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Ærzte
Steiermark
|| 07/08|2013
Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
Foto: john foxx images
Das alte Leid
ÄrztInnen sind nach
den NotarInnen die
selbstständige Berufsgruppe mit dem höchsten
Durchschnittsalter. Besonders dramatisch ist die
Überalterung im ländlichen Raum.
Zwei Drittel der niedergelas-
senen Ärztinnen und Ärzte
in der Steiermark werden
innerhalb der nächsten 15
Jahre das Pensionsalter er-
reicht oder schon weit über-
schritten haben. Das jüngste
Berichtsheft der Landessta-
tistik Steiermark über die
Lage der FreiberuflerInnen
und Selbstständigen zeich-
net das Bild dramatisch:
„45,5 Prozent (1.042) aller stei-
rischen Ärztinnen und Ärzte
waren im Jahr 2012 zwischen
50 und 59 Jahre alt, weitere
25,4 Prozent (582) zwischen
40 und 49 Jahre. Mit 477
Personen (20,8 Prozent) stellt
die Gruppe der über 60-Jäh-
rigen nahezu exakt ein Fünftel
aller steirischen Ärztinnen
und Ärzte. Da nur 8,3% (191
Personen) in der Altersgrup-
pe der 30- bis 39-Jährigen
liegen, droht der steirischen
Ärzteschaft – wie bereits in den
Vorjahren deutlich bemerkbar
– eine zunehmende Überalte-
rung! Das durchschnittliche
Lebensalter betrug 2012 be-
reits 51,9 Jahre.“ Nur die No-
tare haben mit 52,4 Jahren ein
noch höheres Durchschnitts-
alter. Das ärztliche Durch-
schnittsalter ist seit 1996 um
5,5 Jahre gestiegen.“
Zynisch könnte man von
einer guten Nachricht für
junge Ärztinnen und Ärzte
bzw. Studierende der Medizin
sprechen. Sie werden selbst in
einem restriktiven Gesund-
heitssystem wenige Probleme
haben, in die Niederlassung
zu gehen. Zu offensichtlich
ist der vorhersehbare Ärz-
temangel. Ein nicht ganz so
junger Arzt sagt sarkastisch:
„Wahrscheinlich wird man
mich auch mit 70 noch nicht
in Pension gehen lassen.“
Das Altersproblem ist vor
allem auch ein ländliches Ver-
sorgungsproblem. In Graz-
Umgebung sind nur knapp 55
Prozent der niedergelassenen
Ärztinnen und Ärzte 50 Jahre
und älter. In Liezen sind es
fast 69 Prozent, mehr als 70
Prozent gehören im Bezirk
Murau zu dieser Altersgruppe,
im Bezirk Südoststeiermark
(Feldbach und Radkersburg)
sind es sogar rund 74 Prozent.
Für den Obmann der Nie-
dergelassenen Ärztinnen und
Ärzte, Vizepräsident Jörg
Garzarolli, sind diese Zahlen
nicht neu, die Ärztekammer
stellt diese Entwicklung seit
Jahren fest und weist auch
Mammascreening nein danke …
…heißt es offenbar bei der steirischen GKK. Das neue Modell
will die hiesige Kasse zum Spottpreis bekommen (10 bis 30
Euro unter den Tarifen der anderen Bundesländer). Und das
trotz strenger Vorgaben, wie obligatorische Zweitbefundung
und gesicherte digitale Archivierung. Die Fachgruppe Radio-
logie hat das Angebot als inakzeptabel abgelehnt. Womit die
Steiermark ab Herbst das einzige Bundesland sein dürfte, in
dem es kein Vorsorgescreening gibt.
immer wieder darauf hin.
„Frustrierend ist nur, wie we-
nig Aufmerksamkeit die Po-
litik dieser Frage schenkt“, so
Garzarolli.
Beispiel: Jahre hat es gedauert,
bis der GKK in der Steiermark
ein Nachfolgemodell abge-
rungen wurde, das die Über-
gabe von Praxen an jüngere
Kolleginnen und Kollegen
erleichtert. Noch deutlicher
zeigt sich das teils fehlende
Problembewusstsein in der
Lehrpraxisfrage: „Es liegt
doch auf der Hand, dass Ärz-
tinnen und Ärzte, die wäh-
rend ihrer Ausbildung gute
Erfahrungen in einer Lehr-
praxis gemacht haben, eher
geneigt sind, dann auch in
die Praxis zu gehen, ganz
abgesehen von der Ausbil-
dungsqualität.“ Zuletzt hat
Gesundheitsminister Stöger
der 12-monatigen garan-
tierten Lehrpraxis wieder
eine Absage erteilt (und sich
damit auch einige Kritik von
anderen Parteien, aber auch
dem Seniorenrat und dem
Gemeindebund eingehandelt).
Aber letztlich ist es wieder
die Ärztekammer, die mit der
Online-Petition für die garan-
tierte Lehrpraxis für dieses
Modell mobil macht, obwohl
es „weniger das Problem der
Ärzte als das der Regionalpo-
litik und der PatientInnen ist“,
sagt Garzarolli.
In Österreich noch völlige
Zukunftsmusik, aber in
Deutschland längst Realität
sind beträchtliche Prämien für
Ärztinnen und Ärzte, die bereit
sind, in dünn besiedelten Ge-
bieten eine Praxis zu eröffnen.