Ærzte
Steiermark
|| 06|2013
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Thema
Die Aktualität des Bedarfs an Sachwalterschaften
in Österreich ist nicht zuletzt aufgrund der dogma-
tischen Entwicklung, sowie zunehmender Demenz-
erkrankungen, weiterhin von Brisanz. Hinzu kommt,
dass die staatlichen Mitteln zur Unterstützung
verschiedenster Sachwaltervereine kontinuierlich
abnimmt und auch Rechtsanwälte und Notare nur in
begrenzter Anzahl Sachwalterschaften übernehmen
dürfen.
Zur Person des Sachwalters sei festgehalten, dass
diese eine vom Gericht als Vertreter für eine voll-
jährige psychisch kranke oder geistig behinderte
Person in bestimmten Angelegenheiten bestellt wird.
Voraussetzung für die Bestellung ist im Sinne des § 268
(1) ABGB, dass die betroffene Person volljährig ist und
an einer psychischen Krankheit oder geistigen Behin-
derung leidet, sodass sie einzelne oder allenfalls alle
Angelegenheit nicht ohne Gefahr eines Nachteils für
sich selbst besorgen kann. Der Begriff der psychischen
Krankheit oder geistigen Behinderung ist nicht
unbedingt mit dem medizinischen Krankheitsbegriff
gleichzustellen. Es ist daher jeweils im Einzelfall,
allenfalls durch Beiziehung eines medizinischen
Sachverständigen festzustellen, ob das Erfordernis ei-
ner Sachwalterbestellung gegeben ist. Voraussetzung
ist darüber hinaus, wie bereits zuvor festgehalten,
dass die betroffene Person nicht fähig ist, ihre eigenen
Interessen wahrzunehmen. Dies ist insofern von
Wesentlichkeit, zumal eine Person, welche einen
körperlichen Mangel, etwa eine Lähmung oder
Bettlägerigkeit aufweist, nicht des Sachwalters
bedarf. Zu den zu besorgenden Angelegenheiten eines
zu bestellenden Sachverwalters sei festgehalten, dass
dieser grundsätzlich zur Wahrung der Eigenständig-
keit immer nur für jene Angelegenheit zu bestellen
ist, welche die betroffene Person jedenfalls nicht ohne
der Gefahr einer Benachteiligung besorgen kann.
So wie grundsätzlich nahe Angehörige und sonstige
Personen kein Antragsrecht auf Bestellung eines
Sachwalters haben, sondern dies ausschließlich
beim zuständigen Bezirksgericht anregen können,
lässt sich auch aus § 268 (2) ABGB das sogenannte
Subsidiaritätsprinzip der Bestellung entnehmen. Nach
dem Subsidiaritätsprinzip sind zunächst alle anderen
Hilfsmöglichkeiten auszuschöpfen, wie etwa Hilfe
durch Familienmitglieder, Pflegeeinrichtungen und
dergleichen mehr, bevor ein Sachwalter, welcher
nicht ein naher Angehöriger des Betroffenen ist,
bestellt wird.
Bedauerlicherweise lässt sich aus der praktischen
Tätigkeit erkennen, dass weiterhin die nächsten
AngehörigeneinesBetroffenenoftmalsausUnkenntnis
des Bestellungsverfahrens sowie der sie allenfalls
treffenden Pflichten nicht als Sachwalter naher
Angehöriger tätig werden wollen. Eine solche
Notwendigkeit der Sachwalterschaftsausübung durch
nächste Angehörige wird sich jedoch aus der Eingangs
festgehaltenensteigerndenLebenserwartungsowieder
zunehmenden vielschichtigen Demenzerkrankungen
ergeben und wird es weiterer Aufklärungsarbeit dies-
bezüglich bedürfen.
Ihr Rechtsanwalt.
Für jeden Fall.
