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Ærzte
Steiermark
|| 05|2013
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geSundheitSpolitiK
Reform mit dem Rotstift
im Rahmen der
Reihe „Offene Räume – offene Worte“ erklärte der Arbeits-
und Sozialrechtsexperte Klaus Firlei (Universität Salzburg) die Auswirkungen
des Gesundheitsreformgesetzes, aber auch schon früherer Maßnahmen auf
die Versorgung in Österreich. Wir bringen das Referat in gekürzter Form.
KLAUS FIRLEI
Bei der Gesundheitsreform
handelt es sich um eines der
spannendsten politischen
Themen der letzten Jahre. Wir
erleben ein eklatantes Politik-
versagen. In der Öffentlichkeit
gelingt es derzeit ganz gut, die
Reform als eine Umsetzung
des Masterplans Gesundheit
der Sozialversicherungsträ-
ger plus des Programms Ge-
sundheitsziele Österreich zu
verkaufen. Das sind zwei sehr
gute Papiere, wo viel Rich-
tiges drinsteht. Nur haben
diese Forderungskataloge mit
dieser Gesundheitsreform
überhaupt nichts zu tun.
Klären wir ganz kurz, warum
es in Österreich Reformbedarf
gibt: Wir haben die dritthöch-
sten Gesundheitsausgaben
weltweit. Bei den gesunden
Lebensjahren liegen wir im
unteren Mittelfeld. Das heißt,
es gibt eine Diskrepanz zwi-
schen den Ergebnissen dieses
Systems und dem Aufwand.
Die Steuerung des österrei-
chischen Gesundheitssystems
ist nicht übermäßig gut. Zum
einen gibt es bis jetzt eine
getrennte Steuerung des Be-
reichs Krankenanstalten und
des niedergelassenen Bereichs,
und auch bei der Finanzie-
rung sind die beiden Bereiche
strikt getrennt. Der zweite
Fehler ist, dass die Einnah-
men der Sozialversicherung
von den Beitragseinnahmen
abhängen. Bei einem dyna-
mischen Bedarf tut sich bei
sich schwach entwickelnden
Einnahmen eine Schere zwi-
schen den Einnahmen und
den gesetzlich vorgesehenen
Ausgaben der Sozialversiche-
rung auf. Es gibt aber auch
keine Abgangsdeckung des
Bundes, anders als bei der
Pensionsversicherung. Letzt-
lich gibt es darüber eine De-
batte, die sagt, dass der Staat
es trotzdem abdecken muss.
Aber die Sozialversicherung
argumentiert anders: „Wenn
wir nicht mehr Geld haben,
müssen wir sparen.“
Diese Strategie nennt man
„Einnahmen-orientierte-Aus-
gaben-Politik“. Das heißt, wir
geben nicht mehr aus, als wir
einnehmen. Wir binden die
Ausgaben für die Gesundheit
an das Bruttosozialprodukt,
dessen Wachstum sich im
Wesentlichen in den Einnah-
men der Sozialversicherung
und in den Steuereinnah-
men des Bundes und der
Länder niederschlägt. Das
klingt plausibel, nur genau
bis zu dieser Reform war das
nicht Gegenstand des öster-
reichischen Rechts.
Gesundheitssystem
bisher
Die Gesundheitsreform zer-
stört eigentlich das gesamte
Gesundheitssystem in Öster-
reich, wie es bisher existiert.
Das ist eine kühne These, aber
ich kann sie belegen, denn
was sind die Grundmerkmale
des bisherigen Systems?