlichen und den individuellen
Anforderungen gerecht werden.
Zu wenig Schutz der Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer ist die eine Seite. Zu viel Schutz kann
aber auch zur Bevormundung werden. Mit dem
Ziel, die richtige Balance zu finden, gehen wir in
die Gespräche mit dem Arbeitgeber KAGes, der
auch ein Interesse an der richtigen Mischung hat.
Denn sie macht seine Attraktivität als Arbeitge-
ber aus.
Vizepräsident Dr. Martin Wehrschütz
ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte.
intra
Weiterer Kurienbericht ab Seite 36.
Martin Wehrschütz
Mitarbeiter-Bedürfnisse
im Mittelpunkt
kont a
Der eingeschlagene Weg verdeckter Prekarisierung, kombi-
niert mit und ermöglicht durch umfassende Ökonomisierung,
Bürokratisierung, Technisierung und Standardisierung der
medizinischen Versorgung, ist nicht dazu geeignet, die Ko-
stendynamik in den Griff zu bekommen, im Gegenteil. Die
beschriebenen Maßnahmen sind nicht nur gesundheitspoli-
tisch nicht zielführend, sondern auch ökonomisch unsinnig.
Sie ignorieren jede fundierte Mängelanalyse des derzeitigen
Systems und verhindern eine konsequente Orientierung auf
„Gesundheitsproduktion“ statt Krankenbehandlung.
Um den Gesetzgeber daran zu hindern, seine Strategie fort-
zusetzen, ist ein striktes Festhalten an den (…) bewährten
Grundelementen des Gesundheitssystems erforderlich. Für die
Aufrechterhaltung dieser Standards müsste die Republik die
erforderlichen Finanzmittel vorerst uneingeschränkt bereit-
stellen. Das bedeutet, dass derzeit (!) der sich aus den bestehen-
den Leistungsstandards der Sozialversicherungsgesetze erge-
bende gesamte Sachleistungsbedarf durch die Republik „aus-
zufinanzieren“ wäre. Alle bestehenden „Deckelungen“ wären
daher aufzuheben und das Prinzip der einnahmenorientierten
Ausgabenpolitik dahingehend neu zu definieren, dass zur Rea-
lisierung der gesetzlich vorgesehenen Sachleistungsansprüche
die erforderlichen Mittel als „Einnahmen“ zur Verfügung zu
stellen sind (Primat der Leistungserbringung vor dem Primat
der Einhaltung begrenzter Budgets). Auf diese Weise wäre das
politische System dazu gezwungen, überfällige „Strukturre-
formen“ einzuleiten bzw. mit allenfalls gegebenen Rationie-
rungserfordernissen so umzugehen, wie es einer entwickelten
demokratischen Kultur entspricht, nämlich die Leistungsan-
sprüche transparent und für alle erkennbar abzusenken.
Die unanständige Methode, sich im „besten Gesundheitssy-
stem der Welt“ zu sonnen und das schmutzige Geschäft der
Rationierung nach unten zu verlagern, würde dann wohl durch
eine professionelle und sachliche Gesundheitspolitik ersetzt
werden müssen.
Univ.-Prof. Dr. Klaus Firlei ist Professor für Arbeits- und Sozial­
recht an der Universität Salzburg. Der Text ist ein Exzerpt aus
einem Beitrag für die Festschrift zum 60. Geburtstag des Kärnt-
ner Diözesanbischofs Alois Schwarz entnommen.
Klaus Firlei referiert am 8. April, ab 19 Uhr über „Gesundheits-
politik mit dem Rotstift“ in der Reihe „Offene Räume – Offene
Worte“ in Graz.
Klaus Firlei
Rationierung nicht
nach unten verlagern
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Ærzte
Steiermark
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