Grundzüge des
Sachwalterrechtes
RA Mag. Martin Sauseng
Angesichts dieser Herausforderungen
hält es die ZEKO für dringend erforder-
lich, auch in Deutschland eine breite öf-
fentliche Diskussion über eine explizite
Prioritätensetzung in der solidarisch
finanzierten Gesundheitsversorgung zu
beginnen und dauerhaft zu implemen-
tieren. Ohne dem notwendigen gesell-
schaftspolitischen Diskussionsprozess
vorgreifen zu wollen, unterbreitet die
ZEKO im Folgenden Empfehlungen,
an welchen normativen – ethischen
wie rechtlichen – Maßstäben sich eine
Prioritätensetzung orientieren sollte
und welche Maßnahmen geeignet sein
könnten, den Prozess einer Prioritä-
tensetzung dauerhaft im deutschen
Gesundheitswesen zu etablieren.“
Die Kommission definierte dafür klare
Rahmenbedingungen: Transparenz
(klar erkennbare Kriterien und öffent-
liche Verfahren), (nachvollziehbare)
Begründung aller Entscheidungen,
>>
„Das ist der falsche Weg“
Der steirische Ärztekammerpräsident Herwig Lindner warnt vor den
Folgen der Priorisierung.
AERZTE Steiermark:
Sie sehen die
Priorisierungsdebatte mit großer Be-
sorgnis und kommen gerade vom
deutschen Ärztetag. Wie ist die Dis-
kussionslage dort?
Lindner:
Uneinig. Die Scheitellinie
der Meinungen zieht sich mitten
durch die Ärzteschaft. Wir Ärzte
sollten uns hüten, die Ausarbeitung
einer Rangordnung der bezahlten
medizinischen Leistungen zu unserer
Angelegenheit zu machen. Wenn wir
das tun, machen wir uns zu Mittätern
und verlieren viel vomVertrauen, das
uns unsere Patienten entgegenbringen.
Seit Jahren will die Spitze der deut-
schen Ärztekammer das Thema Prio-
risierung auf die Agenda bringen, um
die Politik dazu zu zwingen, in der
Frage der heimlichen Rationierung
Farbe zu bekennen. Das funktioniert
offenbar nicht?
Lindner:
Ich bin überzeugt, dass das
der falsche Weg ist. Weil man dann
der Politik das Tor öffnet, aus der
Verantwortung dafür zu entkommen,
der Bevölkerung sagen zu müssen,
dass aus welchen Motiven heraus
auch immer Mittel verknappt – also
rationiert - werden.
Die Priorisierungsbefürworter in der
Ärzteschaft, aber auch die Gesund-
heitsökonomen, geben angesichts der
recht vollen Kassen im deutschen
Gesundheitswesen zu, dass man den
Menschen derzeit eine Priorisierung
nicht verkaufen könne.
Was würde Ihrer An-
sicht Priorisierung
für die praktische
Arbeit von Ärzten
bedeuten?
Lindner:
Die Ärzte
müssten ihren Pa-
tienten erk lären,
warum sie welche
Leistungen im soli-
darischen Kassen-
system nicht mehr bekommen oder
ab jetzt selbst bezahlen müssen, und
diejenigen, die die Leistungen einge-
schränkt haben – ein Effekt, der auch
in Österreich nach Vollwirksamwer-
den der Gesundheitsreform eintreten
wird – fein raus sind. Dafür bin ich
nicht zu haben. Die Verantwortlichen
müssen selbst vor den Vorhang treten.
Glauben Sie, dass wir in Österreich
auch eine solche Diskussion bekom-
men werden?
Lindner:
Ganz sicher. Priorisie-
rung ist ein weiterer Schritt zur
Privatisierung von Leistungen im
Gesundheitswesen und dieser Trend
läuft europaweit. Ein österreichischer
Gesundheitsökonom sagte unlängst
zu mir: „Da bekommen wir endlich
ein neues Geschäftsfeld.“ Und ich
sage: „Dann wird wieder Geld vom
patientennahen in den patienten-
fernen Bereich umgelenkt.“ Einer
solchen Entwicklung müssen wir
uns als Anwälte unserer Patienten
entgegenstemmen.
Ärztekammer-
präsident:
Herwig Lindner
Foto: Schiffer